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23. Februar 2016
Streit um Honorarvermittlung entfacht

Streit um Honorarvermittlung entfacht

Der Gesetzgeber hat eine klare Abgrenzung zwischen Provisionsberatung und Honorarberatung vorgesehen. Das klare Profil verschiebt sich aber in der Praxis immer öfter. Das ruft Kritiker auf den Plan. Etwa den VDH-Geschäftsführer Dieter Rauch, der unter anderem die regulatorisch nicht vorgesehene Honorarvermittlung auf das Schärfste kritisiert: Sie gereiche zum Nachteil des Kunden und gefährde die Definition des Honorarberaters.

Die VDH GmbH bietet seit etwa 15 Jahren Dienstleistungen und Produkte für die Honorarberatung an und gilt als Pionier der Honorarberatung. Nun warnt das Unternehmen vor einer Verwässerung der Begriffe von Provisionsberatung, Honorarvermittlung und Honorarberatung. Mit der Honorarvermittlung verbreite sich ein Geschäftsmodell, das mit Honorarberatung nichts zu tun habe, kritisiert VDH-Chef Dieter Rauch. Praktiziert werde dies vorzugsweise von Vermittlern, die „ihre Policen gegen gutes Honorar und üppigen zusätzlichen Vergütungsvereinbarungen verticken“, so Rauch. In der Regel werben selbst ernannte Honorarvermittler damit, provisionsfreie Tarife anzubieten.

Für den VDH sind diese Unternehmen allenfalls Pseudo-Honorarberater. Sie würden günstige Honorartarife anpreisen und im nächsten Schritt teure Factoring- und/oder Kostenvereinbarungen mit ihren Kunden abschließen. Auch für Gutachten würden hohe Gebühren verlangt. Über diese Wege würden die Honorarvermittler hohe Vergütungen für den Produktvertrieb erzielen. „Dies sind in der Spitze 8% der Beitragssumme, somit im Schnitt doppelt so viel wie beim Policenverkauf ausschließlich auf Provisionsbasis“, rechnet Rauch vor. Zudem würde der Vermittler seine Vergütung ohne Stornoreserve und ohne Stornorisiko einstreichen. Rauch nennt ein konkretes Beispiel. Demnach habe sich eine Anlegerin beim VDH vergewissern wollen, ob eine Gebühr von 4.000 Euro für die Vermittlung eines ETF-Versicherungstarifs gerechtfertigt sei. Und das sei kein Einzelfall, so Rauch.

Vertrauen in Honorarberatung in Gefahr

Der VDH-Chef fürchtet um den Ruf der Honorarberatung und fordert die Politik auf, eine Bezeichnungspflicht für Finanzvermittler und Finanzberater einzuführen. Ausschließlich Zeit und Know-how dürften bei der Honorarberatung vergütet werden und nicht die erfolgsabhängige Vermittlung von Versicherungen und Finanzprodukten. Darüber hinaus fordert der VDH ein Verbot von Provisionssurrogaten mittels Factoring und Kostenausgleichsvereinbarungen. Zusätzlich solle dafür gesorgt werden, dass ausschließlich Honorar-Finanzanlageberater (§34h) bzw. Honorar-Anlageberater (KwG) Honorare annehmen dürfen. „Wir brauchen kein Provisionsverbot, sondern ein Honorarannahmeverbot für Vermittler von Finanzprodukten“, fordert Rauch. Nur eine strikte Trennung von Vermittlung und Beratung schütze den Verbraucher und stärke das Berufsbild des Honorarberaters.

Mit seiner Forderung findet der VDH Unterstützung bei Verbraucherschützern, auch sie üben Kritik an der Honorarvermittlung, die dem Kundenbedarf nicht gerecht werde. Honorarvermittler dagegen weisen die Kritik zurück. Auf Fundsresearch etwa wehren sich Honorarvermittler gegen den Vorwurf des Etikettenschwindels. Dort heißt es unter anderem, dass eine Honorarberatung nicht per se besser wäre als eine Beratung durch einen ebenso unabhängigen Honorarvermittler. Und letztlich würde der Kunde profitieren – etwa durch mehr Rendite beim Abschluss eines Nettotarifs oder durch geringere Prämien beim Tarifwechsel in der PKV. (bh)

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Hans Meier am 23. Februar 2016 - 09:08

Wie sieht es denn mit der Vertragsfreiheit in D aus? Ein jeder hat das Recht, Verträge abzuschliessen, gleich welcher Art, solange er die Gestze einhält. Das scheint im angesprochenen Sachverhalt augenscheinlich der Fall zu sein.

Dass die Höhe des Honorars auf den ersten Blick unangemessen hoch scheint, ist unstrittig.

Was ist mit der Vergütung eines Autohändlers? Auch dort werden hohe Provisionen gezahlt, unnötige Versicherungen verkauft und Kunden bewußt getäuscht (100,00€ Rate für ein Neufahrzeug, ohne die Ballonrate anzusprechen).

Was ist mit der Abschlüßprovision eines Werbeverkäufers, oder gar der eines Immobilienmaklers? Letztere ist sogar per Gesetz festgeschrieben(!), § 652 BGB.

Lieber Herr Rauch, Ihre Sichtweise ist eine mögliche, aber auch nur eine von vielen anderen.

Ein kritischer Leser

Gespeichert von Ruth Drossel am 23. Februar 2016 - 10:03

Lieber Herr Rauch, laufende Courtage eines Maklers im Versicherungsbereich ist nicht die Vergütung für eine Erstberatung, sondern für die Folgebetreuung des Kunden in Zusammenhang mit dem Produkt.Sollte letzteres in Lebensbereich nötig sein, ist mit Sicherheit die Vergütung von max 2% der Jahresprämie eine Lachplatte, die diese Bezeichnung nicht verdient.
Vermittlung und Beratung ist nun mal nicht das Gleiche und Vermittlung alleine beinhaltet eine Analyse von Produktangeboten,die als Entscheidungsgrundlage seitens des Kunden dient.
Beratung ist die Voraussetzung dafür, um welche Art von Produkten der Berater in Funktion als Vermittler sich kümmern muß, um die Kunden Bedürfnisse zu befriedigen.

Das Ausspielen dieser beiden Berufsbilder ist absolut irreführend, zumal Beratung für den Kunden Mehrwert Steuer pflichtig ist und natürlich auch ohne jede Vermittlung oft genug erfolgt, weil die Produkte schon vorliegen beim Kunden.
Warum soll ein Vermittler den Unsinn begehen umzudecken,nur weil er für seine Analyse keine Vergütung nehmen darf?
Diese Diskussion ist nicht nur müßig, sondern wirft auch die Frage auf, ob nicht sogar dem reinen Honorar -Berater eine detaillierte Produktkenntnis(Anbieter bezogen)bewußt fehlt, damit er nur generell, aber nicht über die Laufzeit hinweg, Haftung übernehmen muß.
Mir scheint letzteres der eigentliche Grund zu sein. Eine ständige "wir sind die Guten"-Diskussion läßt die Frage zu: Was soll hier eigentlich vertuscht werden?

Kollegiale Grüße von jemandem, der Jahrzehnte Berufserfahrung und einen ebenso alten wie durch Empfehlungen sich verjüngenden Kunden Stamm besitzt -besonders im Investmentfonds Bereich.

Gespeichert von Gero Sifferath am 23. Februar 2016 - 10:45

Sehr geehrter Herr Rauch,

ich kenne die von Ihnen angesprochenen Fälle nicht. Dass Vergütungsmodelle - und das gilt für alle Varianten und alle Branchen! - missbraucht werden, ist nichts Neues und ich stimme mit Ihnen überein, daß wir überlegen müssen, was man dagegen tun kann. Nichts Neues ist der Versuch dies mit regulatorischen Mitteln zu verhindern. Aber ist das wirklich eine gute Idee?

Wir leben in einem Land in dem regelmäßig versucht wird, mehr Gerechtigkeit durch noch mehr Bürokratie zu erreichen. Das führt dann zu so skurrilen Situationen wie dem aktuellen cum-ex-Skandal. Anleger streichen Steuergutschriften für Steuern ein, die sie nie gezahlt haben, und nicht nur sie, sondern viele Rechtsexperten, sind der Überzeugung, das dies vollkommen legal ist. Hat doch der Gesetzgeber nicht nur eine Regulierungslücke gelassen, sondern diese auch vorsätz-lich über etliche Jahre nicht geschlossen. Die Denkweise der Weiße-Weste-Kriminellen ist dabei durchaus konsistent: Ein Staat, der mehr Wert auf die Form, als den Inhalt legt, darf logischerweise auch mit zwar inhaltlich falschen, aber formal korrekten Gutschriften übervorteilt werden …

Es gibt noch etliche weitere Beispiele dafür, daß mehr Bürokratie nicht zu mehr Gerechtigkeit führt. Im Gegenteil, ich bin der festen Überzeugung, daß unsere überbordende Bürokratie unter dem Strich mehr Ungerechtigkeit erzeugt, als sie verhindert. Aber selbst, wenn Sie dem nicht zustimmen, so sorgt Bürokratie doch unbestreitbar bei allen Beteiligten für viele Probleme. In Abwandlung einer alten Managementweisheit sollte es daher heißen: Weniger Bürokratie schafft nicht zwangsläufig mehr Gerechtigkeit, aber spart auf jeden Fall schon mal eine Menge Zeit!

Um nicht falsch verstanden zu werden. Natürlich ist es die Pflicht des Rechtsstaates dafür zu sorgen, daß Freiheit nicht vom Stärkeren ausgenutzt wird, um den Schwächeren zu übervorteilen. Aber da sollten wir uns die Inhalte ansehen – nicht die Form! Im konkreten Fall bedeutet das: Die Kombination von Honorarberatung, erfolgsabhängiger Anbietervergütung (Verkäufer-Courtage / -Provision) und erfolgsabhängiger Vergütung durch den Kunden (Käufer-Courtage) ist grundsätzlich nichts Schlechtes. Schließlich lässt sich die im Einzelfall "beste" Lösung mal auf dem einen, mal auf dem anderen Weg realisieren. Die strikte Trennung führt nur dazu, daß der Berater oder Vermittler dem Kunden möglicherweise eine suboptimale Lösung anbieten muss, weil er die bessere nicht anbieten darf! Und das soll dann im Sinne des Verbraucherschutzes sein? Bestimmt nicht, daher sollte der Missbrauch von Freiheiten konsequent verfolgt werden, statt durch die Einschränkungen von Freiheit nur neue Probleme zu schaffen, ja möglicherweise dem "legalen Betrug" die Tore zu öffnen!

Ja, jede Freiheit birgt das Risiko von Missbrauch in sich – aber deswegen die Freiheit abzuschaffen ist der falsche Weg! Wenn ich mir die Welt anschaue, dann zeigt sich immer wieder: Die Systeme mit der wenigsten Freiheit sind nicht die gerechtesten – ganz im Gegenteil.

Denken Sie mal drüber nach, verehrter Herr Kollege. In diesem Sinne verbleibe ich,
mit freundlichen Grüßen
Gero C. Sifferath

Gespeichert von Kai Bossling (… am 24. Februar 2016 - 13:43

Lieber Herr Rauch.

Ich denke wir sind mittlerweile in einem Stadium der Überregulierung.

Absolut ausreichend wäre eine Kontrolle der Marktteilnehmer auf Fachwissen und Seriösität.

Den Rest, wie "Courtage, Provisionen oder Honorare" regelt irgenwann, und hoffentlich bald, der Markt!

Ich lass meinen Kunden die Wahl:
Sofern verfügbar biete ich parallell Netto und Brutto-Police an. Der Kunde entscheidet!

Und wenn wir Dienstleistungen ausserhalb von reiner Beratung zur Produktvermittlung erbringen,
dann arbeiten wir nicht für "umme" - Wir stellen natürlich eine Rechnung - Wie bspw.jeder Steuerberater auch!
Und das wollen Sie per Verbot verbieten lassen? Glücklicherweise gilt hier noch die Freiheit des Einzelnen.

Ein Problem aus der Vergangenheit ist, das der Markt nur den Verkäufer ernährte - Berater und Dienstleister wurden nicht akzeptiert. Weder vom Kunden, noch von den Produktgebern. Heute ist der Kunde zunehmend bereit getrennt für Beratung und Verkauf (Vermittlung) zu zahlen. Vorraussetzung ist Transparenz! Denn Transparenz ermöglicht Vergleich und Entscheidung!

Bei Ihrem Ansatz von Lobbyarbeit könnte manch einer den Verdacht hegen, da verteidigt jemand seine Pfründe.
Aber das haben Sie und der VDH doch gar nicht nötig!

MFG Kai Bossling

Gespeichert von Ludwig Barthel am 24. Februar 2016 - 16:47

heißt das Spiel, das wir spielen.... Einige können sich einfach nicht daran gewöhnen, dass es Angebot und Nachfrage gibt und dass jeder Marktteilnehmer im Rahmen der notwendigen Regularien - zumindest theoretisch - frei agieren kann. Dass es - frei nach Orwell - auch ein paar gibt, die gleicher als andere sein wollen, muss man ertragen, die elende Interessenvertreterei ist nicht auszurotten. Und wenn man bereit ist, das Mehrfache der Jahreseinsparung beim Wechsel der PKV als Erfolgshonorar an ein "spezialisiertes Beratungsunternehmen" zu zahlen, ..... nur zu! Dann darf man aber nicht erwarten, dass der Makler das "für lau" macht (und dafür dann auch noch haftet!). Nach der absurden Vorstellungswelt vieler "Verbraucherschützer" sind Kosten für Dienstleistungen ja generell Teufelswerk. Ich schlage vor, alle "Vertriebler" zu verbeamten, dann hätte man weniger Auslegungsprobleme bei der Beurteilung einer "Vorteilsannahme".

L. Barthel