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14. März 2016
Kreditinstitute beklagen massive Kosten durch Anlegerschutzvorschriften

Kreditinstitute beklagen massive Kosten durch Anlegerschutzvorschriften

Die Kosten für die Umsetzung von nationalen Anlegerschutzvorschriften gehen in die Millionen. Allein bei den genossenschaftlichen Instituten werden jährlich 100 Mio. Euro aufgewendet. Die nationalen Alleingänge sind nach Ansicht der Kreditinstitute angesichts nicht nur unnötig, sie sorgen auch dafür, dass eine Vielzahl von Kleinanlegern der Zugang zu Finanzinstrumenten verwehrt wird.

Die deutschen Banken und Sparkassen haben den Gesetzgeber aufgefordert, nationale Sondervorschriften zum Anlegerschutz im Rahmen der Umsetzung europäischer Anlegerschutzvorschriften abzuschaffen. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am 14.03.2016 zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Bt-Drs. 18/7482 – abrufbar unter www.bundestag.de) erklärten die Kreditinstitute, mit den umzusetzenden EU-Vorschriften entstehe ein umfassender Rechtsrahmen zur Regulierung der Finanzmärkte. Die im Vorgriff auf diese EU-Regeln bereits erlassenen deutschen Vorschriften würden daher die deutschen Kreditinstitute massiv belasten. Allein die genossenschaftlichen Institute hätten jedes Jahr 100 Millionen Euro für die Umsetzung anlegerschützender Vorschriften aufzuwenden. Hinzu kämen die Kosten für die Umsetzung der neuen Vorgaben.

Kreditinstitute fordern nationale Sonderregelungen zu streichen

„Der deutsche Gesetzgeber sollte das Gesetzgebungsverfahren daher nutzen, dem entgegenzuwirken und nationale Sonderregelungen zu streichen“ verlangten die Bankenverbände. Beispielhaft wurde von der Kreditwirtschaft die Wertung des europäischen Gesetzgebers, dass bei einfachen Produkten wie Aktien und einfachen Schuldverschreibungen kein gesondertes Schutzbedürfnis für Anleger bestehe, angeführt. Die nationale Regelung mit der Pflicht zur kostenintensiven Erstellung von Produktinformationsblättern habe bereits dazu geführt, dass laut einer Umfrage 87% der befragten Kreditinstitute ihre Aktienberatung deutlich reduziert oder sogar eingestellt hätten. „Im Ergebnis wird so einer Vielzahl von Kleinanlegern der Zugang zu Finanzinstrumenten, die der Finanzierung der Realwirtschaft dienen, erschwert oder gar verwehrt.“ Dies bestätigten das Deutsche Aktieninstitut und die Deutsche Börse AG. Die Börse berichtete in ihrer Stellungnahme von deutlich gestiegenem Aufwand und Kosten für die Bereitstellung eines Basisinformationsblatts. Der Rückgang der Beratung in Aktien schränke das Anlagespektrum für Kleinanleger ein und erschwere Unternehmen die Kapitalaufnahme über eine Börse.

Verschiedene Produktinformationsblätter stiften mehr Verwirrung als Nutzen

Auch der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft warnte in seiner Stellungnahme vor einer doppelten Verpflichtung für die Erstellung von Informationsblättern. Durch verschiedene Produktinformationsblätter könnten die Kunden verwirrt werden. Außerdem verlangte der Verband eine gesetzliche Klarstellung, welche Produkte als Altersvorsorgeprodukte anzusehen seien.

Der Fondsverband BVI begrüßte dagegen die Neuregelungen. Die Regelungen der Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und für Versicherungsprodukte sowie die Umsetzung des neu geregelten Marktmissbrauchsrechts seien von großer Bedeutung und würden die Vergleichbarkeit von verpackten Anlageprodukten erhöhen.

Beginn einer Harmonisierung der Produktinformationen

Professor Andreas Oehler von der Universität Bamberg erklärte, die vorgesehene Regelung gehe grundsätzlich in die richtige Richtung. Sie ermögliche den Beginn einer Harmonisierung der Produktinformationen zu Anlageformen, die viele Verbraucher nutzen würden. Im Gegensatz zu den Banken forderte Oehler jedoch unbedingt die Einbeziehung von Aktien, einfachen Anleihen, Altersvorsorgeprodukten (Riester-Rente, Rürup-Produkte), Einlagen und Sachversicherungen in die Bestimmungen für die Produktinformationen.

Hintergrund

Mit dem Gesetzentwurf sollen europäische Neuregelungen auf zahlreichen Gebieten des Kapitalmarktrechts zur Verbesserung der Transparenz und Integrität der Märkte und des Anlegerschutzes umgesetzt werden. Dazu gehören unter anderem die Anpassung von Regulierungsvorschriften und die Verbesserung der Überwachung von Marktmissbrauch, die Stärkung von Befugnissen und Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden sowie verschärfte Sanktionsmöglichkeiten bei Insiderhandel und Marktmanipulation. (kb)

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Wolfgang Schreiber am 16. März 2016 - 12:48

Unser Unternehmen berät die Mittelschicht. Festgestellt werden kann, dass die meisten unserer Kunden diese Papierflut gar nicht sehen wollen. Verstehen schon so gut wie gar nicht. Dazu brauchen sie eine Ausbildung. Deshalb sicher eine gute Sache sind die § 34.... Aber von einem Kunden zu erwarten, dass er jetzt auch Finanzberater wird, ist zu viel verlangt. Übrigens: Eine Geeignetheitsprüfung führt auch nicht weit: Niemand wählt ein Produkt das er nicht kennt. Alles spricht für qualifizierte Berater. Am meisten hilft darüber hinaus, dass der Kunde weiß wer ihn berät: Eine Gesellschaft, ein Einfirmenhandelsvertreter, ein Mehrfachagent, ein Makler oder ein unabhängiger Berater. Über die Qualität der Beratung sagt das aber auch nichts. Ob die Vergütung eine Provision oder ein Honorar ist spielt keine Rolle. Die Erfahrung bei Baufinanzierungen zeigt bei uns, dass das Honorar fast immer dazu führt, dass der Kunde eine Lösung seiner Hausbank oder eine "kostenlose Beratung" wählt. Bei diesen Summen wäre ein Honorar die bessere Lösung.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Schreiber