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29. März 2016
Provisionsverbot in Großbritannien kennt Gewinner und Verlierer

Provisionsverbot in Großbritannien kennt Gewinner und Verlierer

Für die Vermittlung von Vorsorgeprodukten gibt es in Großbritannien seit 2013 keine Provisionen mehr. Die Beratung darf nur gegen Honorar erfolgen. Eine Überprüfung der dafür verantwortlichen Finanzreform zeigt nun, dass seitdem eine große Anzahl an Menschen, nämlich solche ohne Vermögen, keine Beratung mehr bekommt. In der Praxis gibt es aber auch Profiteure: Wohlhabende Kunden und die Berater, die sich auf das neue Geschäftsmodell Honorarberatung eingestellt haben.

Millionen von Verbraucher sollten einen besseren Zugang zu einer erschwinglichen Finanzberatung haben, lautet das Resümee des Financial Advice Market Review (FAMR), mit dem Mitte März das im Jahr 2013 in Großbritannien eingeführte Provisionsverbot für Kapitalanlagen und Vorsorgeprodukte überprüft wurde. Der Report spricht von einer Beratungslücke und einem dringenden Handlungsbedarf. Im vergangenen Jahr kam die britische Aufsicht noch zu einem anderen Urteil. Und noch Anfang März sprachen auf dem Honorarberater Kongress in Hanau Vertreter deutscher Verbraucherschutzorganisationen von einem Erfolg der Provisionsverbote in Großbritannien und in den Niederlanden.

Altersvorsorgeberatung erst ab einer Mindestsumme

Eingetreten ist also, wovor unter anderem deutsche Vermittlerverbände gewarnt haben: Menschen ohne Vermögen können sich eine Beratung nicht mehr leisten. Das gilt auch für junge Menschen, denen man zwar eine frühzeitige Altersvorsorge nahelegt, die eine Beratung hierfür aber nicht bezahlen können. Nach Schätzungen könnten insgesamt rund 35 Millionen Briten davon betroffen sein. Hintergrund ist, dass heute viele Finanzberater erst ab einer Vermögenssumme von 40.000 oder 50.000 Euro für die Altersvorsorge beraten. Und während die Anzahl der Berater insgesamt gesunken ist, steigt die Anzahl der Berater, die erst bei einem Portfolio von 120.000 Euro aktiv werden, deutlich.

Nachhaltiges Geschäftsmodell für Finanzberater

Während sich die Beratungssituation für einen hohen Anteil der Bevölkerung verschlechtert hat, hat sich dagegen die Beratung von wohlhabenden Kunden verbessert. Vermögende erhalten heute eine bessere Beratung und vor allem deutlich mehr Betreuung. So berichtete Christian Nuschele, Leiter Maklervertrieb bei Standard Life, ebenfalls auf dem Honorarberater Kongress, dass sich der Kunde dank eines Servicevertrags und einer Gebührenaufstellung samt Dienstleitungsauflistung auf eine intensive Begleitung durch den Financial Advisor verlassen kann. Davon würden auch die Berater profitieren. Standard Life hat in Großbritannien Berater bei der Umstellung auf das neue Geschäftsmodell mit Honorarberatung begleitet. Einzelne Berater kämen heute sogar bereits mit 15 bis 20 Kunden aus, so Nuschele. Und weiter: Auf Basis des Mindestportfolios und des Servicevertrags eröffne sich dem Berater ein nachhaltiges Geschäftsmodell. Eine Umstellung von heute auf morgen sei dies allerdings nicht. Das zeigen auch Praxisbeispiele aus Deutschland sehr deutlich. Ohne Mischmodelle in der Vergütung – etwa Provisionsberatung plus Servicegebühren – und einen finanziellen Rückhalt durch Bestandseinnahmen schaffen nur wenige Vermittlerbüros den Umstieg auf die Honorarberatung.

Rückkehr zum alten System?

Trotz der neuen Erkenntnisse aus dem Review ist nicht davon auszugehen, dass es in Großbritannien zu einer Kehrtwende kommt. Denkbar wäre jedoch, dass für bestimmte Vorsorgeformen eine Provisionsberatung wieder möglich wird. Um die Beratung so kostengünstig wie möglich zu halten und um die Beratung breiten Schichten wieder zugänglich zu machen, empfehlen die jetzigen Überprüfer des Provisionsverbots der Regierung, auch auf die Technik zu setzen. Eine Lösung für die entstandene Beratungslücke könnten demnach automatisierte Beratungsprozesse, der sogenannte Robo-Advice, sein. (bh)

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Frank L. Braun am 29. März 2016 - 09:52

Auch wenn es bei uns nicht zum Provisionsverbot für „unabhängige“ kommen sollte, MiFID II bzw. IDD erfordern die Absicherung des Beratungszeitaufwandes mit einer Honorar-Option. Wer diese Mischform nicht ab sofort aufgreift und es bis 2018 perfektioniert hat, wird wegen Zunahme von Umsonst-Beratungen den Spaß am Beruf verlieren. Ohne den Zeitaufwand von 3-4 Beratungen vor dem Abschluss wird es keine „Beweislastumkehr“ vor Gericht geben. Näheres s. eBooks bei mwsbraun.de.

Gespeichert von Jan Lanc am 29. März 2016 - 15:23

Es ist doch besser beide Systeme nebeneinander zu lassen und jeder Kunde soll für sich das geeignete System nutzen. Wenn die Politik sich zu sehr einmischt kommt häufig nichts gutes dabei rum. Die Mietpreisbremse ist so ein Thema.