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19. April 2018
Starter-BU – Fluch oder Segen?

Starter-BU – Fluch oder Segen?

Im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung bieten verschiedene Versicherer inzwischen Einsteiger-Policen für junge Kunden an. Die Makler sind geteilter Meinung, was solche -Tarife angeht. Guido Lehberg, Versicherungsmakler und BU-Spezialist (www.der-buprofi.de), hat die Starter-BU näher beleuchtet und erläutert Vor- und Nachteile. Ein Kommentar.

Sie finden, dass der Titel provokant gewählt ist? Mag sein, aber in der Branche scheint es hier tatsächlich große Meinungsunterschiede zu diesem Thema zu geben. Die einen Versicherungsmakler scheinen darauf zu schwören, während die anderen einen großen Bogen drum herum machen. In diesem Artikel werde ich auf die Stärken und Schwächen der Start-Tarife eingehen und zeigen, auf welche Punkte aus meiner Sicht besonders geachtet werden muss.

Was ist eine Starter-BU eigentlich?

Bei einer Starter-BU handelt es sich eigentlich um eine ganz normale Berufsunfähigkeitsversicherung. Allerdings ist der Beitrag nicht dauerhaft gleichbleibend, sondern startet deutlich günstiger und erhöht sich dann mit der Zeit. Damit sollen vor allem junge Kunden angesprochen werden, die als Schüler, Studenten oder Azubis noch nicht das Einkommen zur Verfügung haben, um sich eine adäquate Absicherung leisten zu können.

Was sind die Vor- und Nachteile?

Der größte Nachteil liegt darin (das ist einer der häufigsten Kritikpunkte, dass der Beitrag in der Summe über die gesamte Laufzeit deutlich höher ist als bei einem konstanten Vertrag. Die Versicherungen holen sich also die subventionierten Beiträge vom Anfang nebst „Zinsen“ wieder zurück. Auf der Haben-Seite steht aber im Gegenzug, dass ein junger Mensch durch eine Starter-BU in vielen Fällen überhaupt erst eine Chance hat, in den Genuss einer auskömmlichen Versicherungsleistung zu kommen.

Ist die einzige Alternative noch ein paar Jahre zu warten, bis die Ausbildung, die Schule oder das Studium beendet ist und das erste Geld verdient wird, könnte ein Abschluss aus gesundheitlichen Gründen (weil sich der Gesundheitszustand verschlechtert hat) eventuell gar nicht mehr möglich sein oder mit Ausschlüssen oder Risikozuschlägen versehen werden. Auch der BU-Leistungsfall kann in diesem Zeitraum natürlich eintreten. Gewiss ist aber, dass der Aufschub des Abschlusses später ohnehin einen höheren Beitrag für den Kunden bedeutet.

Für wen kann sich eine Starter-BU lohnen?

Insbesondere die eben erwähnten Schüler, Studenten oder Azubis sind eine Zielgruppe dieser BU-Variante. Aber es ergeben sich auch weitere „Einsatzbereiche“. So gibt es genügend junge Familien, bei denen ein Elternteil aktuell in Elternzeit ist. Neben den sonstigen Kosten, dem fehlenden zweiten Einkommen und den Ausgaben für die Kinder soll eine Berufsunfähigkeitsversicherung finanziert werden. Gerade aber bei handwerklichen Berufen kann der Beitrag bei 100,- Euro oder mehr im Monat liegen. Mit einer Starter-BU kann vor allem diese Zeit sinnvoll überbrückt werden. Bis zum Wechsel auf den dauerhaften (höheren) Beitrag gehen dann vermutlich wieder beide Elternteile arbeiten, einige Kostenpositionen können ggf. gestrichen werden, und somit passt der Absicherungsbeitrag dann besser ins Haushaltsbudget. Im Großen und Ganzen richtet sich diese Startphase also an alle diejenigen, die heute über ein stark begrenztes Budget verfügen, bei denen sich diese Situation aber im Laufe der kommenden fünf bis zehn Jahre verbessert.

Worauf bei der Auswahl achten?

Mittlerweile gibt es verschiedene Versicherungsgesellschaften, die eine solche Startphase anbieten. Allerdings finden sich auf dem Markt zahlreiche unterschiedliche Modelle, wie diese Startphase und die dauerhafte Beitragsphase ausgestaltet sind. Einige Anbieter haben eine stufenweise Erhöhung auf mehrere kleine Beitragssprünge verteilt, andere haben einen großen Sprung vorgesehen und wieder andere verteilen die Erhöhung auf zwei Sprünge – quasi eine Mischung aus der ersten und der zweiten Variante. Einige Anbieter bieten zudem die Möglichkeit eines frühzeitigen Ausstiegs aus der Startphase an. Interessant für alle Kunden, die heute noch nicht ganz sicher wissen, wie lange das Studium oder die Ausbildung dauert. Bei frühzeitigem Umstellen auf den endgültigen Beitrag fällt dieser nämlich geringer aus, als wenn man bis zum eigentlichen Wechseltermin wartet.

Aufpassen sollte man aber insbesondere, dass sich an der Höhe der versicherten Rente im Falle einer Berufsunfähigkeit während der Startphase nichts verändert. Es gibt Tarife, bei denen die ausbleibenden Erhöhungen während des Leistungsbezugs nicht mehr nachgeholt werden können. Wird der Berufsunfähige wieder berufsfähig, bleibt der Beitrag der Startphase unverändert, die Leistung wird hingegen für weitere BU-Fälle reduziert.

Ebenfalls sollte es bei einer Starter-BU keine Pflicht zur Meldung bei Wechsel der beruflichen Tätigkeit geben. Ist diese Klausel beim Versicherer erhalten, würde sich nämlich der Beitrag des Schülers, der nun als Tischler arbeitet, deutlich erhöhen. Das widerspricht einem der Hauptargumente für einen frühen Abschluss einer solchen Police.

Generell gilt allerdings auch zu beachten, dass ein Inflationsausgleich durch eine Dynamik in der Regel erst nach Ablauf der Startphase möglich ist. Wenn ein Kunde also mit 1.000,- Euro BU-Monatsrente einsteigt und die Startphase erst nach zehn Jahren endet, sind seine 1.000,- Euro wesentlich weniger wert. Hier kann allerdings mit einer von Beginn an etwas höheren Rente entgegengewirkt werden.

Mein Fazit:

Ich persönlich finde, eine Starter-BU hat eine große Berechtigung in der heutigen Zeit. Nicht immer ist eine hohe Startrente für jeden finanzierbar. Genau in diesen Fällen hilft ein solches Modell über eine gewisse Zeit hinweg und macht auskömmliche Rentenhöhen von Beginn an möglich. Der Kompromiss des in Summe höheren Beitrags spielt außerdem nur dann eine Rolle, wenn man die Leistung nie in Anspruch nehmen muss. Wer hingegen seine BU-Rente einmal beantragen muss, der stört sich nicht am steigenden Beitrag. Zum einen, weil er froh ist, ausreichend abgesichert zu sein, zum anderen, weil er durch die Beitragsbefreiung sowieso keinen Beitrag mehr bezahlt. Wer dann bei der Auswahl des richtigen Tarifes die genannten Besonderheiten berücksichtigt, der kann mit der Starter-BU vieles richtig machen.

Lesen Sie auch: Der Umgang mit der BU-Versicherung vonseiten der Makler und Versicherer

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Gerd Kemnitz (… am 19. April 2018 - 13:41

der Autor zeigt deutlich, dass er Befürworter der Start- bzw. Stufentarife ist. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass er einen wichtigen Punkt „vergessen“ hat. Und da hier vorwiegend Fachleute lesen, betrachten wir dies am besten an einem konkreten Beispiel.

Wenn heute ein 18-jähriger Bürokaufmann-Azubi einen Stufentarif mit 1.000 € BU-Rente bis zum 67. Lebensjahr abschließt, zahlt er zum Beispiel bei der Bayerischen nach Tarif „BU PROTECT young Komfort Plus“ zunächst monatlich nur 21,19 €, nach 5 Jahren 37,09 € und ab 11. Jahr stattliche 52,98 €.

Spätestens nach diesem letzten Beitragssprung wird er prüfen, ob das Preis-/Leistungsverhältnis noch stimmt. Und wenn die Tarife bis dahin unverändert bleiben, würde er dann als 28-jähriger Bürokaufmann im Tarif „BU PROTECT Komfort plus“ mit 47,74 € fast 10% weniger bezahlen. Bezieht er auch Tarife anderer Gesellschaften ein, kann es noch preiswerter werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird er einen Wechsel seiner BU-Versicherung anstreben.

Bei gesund gebliebenen Versicherten ohne besondere Berufs- und Freizeitrisiken wird dies auch problemlos klappen. Aber Versicherte mit Vorerkrankungen oder sonstigen Risiken bleibt der Wechsel verwehrt. Sie müssen im ursprünglichen Stufentarif bleiben.

Was dies für das Versichertenkollektiv und die zu erwartende Überschussbeteiligung der Start- bzw. Stufentarife bedeutet, muss ich an dieser Stelle wahrscheinlich nicht weiter erläutern.

Natürlich sind die niedrigen Zahlbeiträge in der Anfangsphase ein hervorragendes Verkaufsargument. Aber wer fair beraten will, sollte auch umfassend über die Nachteile informieren.

Hallo Herr Kemnitz,

Danke für Ihren Kommentar.

dann lassen Sie uns doch gerne über Ihre Alternative sprechen bevor die Leser komplett verwirrt sind. Was ist Ihre Alternative für einen jungen Menschen, der sich einen Beitrag von 60 Euro für eine angemessene Absicherung nicht leisten kann?

Wenn ich dem folge, was Sie auf Ihrer Homepage schreiben versichern Sie junge Leute gerne mit geringen Renten. Ja, je nach Anbieter lassen sich diese später problemlos erhöhen. Aber zu welchen Tarifbeitrag? Zu welchen Rechnungsgrundlagen? Zu denen, die er bei Abschluss hat oder zu denen, die er später hat? Ist das dann wirklich günstiger?

Und nun lassen Sie uns über das Risiko sprechen, dass dieser junge Mensch frühzeitig berufsunfähig wird. Was hat er dann von einer "halben BU-Rente"?

Sind Sie nicht auch der Meinung, dass wir junge Leute am besten von Beginn an richtig versichern?

Auch verstehe ich nicht, warum Sie bei der Berechnung die Bayerische nehmen, wobei die Bayerische Tarifbedingt beim Bankkaufmann im Beitrag nicht günstig ist. Auch andere Gesellschaften bieten gute Starter-Tarife. Und ist es nicht unsere Aufgabe hier den individuell am besten geeigneten zu finden?

Aber noch einmal, was ist besser? Anstelle einer Starter-BU gar keinen Vertrag abzuschließen? Anstelle einer Starter-BU eine zu geringe Rentenhöhe oder gar eine zu kurze Versicherungsdauer abzuschließen?
Ist es vielleicht hier sinnvoll den Kunden überhaupt versichern zu können bevor man es komplett lässt?

Hallo Herr Lehberg,

Sie wollten in diesem Artikel die Vor- und Nachteile der Starter-BU näher beleuchten – und ich habe lediglich einen Ihrerseits vergessenen Nachteil ergänzt. Darin sehe ich keine Verwirrung der Leser, sondern lediglich eine Aufklärung.

Unrichtig ist auch Ihre Behauptung, bei dem von mir als Beispiel gewählten Bürokaufmann-Azubi würde es sich um einen tarifbedingten Einzelfall handeln. Jeder kann dies selbst nachrechnen, zum Beispiel anhand eines Elektrikers, KFZ-Mechanikers, Krankenpflegers oder jeden anderen Berufs dieser Berufsgruppen).

Natürlich ist es nicht besser, anstelle einer Starter-BU gar keinen Vertrag abzuschließen. Aber es gibt eben auch noch andere Möglichkeiten der Vertragsauswahl und -gestaltung mit anderen Vor- und Nachteilen. Aber da waren Sie es, der in seiner Videobotschaft (https://www.facebook.com/BUprofi/videos/2096144090607648/) ab Minute 4:30 behauptet: „Dann lasst es bleiben. Dann gebt das Geld für was anderes Schönes aus...“. Bei aller Achtung – Ich finde diesen Rat wenig professionell.

Gespeichert von Wilfried Strassnig am 20. April 2018 - 08:57

Man kann jedes Angebot zerpflücken. Zu niedrig, zu hoch, falsche Basis, nicht auf den Kunden abgestimmt und vieles mehr. Das macht es dem Verbraucherschutz, dr sich ja hütet ein "ideales" Produkt vorzustellen, immer leicht. Aber genau damit füttert man unzählige Rechtsanwälte. Ist ja irgendwie sozial, ist es nicht? Schönen Tag an alle Kollegen!

Gespeichert von Peter Wolnitza am 20. April 2018 - 15:23

Hier zeigt sich wieder mal das eigentliche Problem der Maklerschaft: Es wird auf allerhöchster fachlicher Ebene über ein Problem diskutiert, das eigentlich keines ist: Wenn ich als Makler einem Kunden die Thematik sauber erkläre, er es (einigermassen) versteht und daraufhin seine Entscheidung trifft, habe ich ihm vermutlich ein Problem gelöst, und alle sind zufrieden. Viel kritischer ist es doch zu werten (und da sollten wir mal so langsam den Focus drauf legen!) was da draußen wirklich passiert: Da werden solche Tarife von Ahnungslosen an Ahnungslose verkauft. Oft genug gesehen: Der Kunde weiß nicht mal, daß irgendwann ein Beitragssprung erfolgen wird. Noch schlimmer der größte Strukkivertrieb Deutschlands: Hier wird der Kunde vordergründig mit einem niedrigen Beitrag für seine BU Summe gelockt, der auch, wenn gewünscht, gleich bleibt. Dass sich dann nach X Jahren die versicherte Summe eben mal fast halbiert..ach wen juckt das schon. (Kann man ja wieder Neugeschäft schreiben.. und das bischen Rücken, das in der Zwischenzeit dazu gekommen ist, stört doch keinen, hat doch jeder) Das sind die Misstände die es anzuprangern gilt - nicht die Frage, ob ein Kunde über die Jahre hinweg einige/etliche Euros mehr oder weniger zu zahlen hat. In den Händen des verantwortungsvollen Maklers kann es durchaus Situationen geben, wo er mit seinem Kunden entscheidet den Weg über so einen Tarif zu gehen - dann ist das doch völlig ok. Der andere Kunde sagt, ich pumpe lieber Oma+Opa an, anstatt dem Versicherer hinterher den erhöhten Beitrag nachzutragen.... auch ok. Und jetzt: ab ins schöne Wochenende... viele Grüße aus Nidderau!