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Steuern & Recht
16. November 2018
Vorteil Versicherungsvertreter? Ein Vergleich mit dem Maklerstatus

Vorteil Versicherungsvertreter? Ein Vergleich mit dem Maklerstatus

Der Vertrieb von Versicherungen erfolgt im Wesentlichen durch zwei Vertriebskanäle – den Versicherungsvertreter und den Versicherungsmakler. Beide sind Hilfspersonen im Außendienst und haben eine ähnliche Tätigkeit. Und doch könnten Auftraggeber und vertragliche Vereinbarungen nicht unterschiedlicher sein, erklärt Rechtsanwältin Michaela Ferling.

Nach der Legaldefinition ist ein Versicherungsvertreter, wer von einem Versicherungsunternehmen damit betraut ist, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Der Vertreter steht damit im Lager des Versicherers und ist sein Erfüllungsgehilfe. Grundlage ist ein Handelsvertretervertrag, der die Beziehungen des Vermittlers mit „seinem“ Versicherungsunternehmen, auch Prinzipal genannt, regelt. Damit gelten grundsätzlich die §§ 84 ff. HGB für die Begründung von Rechten und Pflichten. Immanent sind dem Handelsvertretervertragsverhältnis die im Gesetz verankerte Interessenwahrnehmung zugunsten des vertretenen Unternehmens und ein damit einhergehendes gesetzliches Wettbewerbsverbot. Dem Handelsvertreter ist es daher untersagt, in den vom Versicherer betriebenen Versicherungszweigen für Wettbewerber tätig zu werden. Vielfach findet sich eine über das Wettbewerbsverbot hinausgehende Regelung, die dem Handelsvertreter auch Tätigkeiten in den nicht betriebenen Versicherungszweigen oder außerhalb der Versicherungswirtschaft untersagt. Die Begriffe Einfirmenvertreter oder Ausschließlichkeitsvertreter leiten sich hieraus ab.

Gerade im strukturierten Vertrieb wird das Wettbewerbsverbot durch die Vereinbarung von Vertragsstrafen verschärft. Dem Handelsvertreter obliegt auch grundsätzlich eine Bemühens- und Berichtspflicht, auch wenn Letztere selten durch den Prinzipal überprüft wird. Die Bemühenspflicht wird oft sehr subtil als Geschäftsplan mit entsprechenden Bonifikationszahlungen bei Erreichen der Ziele verpackt. Wesentlich ist bei einem Versicherungsvertreter auch, dass die Kunden, auch wenn er sie selbst geworben hat, Kunden des Unternehmens bleiben. Auch der Versicherungsvertreter haftet für Falschberatungen. Als gebundener Vertreter im Sinne des § 34d Nr. 4 GewO übernimmt jedoch das Versicherungsunternehmen die Haftungsfreistellung.

Privilegien des gebundenen Versicherungsvertreters

Der Versicherungsvertreter genießt Privilegien gegenüber anderen Vermittlern. Gerade zu Beginn der Tätigkeit werden ihm seitens des Unternehmens Zuschuss- und Vorschussmodelle als Liquiditätsüberbrückung gewährt. Neben der reinen Provision als Vergütung für die Vermittlung werden häufig weitere Unterstützungsleistungen vereinbart, etwa ein Bürokostenzuschuss oder die Finanzierung von Personal. Die Fort- und Weiterbildung übernimmt regelmäßig das Versicherungsunternehmen. Es stellt auch die vertriebsspezifische Software, die nach einer BGH-Entscheidung kostenfrei zu bleiben hat. Zur Betreuung der Kunden und bei der Vermittlung von Verträgen stehen dem Handelsvertreter meist Spezialisten zur Seite. Im Falle des Ausscheidens besteht oft ein Anspruch auf Ausgleich, soweit das Unternehmen den Vertrag ordentlich gekündigt hat, der Vertrag aus Krankheits- oder Altersgründen beendet wurde oder der Vermittler selbst berechtigt außerordentlich gekündigt hat.

Folgen der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung des Vertreters

Durch seine Eigenschaft als Erfüllungsgehilfe für das Unternehmen gilt die Auge-und-Ohr-Rechtsprechung, das heißt, Informationen, die ihm seitens der Kunden zuteilwerden, gehen auch dem Unternehmen zu. Zum Tragen kommt die Auge-und-Ohr-Rechtsprechung gerade bei Themen, die mit dem Versicherungsvertreter erörtert wurden, jedoch nicht oder nur teilweise beim Versicherer ankommen. Zu denken ist an die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung. Kann der Kunde beweisen, dass „alles auf den Tisch“ gekommen ist, hat auch der Versicherer Kenntnis und kann sich nicht auf eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung berufen.

Versicherungsmakler mit weitreichenden Pflichten

Demgegenüber ist der Versicherungsmakler Handelsmakler und es gilt § 93 HGB. Die strengen Vorschriften der §§ 84 ff. HGB finden keine Anwendung. Der Versicherungsmakler übernimmt nach der Legaldefinition für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen, ohne jedoch von einem Versicherungsunternehmen damit betraut zu sein. Charakteristisch ist also seine Unabhängigkeit. Grundlage bildet der Geschäftsbesorgungsvertrag (Maklervertrag) mit dem Kunden, der konkludent oder ausdrücklich geschlossen werden kann. Den Makler treffen aufgrund des Vertrages weitreichende Pflichten. Er hat den Kunden als dessen Interessenvertreter bestmöglich zu beraten. Der BGH hat den Versicherungsmakler 1985 deshalb als treuhänderischen Sachwalter bezeichnet. Insofern ist die Frage der Haftung des Maklers beinahe allgegenwärtig. Er muss einen Marktüberblick bieten und den Kunden bei der sachgerechten Abdeckung aller relevanten Risiken nach dem „best advice“ beraten. Der Makler wird also stets bemüht sein müssen, sein Haftungsrisiko weitestgehend zu beschränken. Hier bietet insbesondere der Maklervertrag haftungsbeschränkende Regelungen.

Der Maklervertrag beinhaltet auch eine Bevollmächtigung durch den Kunden, die in der Maklervollmacht niedergelegt wird. Im Gegensatz zum Versicherungsvertreter betreut der Makler tatsächlich die eigenen Kunden. Um die Geschäftsausstattung hat er sich selbst zu bemühen. Bei einer Zusammenarbeit mit Maklerpools können ihm Muster zur Verfügung gestellt werden.

Neben dem Maklervertrag mit dem Kunden unterhält der Versicherungsmakler Courtagezusagen mit den Versicherungsgesellschaften und/oder Vertriebsvereinbarungen mit Maklerpools. Courtagezusage bedeutet dabei, im Gegenzug für die Vermittlung von Verträgen Courtagen zu erhalten. Es besteht allerdings kein Kontrahierungszwang, das heißt, dass der Versicherungsmakler keinen Anspruch auf eine Zusammenarbeit hat. Gerade nach einem Ausstieg als Ausschließlichkeitsvermittler oder bei zu geringem Bestand oder zu erwartendem Neugeschäft verweigern Versicherungsgesellschaften diese oft. Als Lösung bietet sich dann nur eine Vertriebsvereinbarung mit einem Pool an, um die Produkte dieser Gesellschaften mit abdecken zu können.

Compliance-Regeln verhindern Unterstützungsleistungen für Makler

Im Gegensatz zum Versicherungsvertreter werden dem Versicherungsmakler vertriebsspezifische Software und ein Kundenverwaltungsprogramm nicht kostenfrei zur Verfügung gestellt. Gerade Vergleichssoftware und/oder CRM-Systeme muss der Versicherungsmakler selbst beschaffen und dafür Lizenzgebühren bezahlen. Bei Anbindung an Maklerpools können die Kosten reduziert oder vermieden werden, denn die Zusammenarbeit sieht in der Regel die Zurverfügungstellung von Vergleichsrechnern und CRM-Systemen vor. Auch Zuschusszahlungen sucht man auf Versicherungsmaklerseite vergeblich. Die Compliance-Regeln verhindern jegliche Unterstützungsleistungen, unabhängig davon, ob es sich um Liquiditätsüberbrückungen, Bürokostenzuschüsse oder Personalkostenzuschüsse handelt.

Da der Versicherungsmakler auf Seiten des Kunden steht, ist er nicht Erfüllungsgehilfe des Versicherers. Demzufolge gilt die Auge-und-Ohr-Rechtsprechung nicht. In gleichem Maß ist es ihm auch verboten, die Schadenregulierung für das Unternehmen zu übernehmen. Für die ihm aufgrund der IDD auferlegte verpflichtende Weiterbildung ist der Versicherungsmakler ebenfalls selbst verantwortlich.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2018, Seite 124 f.
 
Ein Artikel von
Michaela Ferling

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Wolfgang Otto am 16. November 2018 - 09:17

Sehr geehrte Frau Ferling, Ihr Beitrag verkörpert die "reine Lehre". Der Status des Mehrfachagenten kommt dabei nicht vor. Es wäre interessant, auch dazu von Ihnen von eine Bewertung zu hören.
In der Praxis ist das oft ein Problem.
Mit besten Grüßen
Wolfgang Otto

Gespeichert von Wilfried Strassnig am 16. November 2018 - 10:41

Die Altersversorgung wird beim Vertreter einfach locker übergangen. Spielt natürlich überhaupt keine Rolle, kostet nur 1/2 Million. Dazu kommt die Adressenunterstützung, oft mit Gebietsschutz. Für Kunden die es gewohnt sind von einer Gesellschaft betreut zu werden, ohne wirklich jemals ernsthaft Vergleiche angestellt zu haben. So gibt es selbst unter Gewerbetreibenden Gesellschaften mit relativ schlechter Rendite und geringem Storno. Mit anderen Worten, die Masse der Kunden ahnt zwar das es besseres geben könnte, ist aber zu Träge, oder hat sogar ANGST ??? zu vergleichen.
Vielleicht hat man auch keine Zeit, allerdings verlieren viele oft riesige Beträge. Ob man € 1000,00 oder € 2000,00 lebenslang bekommt ergibt in 30 Jahren einen Unterschied von € 360.000,00. Das kommt gerade heute in Zeiten extrem hoher Garantiekosten sehr, sehr oft vor. Dafür hängt man sich bei der Kfz. Versicherung rein und hat € 100,00 gespart! Der Normalkunde kann, selbst Akademiker und Steuerberater haben oft nicht die geringste Ahnung davon, das gar nicht wissen. Wenn ich aber Beratung grundsätzlich ablehne, ist das so wie wenn ich bei größten Beschwerden nicht zum Arzt gehe. Ich weiß wieviel Erfahrung, auch im Austausch mit anderen Maklern, aber auch viel Herzblut im Ringen um das Beste Produkt-mit oft riesigem Zeitaufwand, die meisten Makler haben. Der Kunde der diesen Vorteil nicht nützt-ohne Kosten, geht lieber ins Netz und schließt etwas ab, was oft gar nicht zum eigenen Bedarf passt. Andererseits beklagt man sich, dass man sich schlecht informiert fühlt. Ein Fall für Psychiater. Der Verbraucherschutz fordert dann das 1000. Protokoll, was in der Regel dem Kunden derart auf den Senkel geht, dass er erst recht lieber ein schnelles, oft falsches Produkt im Netz abschließt. Aber erklärt das mal einer den Beamten und Politikern.

Gespeichert von Karl-Heinz Küpper am 17. November 2018 - 18:15

Aufgrund der Rechtssprechung des BGH ist der Versicherungsmakler kein Handelsmakler gem. HGB. Mir scheint dieser Aufsatz ist schon etwas abgelagert.