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Sonderthema Marketing für das Vermittlerbüro
7. Juli 2016
„3% des Provisionsumsatzes für das Vermittler-Marketing“

„3% des Provisionsumsatzes für das Vermittler-Marketing“

Die Positionierung eines Versicherungsmaklers im Markt entscheidet über seinen Erfolg. Voraussetzung dafür ist der Aufbau einer eigenen Marke und eines gezielten Marketings. Zu beachten ist dabei ein zielorientiertes Vorgehen und auch Budgetvorgaben.
Interview mit Thomas Ötinger, Geschäftsführer der marcapo GmbH und Consultant für Versicherungen

Oft unterstützen Sie Versicherer, ihre Marke regional über die Versicherungsvertreter vor Ort zu stärken. Was ist hier das besondere Anliegen?

Für mich sind die Vermittler und Makler der wichtigste Erfolgsfaktor beim Verkauf der Versicherungsprodukte: Denn ob Kunden Vertrauen zur Versicherungsmarke bzw. zum -produkt entwickeln, dafür sind die Persönlichkeit und die lokale Nähe der Berater entscheidend. Erst durch die Kombination von Marke und Berater wird die Versicherungsleistung lokal wahrgenommen.

Versicherungsvertreter haben durch eine starke Marke in der Hinterhand natürlich auch einen guten Marktauftritt. Wenn wir uns nun einen unabhängigen Versicherungsmakler ansehen, der seinen eigenen Namen bzw. sein eigenes Unternehmen als Marke aufbauen muss – wer hat es leichter?

Das kommt darauf an, wie stark und in welcher Form der Versicherer seine Vermittler unterstützt. Je besser die Maßnahmen der Marke auf die Bedürfnisse und Zielgruppen des Vermittlers abgestimmt sind, desto leichter ist es für ihn, am Markt adäquat und wirksam aufzutreten. Natürlich ist es hilfreich, dass er beim Marketing finanziell von seiner Marke unterstützt wird. Andererseits sind gebundene Vermittler nicht so flexibel wie freie Makler, da sie sich an die Vor­gaben der Marke halten müssen. Freie Makler dürfen sich als lokale Marke selbstbestimmt in Szene setzen. Es gibt keine Marke, die ihm dafür den Rücken stärkt und er muss das Geld selbst in die Hand nehmen. Dafür kann er seine Werbemaßnahmen ganz flexibel auf seine Zielgruppe und Positionierung abstimmen. Da Maklerpools wie die BCA AG ebenfalls Unterstützung und Service bieten, sind sie eine gute Alternative für freie Makler.

Wie würden Sie vorgehen, wenn Sie einen Versicherungsmakler oder auch ein größeres Maklerbüro zu einer Marke machen müssten?

An erster Stelle steht die Definition und Analyse der Zielgruppen. Darauf folgt die Festlegung der gewünschten Positionierung pro Zielgruppe, das heißt: Was soll die Zielgruppe von mir denken? Welches Bild soll sie verinnerlichen? Im nächsten Schritt macht der Makler oder das Maklerbüro sich mit seiner Positionierung bei der jeweiligen Zielgruppe bekannt. Dabei sind folgende Fragen hilfreich:

  • Wo treffe ich die Zielgruppe?
  • Wie kann ich die Zielgruppe werblich erreichen?
  • Was sind meine aktuellen Marketingziele?

Ziele können das Gewinnen von Neukunden sein, Kundenbindung, Bekanntheit erhöhen oder das Cross-Selling von Produkten. Am Ende heißt es: Werbemaßnahmen, die der Makler bzw. das Maklerbüro passend zu den aktuellen Herausforderungen auswählt, konsequent umsetzen.

Wem gegenüber muss der Makler denn überhaupt Marke sein? Seinen Kunden oder auch den Produktgebern gegenüber?

Meiner Meinung nach primär dem Endverbraucher gegenüber. Segelt der Makler erfolgreich im richtigen Fahrwasser, folgt die eigene Bekanntheit beim Produktgeber automatisch.

Welches sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Marketingmaßnahmen für ein Vermittlerbüro vor Ort?

Das hängt von der aktuellen Situation, der Zielgruppe und der gewünschten Positionierung ab. Ein Vereinsmarketing mit Trikot, Bandenwerbung, Bierdeckeln und Mailing an die Mitglieder über den Verein wäre zum Beispiel nicht sinnvoll, wenn man mit dem Verein weiter nichts zu tun hat.

Nennen Sie uns doch mal konkrete Praxisbeispiele für gelungenes Marketing eines Vermittlers oder Maklers vor Ort.

Ein erstes Beispiel: Der Makler hat das Ziel, bei den Bewohnern einer Stadt oder in einem bestimmten Stadtteil bekannter zu werden. Dafür bieten sich an: Webauftritt im Responsive Design mit interaktiven Elementen wie Online-Beratung, Online-Bewertung oder auch Gewinnspielen wie zum Beispiel zur Fußball-EM. Dazu kommen Facebook-Ads, gesteuert nach Postleitzahl, flankiert mit Großplakaten für den ländlichen Bereich. Eine Vereinskampagne bietet sich wie erwähnt nur bei entsprechendem Engagement an. Sehr erfolgreich kann außerdem ein Event zusammen mit Kooperationspartnern der Region zu einem bestimmten Risikothema sein.

Ein weiteres Beispiel: Lautet das Ziel Kundenbindung und Reduzierung der Storno-Quote, sollte man mit anderen Maßnahmen Flagge zeigen: Hier empfehle ich personalisierte Geburtstagskarte sowie Grußkarten bei persönlichen Anlässen des Kunden wie Hochzeit, Geburt oder Umzug. Zur Kundenbindung eignet sich außerdem ein regelmäßiges Kunden­journal, und natürlich darf die Weihnachtskarte nicht fehlen. In meinem Buch „So positionieren Sie sich als lokale Marke“ gebe ich weitere Tipps, mit denen das Marketing Fahrt aufnimmt.

Lassen Sie uns über Geld reden. Marketing kostet Geld. Gibt es Anhaltspunkte, wie man ein Marketingbudget berechnet, Maßnahmen kontrolliert und evaluiert? Und zwar als Makler, ohne einen Versicherer in der Hinterhand.

Eine fast uralte Regel für den Handel lautet: 3% vom Umsatz. Im Finanzbereich würde ich 3% des Provisionsumsatzes nehmen – mindestens aber 2.500 bis 3.500 Euro pro Jahr. Werbemaßnahmen mit Response-Erfassung sind im Finanzbereich selten. Ich empfehle Werbemaßnahmen, die sich auf Kundenbindung oder lokale Bekanntheit konzentrieren und auf die lokale Marke einzahlen. Wichtig ist, mehrere Werbemaßnahmen je Zielgruppe geschickt zu kombinieren.

Wie füllt man sein Markenprofil und auch sein Marketing nachhaltig und auf Dauer mit Leben?

Nicht nachlassen ist die Devise. Am besten kombinieren Berater Werbemaßnahmen zu einem Ziel bzw. einer Zielgruppe kontinuierlich über zwei bis drei Jahre, damit die Wirkung nicht verpufft und die Botschaften ankommen. Schließlich soll der Kunde den Vermittler oder Makler im Kopf haben, wenn er neue Lebens­umstände erfährt, die einen anderen Versicherungsschutz brauchen.

Das Image von Versicherungen, Vertretern oder auch Maklern ist übergreifend eher schlecht. Der einzelne Berater vor Ort wird aber von seinen Kunden oft geschätzt. Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz?

Der eigene Berater oder natürlich auch die eigene Beraterin helfen, wenn „Not am Mann ist“, kümmern sich um die Belange nach einem Schadenfall – sind also schnell im Einsatz wie die Feuerwehr, nachweislich eines der beliebtesten Berufsbilder. Wenn einzelne Skandale zu schlechten Produkten oder Beratungspraktiken nach dem Motto „anhauen, umhauen, abhauen“ in der Öffentlichkeit breitgetreten werden oder über seltsame Incentive-Praktiken berichtet wird – dann wird leider schnell die ganze Branche in Sippenhaft genommen.

Und wie könnte es die Branche oder auch die einzelnen Marktteilnehmer schaffen, auch die Fernaufnahme, also das übergreifende Image, zu verbessern?

Versicherungen, Vertreter und Makler müssen die Leistungsversprechen einhalten. Qualität und Beratungskompetenz erhöhen sich durch kontinuierliche Weiterbildung. Einen großen Bedarf sehe ich außerdem in der Kommunikation: Was bietet mir mein Berater/meine Beraterin für einen Nutzen? Auf diese Frage brauchen wir positive Antworten und dafür brauchen lokale Berater Unterstützung und Know-how.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 0772016, Seite 92f.

 
Ein Artikel von
Thomas Ötinger