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13. Dezember 2016
„Alternative Ertragsquellen werden immer wichtiger“

„Alternative Ertragsquellen werden immer wichtiger“

Alternative Investments boomen. Doch warum sind sie vor allem bei institutionellen Investoren wie Versicherern gefragt wie? Und welche alternativen Investments sind aktuell besonders aussichtsreich? Nachgefragt bei Carsten Hermann, Geschäftsführer der FERI Trust GmbH.

Herr Hermann, alternative Investments haben in letzter Zeit vor allem für institutionelle Investoren wie Versicherer oder Pensionskassen an Bedeutung gewonnen. Was genau fällt alles unter diese Anlageklasse?

Alternative Investments sind erst einmal nicht näher definiert. Betrachtet man das Thema unter dem Aspekt der Anlagestrategie, so fallen insbesondere Private-Equity- und Hedgefonds darunter, also komplexe Investitionen jenseits der traditionellen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Immobilien. Aber auch hinter dem Sammelbegriff „Absolute Return“ verbergen sich alternative Investments, die zum Beispiel auf Derivaten wie Optionen oder Credit Default Swaps basieren können. Letztendlich verdient ein Investment aber nur dann das Prädikat „alternativ“, wenn es sich hinreichend vom Rendite-Risiko-Profil klassischer Investments unterscheidet.

Warum sind solche alternativen Investmentstrategien für institutionelle Investoren wichtiger geworden?

Viele institutionelle Investoren unterliegen strengen Verpflichtungen, die es in Verbindung mit der Kapitalanlage renditeseitig zu erfüllen gilt. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben und Restriktionen sind sie dabei gezwungen, überwiegend in Rentenpapiere zu investieren. Allerdings reichen die Renditen, die hier erzielt werden können, aufgrund des vorherrschenden Niedrigzinsumfelds nicht mehr aus, um die Verbindlichkeiten auch nur annähernd zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund werden alternative Ertragsquellen immer wichtiger. Aber auch risikoseitig können alternative Investments eine wichtige Rolle spielen. Wenn sie einen niedrigen Faktor Sensitivität zu den Haupt-Asset-Klassen Renten und Aktien aufweisen, wirkt sich das stabilisierend auf das Gesamtvermögen aus. Kursverluste an den Renten- und Aktienmärkten können dann teilweise kompensiert werden.

Wird sich dieser Trend in den kommenden Jahren fortsetzen?

Trotz des Wahlausgangs in den USA und des zu erwartenden politischen Wandels, der eher zu einer Reflationierung und damit steigenden Inflationserwartungen führen wird, dürfte das aktuell große Interesse an alternativen Anlageklassen bestehen bleiben. Hauptgrund ist die Politik der großen Notenbanken, die aller Voraussicht nach an dem niedrigen Zinsniveau festhalten werden. Sollten die Zinsen wieder leicht steigen, dienen alternative Investments wiederum als guter Puffer gegen fallende Anleihekurse.

Welche alternativen Investments sind aktuell besonders aussichtsreich?

Aufgrund recht hoher Unternehmensbewertungen erscheint die Private-Equity-Strategie „Buy out Core“ etwas weniger attraktiv als der Strategieansatz „Value Add“. Ähnliches gilt für Infrastruktur-Investments, wobei hier noch der etwas riskantere Ansatz „Opportunistic“ hinzugenommen werden kann. Hedgefonds bieten ein großes Spektrum an unterschiedlichen Strategien mit unterschiedlichsten Rendite-Risiko-Profilen. Sehr attraktiv erscheint hier ein sogenannter Multi-Strategie Ansatz, der exakt und individuell auf die bestehenden Investments einer Kapitalanlage ausgerichtet ist. In Erwartung eines steigenden Volatilitätsniveaus sollten auch Absolute-Return-Strategien aussichtsreich sein, die sich mit der Vereinnahmung von Optionsprämien beschäftigen.

Hedgefonds verbinden viele Deutsche mit gefährlichen Zockereien. Ist diese Skepsis berechtigt?

Nein, definitiv nicht. Ein Investor kann „Zockereien“ ausschließen, indem er sich nur auf Hedgefonds fokussiert, die zum Beispiel dem deutschen Kapitalanlagegesetzbuch KAGB oder den luxemburgischen UCITS-Richtlinien entsprechen. Verlässt man diesen regulierten Bereich und begibt sich in die sogenannte „Offshore“-Welt, ist diese Skepsis ebenso wenig angebracht, wenn hinreichende qualitative Prüfungskriterien bei der Fondsselektion angewendet werden. Im Vergleich zum regulierten Bereich können diese zwar deutlich aufwendiger sein, versprechen aber auch eine höhere Rendite bei vergleichbaren Risiken.

Immobilien haben sich unter anderem dank der Niedrigzinsen in den vergangenen Monaten und Jahren deutlich verteuert. Wie groß ist hier bereits die Blasengefahr?

Diese Frage muss sehr differenziert betrachtet werden. Zwar finden Gewerbeimmobilien eine höhere Beachtung bei institutionellen Investoren, doch wecken zunehmend auch Wohnimmobilien ein großes Interesse. Die Gefahr einer Blase liegt dabei eher im erstgenannten Bereich. Aber auch hier sind der Standort, der Zustand der Immobilie, die Mietauslastung, die Struktur und Laufzeit der Mietverträge ausschlaggebend. Zudem ist diese Gefahr in Metropolen höher einzuschätzen, als an anderen Standorten. Davon abgesehen besteht allerdings die Gefahr, dass sich bei einem unerwartet deutlichen Zinsanstieg das ein oder andere Finanzierungsmodell als nicht mehr tragfähig herausstellt und die Rentabilität eines Immobilienprojekts deutlich sinkt. (mh)