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8. Juli 2015
„Bisher ist noch keine Wirtschaftskrise mit Gelddrucken gelöst worden“

„Bisher ist noch keine Wirtschaftskrise mit Gelddrucken gelöst worden“

Marc Freidrich und Matthias Weik haben mit „Der Crash ist die Lösung“ bereits ihren zweiten gemeinsamen Bestseller geschrieben. Im Gespräch mit AssCompact erläutern sie warum der Zusammenbruch des Finanzsystems unausweichlich ist und wie Anleger sich am besten dagegen wappnen.

Herr Weik, „Der Crash ist die Lösung“ heißt der Titel ihres aktuellen Bestsellers. Warum ist der Crash die Lösung?

Matthias Weik: Wir haben lange überlegt und nach einer anderen Lösung gesucht, aber es gibt im bestehenden System keine. Unser Finanzsystem hat eine mathematisch begrenzte Lebensdauer und das Haltbarkeitsdatum hierfür ist 2008 abgelaufen. Würde es eine Lösung geben, hätte sie uns Frau Merkel oder Herr Draghi schon längst stolz und medienwirksam präsentiert. Es ist auch keine gewollt. Bisher sind lediglich Schulden mit Schulden bezahlt worden und die Probleme mit unendlich viel Geld lediglich in die Zukunft verschoben worden.

Also wird die Geldflut der großen Zentralbanken die Probleme nicht lösen?

Marc Friedrich: Bisher ist noch keine Wirtschaftskrise mit Gelddrucken gelöst worden. Allerhöchstens hat man damit die Probleme temporär verbessert aber niemals gelöst und langfristig sogar verschlimmert. Die globalen Schulden haben sich seit 2007 von 100 auf 200 Bio. Dollar verdoppelt. Um den Status Quo der schwarzen Null, über die sich Wolfgang Schäuble furchtbar freut, zu erhalten, müssen wir alle bitter bezahlen.

Inwiefern?

MF: Die Niedrigzinsphase kommt ja nicht von ungefähr. Vielleicht kommen bald auch Negativzinsen für Privatanleger. Früher hat man auf Konsum verzichtet, um etwas zu sparen, da man dann in der Zukunft mehr hatte – egal ob mit Sparbuch, Bausparvertrag oder Lebensversicherung. Das ist heute nicht mehr der Fall. Durch die niedrigen Zinsen haben alle, die bisher kontinuierlich etwas angespart haben, mit der Zeit immer weniger. Besonders schlimm ist, dass junge Menschen dadurch der Möglichkeit beraubt werden, etwas aufzubauen. Ihnen wird zwar immer gesagt, dass sie unbedingt vorsorgen müssen, aber sie stehen nun vor der Frage: wie?

Wie viel Zeit haben wir denn noch bis zum Crash?

MW: Wir haben alle keine Kristallkugel. In einer derart global verzahnten Welt kann keiner mehr solch eine Prognose abgeben. Zudem kann man kann vieles berechnen, aber nicht den Faktor Mensch. Es gibt zahlreiche mögliche Auslöser – etwa politische Verwerfungen. Zwar wohl eher nicht wegen Griechenland, aber vielleicht durch die Wahlen in Frankreich. Was genau der Auslöser sein wird, kann kein Mensch sagen, aber die Einschläge kommen immer näher.

Wenn der Crash unvermeidbar ist, was muss ich denn machen, wenn er da ist?

MW: Wenn er da ist, kann man im Grunde gar nichts mehr machen. Man muss agieren statt reagieren. Noch ist das möglich. Da man es weiß wann der Crash kommt, bin ich lieber zu früh auf den Crash vorbereitet als zu spät.

Und wie sollten Sparer sich vorbereiten?

MF: Zunächst einmal keine Schulden machen.

Aber würden Schulden durch die Inflation nicht weniger?

MF: Diese Argumentation kann funktionieren, muss sie aber nicht. In allen Crashs bisher wurden Guthaben und Verbindlichkeiten unterschiedlich behandelt. Wenn Guthaben beispielsweise nach einem Crash etwa nur noch 10% Prozent wert sind, und Verbindlichkeiten noch 25% -dann habe ich als Schuldner ein Problem. Man sollte immer bedenken, dass wenn man sich auf Pump ein Haus kauft, es das im Grunde solange der Bank gehört bis man den letzten Cent abbezahlt hat.

Verleitet das billige Geld auch dazu, sich Wohnungen zu leisten, die man sich nicht leisten kann?

MW: Genau, und wo das endet hat man ja 2007/2008 gesehen. Der letzte große Crash war doch in Wirklichkeit ein Immobiliencrash. Und was machen die Leute jetzt? Sie gehen in vollkommen überteuerte Immobilien. Der Lerneffekt ist offenbar nicht so groß. Wenn die Bauherren die Kredite dann nicht mehr bedienen können, landen die Immobilien wieder bei den Banken und wenn die Banken zu viele Immobilien haben, ist es für sie kritisch. Das hat man in Spanien, Irland oder auch Ungarn doch gesehen.

Auch die Krisenqualitäten von Immobilien werden überschätzt. In Deutschland hat der Staat Immobilienbesitzer in den letzten 100 Jahren bereits zwei Mal stark belastet: in den 20er-Jahren mit der Hauszinssteuer und in den 50er-Jahren mit dem Schulden-Lasten-Ausgleich. Und auch beim nächsten Crash wird eine Immobilienabgabe kommen.

Was sollte man sonst kaufen?

MF: Auf jeden Fall in Dinge investieren, die man versteht. Sie würden doch auch kein Auto kaufen, das sie nicht fahren können. Ein weiterer ganz wichtiger Punkt ist Diversifikation. Der deutsche Mittelstand setzt meist fast alles auf die Immobilie. Dabei sollte man niemals mehr als 30% in eine Anlageklasse stecken. Wenn dann die Finanzierung auch noch Spitz auf Knopf steht, wird es erst recht problematisch. Nichts gegen Immobilien, aber man braucht einfach mehrere Standbeine.

Was wären denn weitere Standbeine?

MW: Gold, Silber sind auf jeden Fall eine clevere Beimischung, wobei Gold eher als Lebensversicherung dient und Silber durchaus auch als Investment. Aber bitte physisch und nicht in Papierform. Für Papier bekommt man im Zweifel nur noch das, was das Papier wert ist: nichts.

Auch Land ist sinnvoll. Man kann Billionen von Euro oder Dollar drucken, aber nicht einen Hektar Land, selbst mit 3D-Druckern nicht. Das fruchtbare Land und der Regen, den wir hier haben, werden in Zukunft immer wichtiger werden. Die Weltbevölkerung wächst schließlich immer weiter, während das Angebot an fruchtbarem Land weniger wird. Auch hier aber bitte keine Teakholzfarm im Regenwald, sondern regional in Form von Wald oder auch Streuobstwiesen investieren.

Auch direkte Beteiligungen an Unternehmen sind sinnvoll. Aber keine Aktien, sondern wirklich direkte und abgesicherte Beteiligungen. Das kann zum Beispiel der Kauf einer Maschine sein, die man einem Unternehmen zur Verfügung stellt und sich Stück für Stück abbezahlen lässt. Sollte die Firma Pleite gehen, gehört einem dann immer noch die Maschine.

Das zeigt aber schon, dass man als Anleger sich in Zukunft deutlich mehr Gedanken um sein Geld machen und viel flexibler werden muss…

MF: Auf jeden Fall. Man muss sich um sein Geld kümmern. Niemand kümmert sich besser um sein Geld als man selbst. Ein ganz, ganz wichtiges Investment ist daher Bildung, denn nur gebildete Menschen können sich aktiv um ihr Geld kümmern. Unser Land hat nicht Rohstoffe, sondern gebildete und innovative Menschen groß gemacht.

Ist es auch sinnvoll, sich mit unterschiedlichen Währungen abzusichern, etwa mit scheinbaren Krisenwährungen wie Schweizer Franken oder den skandinavischen Kronenwährungen?

MF: Man kann das machen. Das kann gut gehen – aber auch schlecht gehen. Mir fällt es jedenfalls immer schwer, beim Bäcker mit norwegischen Kronen zu bezahlen. Letztlich sind es alles ungedeckte Papiergeldwährungen. Und wenn Euro, Dollar oder Yen crashen, werden auch alle anderen unter Druck geraten. Dazu ist die Welt mittlerweile zu verwoben. Zudem sind gerade Währungen politische Märkte. Und in der Politik hat sich in letzter Zeit doch auch vieles seltsames getan. Das wäre mir zu heiß.

Zumal mittlerweile ja auch die Zentralbanken sehr von der Politik geprägt sind …

MW: Als die EZB den Gläubigerstatus aufgehoben hat, war Bundesbank-Chef Jens Weidmann der einzige, der dagegen gestimmt hat. Auch bei der EZB geht es spätestens seitdem nur noch um Politik. Rein ökonomisch würde jeder sagen, dass Griechenland aus dem Euro sollte. Es hätte ja im Grunde nie aufgenommen werden dürfen. Aber das ist nun der Status Quo. Wir geben die Hoffnung zwar nicht auf, dass noch ein politisches Umdenken stattfindet. Momentan sehen wir das aber leider nicht.

Sind die marktwirtschaftlichen Kräfte oder die politischen Eingriffe Schuld an der Krise?

MF: Zunächst hat man alle Regeln für die Finanzwirtschaft abgeschafft und damit dem Wahnsinn Tür und Tor geöffnet und jetzt lässt sich das nicht mehr einfangen. Trotzdem lassen wir es die Märkte nicht reinigen, sondern versuchen es mit einer Planwirtschaft zu lösen. Die massiven Eingriffe der Notenbanken sind nichts anderes als Planwirtschaft. Wenn Banken verstaatlicht und Aktionäre enteignet werden, hat das mit Marktwirtschaft nichts zu tun. In Irland gibt es zum Beispiel im Grunde keine private Bank mehr. Mit Verstaatlichungen den Kapitalismus zu retten erscheint uns skurril.

Und was ist das Ergebnis der ganzen Rettungsbemühungen? Griechenland geht es schlechter als je zuvor. Auch in Italien, Spanien oder auch Frankreich geht es schlechter als vor Einführung des Euro. Island ist da einen anderen Weg gegangen. Sie haben die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen und dadurch zwar fünf knallharte Jahre. Nun sind sie aber wieder auf dem Weg der Besserung – während die Eurozone die Probleme weiterhin mit viel Geld zu ertränken versucht. (mh)

Das Interview lesen Sie in gekürzter Form auch in AssCompact 07/2015, Seite 66f.