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29. April 2015
„Das Problem einer Pensionszusage liegt auf der Aktiv-, nicht auf der Passivseite“

„Das Problem einer Pensionszusage liegt auf der Aktiv-, nicht auf der Passivseite“

In dem kürzlich in AssCompact erschienenen Artikel „Explosionsgefahr in deutschen Bilanzen“ hat Prof. Dr. Thomas Dommermuth erläutert, dass vielen deutschen Unternehmen ihre Pensionsrückstellungen zur Belastung werden und deshalb gesetzliche Maßnahmen notwendig seien. Uwe Hummel, Fachberater bAV, widerspricht.

Stellungnahme von Uwe Hummel, bAV-Berater, Fachteam betriebliche ALTERSVORSORGE & Kapitalanlagen

Korrekterweise sind Pensionsrückstellungen Schulden für eine eingegangene schuldrechtliche Verpflichtung eines Unternehmens gegenüber einer versorgungsberechtigten Person, die in der Zukunft fällig wird. Ein Unternehmen spart hierdurch für eine gewisse Zeit Steuern. Diese Steuerersparnis wird aber nicht für die Finanzierung der schuldrechtlichen Verpflichtung als Rücklage auf der Aktivseite der Bilanz angespart, sondern landet sehr oft im großen Topf und führt zu Tantiemen und sonstigen „außerordentlichen“ Gewinnen. Das heißt, dass der Effekt der Steuerstundung schon während der Anwartschaftszeit „verfrühstückt“ wird. Mit anderen Worten: Es braucht keine gesetzlichen Regelungen (wie von Prof. Dr. Dommermuth gefordert) bezüglich der Rückstellungsbildung, sondern, es ist dringend notwendig, die Aktivseite unter die Lupe zu nehmen.

Seit Einführung von BilMoG ist das Saldierungsverbot aufgehoben und somit wird zumindest ansatzweise sichtbar, dass eine Unterdeckung der eingegangenen Pensionsverpflichtung vorliegt. Sicher sind die bisherigen Zinssätze bewusst geschönt, denn hätte man die Zinssätze so wie nötig bereits 2010 angesetzt, wäre die Bombe hoch gegangen und viele Firmen wären bilanziell überschuldet. Das war ja auch der Grund warum man BilMoG erst 2010 und nicht wie geplant 2009 eingeführt hat.

Nur zum Verständnis: mit Rückstellungen kann man nichts bezahlen, Rückstellungen sind Schulden. Und sind auch nicht mit Rücklagen zu verwechseln. Bezahlt wird mit dem Vermögen, das auf der Aktivseite steht, und genau hier liegen die Fehler.

Anders als Prof. Dr. Dommermuth hatten die Steuerberater in vergangenen Zeiten folgenden Spruch auf Lager: Ein niedriger Aktivwert versus hohen Rückstellungen senkt die Steuerlast. Von vielen Steuerberatern wurde die Pensionszusage nur als Steuersparmodell betrachtet und nicht als Altersvorsorge gesehen.

Aber die Definition lautet wie folgt: Die Pensionszusage ist eine arbeitsrechtliche Vereinbarung zwischen dem Versorgungsberechtigten und dem Unternehmen (Versorgungsverpflichteten), die sich aus dem Arbeitsrecht begründet und eine steuerliche Auswirkung hat. Niemals anders herum!

Noch heute weigern sich etliche Steuerberater, anzuerkennen, dass weder die „Heubeck“-Rückstellungen noch die BilMoG-Rückstellungen den tatsächlichen Kapitalbedarf mit der üblichen Versicherungsmonokultur darstellen. Als Experte für eigenkapitalgedeckte Sachwertrückdeckungen habe ich diese Problematik schon seit Jahren erkannt und habe entsprechend reagiert.

Ein Beispiel:

Zusage 4.090 Euro, Endalter 65 Jahre 

  • Heubeck-Rückstellung nach § 6a EStG: 700.575 Euro (Passivseite Steuerbilanz)
  • BilMoG-Rückstellung: 818.945 Euro (Passivseite Handelsbilanz) 2014
  • Tatsächlicher Kapitalbedarf Versicherungslösung: 1.250.000 Euro (Aktivseite Planvermögen)
  • Tatsächlicher Kapitalbedarf Sachwertlösung: 818.000 Euro (Aktivvermögen zum Rentenbeginn)
Fazit:

Nein, wir brauchen keine gesetzlichen Eingriffe bei der Rückstellungsbildung, sondern wir brauchen die Erkenntnis, dass mit der Aktivseite gezahlt werden muss und die Steuerersparnis während der Ansparphase für den Kapitalaufbau genutzt werden muss und nicht zweckentfremdet verwendet werden sollte.

Eine flexible Rückstellungsgestaltung würde das BilMoG auf den Kopf stellen und nichts nützen, denn wie schon dargelegt, muss zum Fälligkeitszeitpunkt genügend Geld vorhanden sein, um die schuldrechtliche Verpflichtung bezahlen zu können. Selbst wenn man die Rückstellungen wieder auf 6% nehmen würde, würden diese zwar kleiner, aber an der Tatsache, dass man mit Rückstellungen nichts bezahlen kann und der Kapitalbedarf wesentlich höher ist, ändert der Vorschlag von Herr Prof. Dr. Dommermuth rein gar nichts.

Man sollte auch nicht vergessen, dass durch die Unternehmenssteuerreform seit 2008 die bisher ersparten Steuern erheblich höher waren und somit auch klar wird, dass die Mandanten mangelhaft beraten wurden. Traurig, aber wahr.

Nicht die Rückstellungen sind also das Problem, sondern die fehlenden Mittel auf der Aktivseite. Das Problem einer Pensionszusage liegt auf der Aktivseite, nicht auf der Passivseite!

Und übrigens: In Sachen Rating schaut sich eine Bank ja nicht nur die Bilanz an, sondern auch den Anhang. Glaubt irgendjemand, dass die Banken diesen „Taschenspieler-Trick“ nicht durchschauen und sich den tatsächlichen Bedarf nicht ausrechnen können.“ Ich berechne dies in weniger als zwei Minuten. Das kann eine Bank auch.

Hier geht es zum Artikel „Explosionsgefahr in deutschen Bilanzen“ von Prof. Dr. Thomas Dommermuth, Steuerberater und Vorsitzender des Beirats der Institut für Vorsorge und Finanzplanung GmbH.