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1. Juni 2018
„Eine Dashcam ist kein Allheilmittel“

„Eine Dashcam ist kein Allheilmittel“

Der BGH hat entschieden, dass Dashcam-Aufnahmen unter bestimmten Umständen als Beweismittel zulässig sind. Auch Versicherer werden wohl künftig auf solche Bilder zur Klärung eines Sachverhalts zurückgreifen, so Dr. Tibor Pataki, Leiter Kraftfahrtversicherung beim GDV. Doch die Technik lässt sich auch missbrauchen.

Herr Dr. Pataki, Welche Auswirkungen hat das aktuelle BGH-Urteil, wonach Dashcam-Aufnahmen unter bestimmen Umständen als Beweismittel zulässig sind, auf die Versicherungsbranche?

Die Dashcam-Aufnahmen erleichtern die Aufklärung von Unfällen. Sie sind ein zusätzliches Beweismittel, mit dessen Hilfe der Versicherungsnehmer seiner Versicherung einen bestimmten Sachverhalt darlegen kann.

Werden denn die Versicherer in der Praxis dann auch auf Bilder der Minikameras zurückgreifen?

Man wird davon ausgehen können, dass auch die Bilder aus einer solchen Minikamera für die Aufklärung des entsprechenden Sachverhalts genutzt werden. Die Aufnahmen bilden eine Ergänzung zu gängigen Informationsquellen wie Zeugenaussagen, der polizeilichen Unfallakte oder auch der Schilderung durch den Versicherungsnehmer selbst.

Dashcam-Anbieter rühren nun verstärkt die Werbetrommel. Worauf ist bei der Nutzung einer Dashcam zu achten?

Wichtig ist bei der Nutzung einer Dashcam, sich datenschutzrechtlich korrekt zu verhalten. Der BGH hatte ja zu entscheiden, ob im Einzelfall anlasslose Aufnahmen einer Dashcam genutzt werden dürfen, die eigentlich einen Verstoß gegen die datenschutzrechtlichen Vorschriften darstellen. Das Gericht hat gleichzeitig in einem sogenannten obiter dictum, also einer Art Nebensatz, erläutert, wann eine Nutzung solcher Aufnahmen grundsätzlich zulässig sein könnte, nämlich im Falle einer kurzen, anlassbezogenen Aufnahme. Dies geschieht zum Beispiel durch ein dauerndes Überschreiben der Aufzeichnungen in kurzen Abständen und Auslösen der dauerhaften Speicherung erst bei Kollision oder starker Verzögerung des Fahrzeuges.

Wer sich also eine solche Dashcam kauft, sollte ein Modell wählen, das nicht gegen Datenschutzvorgaben verstößt, um sich nicht in einen rechtlichen Graubereich zu begeben. Dies kann ja auch Bußgelder zur Folge haben. Zudem sollten Autofahrer eine qualitativ gute Dashcam kaufen. Schließlich bringt es nichts, wenn die Bilder von schlechter Qualität sind und damit nicht verwertbar. Zudem ist aus Sicherheitsgründen darauf zu achten, dass die Kamera sicher befestigt ist.

Empfehlen Sie Versicherten denn den Einbau einer Minikamera?

Jeder Fahrer muss selbst entscheiden, ob er sich eine Dashcam anschaffen möchte. Eine Dashcam ist kein Allheilmittel. Die Aufnahmen können qualitativ zu schlecht oder wenig beweiskräftig sein. Der Versicherer muss nach wie vor stets den konkreten Einzelfall prüfen auf Basis aller Informationen bzw. Beweismittel, die er bekommt.

Welche neuen Möglichkeiten sehen Sie durch den Einsatz von Minikameras, um Versicherungsbetrug aufzudecken?

Eine Dashcam kann sicherlich helfen, Versicherungsbetrug zu bekämpfen, zum Beispiel bei einem Auffahrunfall. Wenn das vorausfahrende Auto plötzlich abrupt ohne Grund bremst und der Hintermann auffährt, lässt sich anhand einer Aufnahme vielleicht erkennen, ob es sich um einen provozierten Unfall gehandelt hat. Aber andererseits kann es natürlich auch sein, dass eine Dashcam für abgesprochene Unfälle missbraucht wird. Hier könnten sich neue Betrugsmuster ergeben.