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Management & Vertrieb
21. Juli 2017
„Es gibt keinen Verkauf“ – Menschen müssen aktiviert werden

„Es gibt keinen Verkauf“ – Menschen müssen aktiviert werden

Der klassische Verkaufsprozess hat ausgedient, meint der Verhaltenstrainer Karsten Brocke, der hierzu eine eigene Kommunikationsform entwickelt hat. Ein Schwerpunkt liegt dabei in der „Aktivierung“ von Menschen.

Herr Brocke, wir sprechen in unserer Branche oft davon, dass Versicherungen verkauft werden müssen. Sie verblüffen Zuhörer bei Ihren Auftritten aber mit der Aussage, dass es gar keinen Verkauf gibt. Sie haben deshalb in den vergangenen Jahren sogar eine neue Kommunikationsform entwickelt und begründet. Was verbirgt sich hinter Ihrer Excitare Kommunikation®?

Ja, das stimmt. Excitare-Kommunikation® – excitare ist lateinisch und bedeutet aufwecken, anregen, aufschrecken oder auch ermuntern – ist eine Kommunikationsform, die ich seit dem Jahr 2008 praktiziere und die sich einer ständigen Weiterentwicklung nicht entziehen kann. Sie dient der zwischenmenschlichen Kommunikation, die auf die bewusste Aktivierung des Kommunikationspartners mithilfe von Beeinflussung zielt.

Erklären Sie uns das bitte etwas genauer.

Gern. Die wesentliche Absicht der Excitare-Kommunikation® ist es, eine Einstellungsänderung beim Menschen hervorzurufen, die letztlich in eine Verhaltensänderung mündet. Dabei spielt die Selbsterkenntnis des Kommunikationspartners – zum Beispiel eines Kunden oder Konsumenten – eine zentrale Rolle. Anders ausgedrückt: Es entsteht in ihm – damit meine ich wieder beispielsweise einen Kunden oder Konsumenten – eine Kauf- oder Wahlentscheidung.

Wie sind Sie überhaupt darauf gekommen, den Kommunikationsprozess beim Verkaufen auf den Prüfstand zu stellen, und wieso ist das für Sie so wichtig?

Mir fiel auf, dass bei der Nutzung neuer Plattformen, wie etwa Ebay oder Amazon, keinerlei „Verkäufer“ mehr am Markt tätig sind, sondern nur Anbieter. Die Frage ist: Was ist hier in den letzten Jahren passiert? Menschen, die kaufen wollen, tummeln sich oft am Tag – und auch in der Nacht – im Netz und werden selbst aktiv. Also: Sowohl Anbieter als auch Käufer werden aktiv. Eine beachtliche Massenbewegung! Die Welt hat sich unfassbar gewandelt.

Was meinen Sie damit?

Meine Überlegung war folgende: Es muss doch einen Grund geben, weshalb so viele Menschen keine Entscheidungen treffen, obwohl sie sie unmittelbar betreffen und sie notwendig und richtig sind. Die Frage ist: Was muss nun getan werden, insbesondere in den Sprach- und Denkmustern, um einen Kaufprozess im Menschen anzustoßen, denn der Verkaufsprozess ist ja nun ernsthaft zu hinterfragen. Es stellt sich heute die Frage: Wie werde ich ein Kauf­anreger und wie komme ich weg vom alten Verkaufen. Als Mitglied der Akademie für neurowissenschaftliches Bildungsmanagement (AFNB) habe ich Zugang zu den neuesten Erkenntnissen der modernen Hirnforschung und konnte bei meinen Studien wissenschaftliche sowie nachvollziehbare Lösungsansätze und beweisfähige Beurteilungen zur Excitare-Kommunikation® sowie zu den Wahlprozessen des menschlichen Gehirns gewinnen. Menschen müssen heute menschlich aktiviert werden.

Nun unterscheiden Sie hierbei zwei „Denkmuster“, die zu Entscheidungen beim Menschen führen.

Ja. Es geht um die zwei grundlegenden Ansätze eines „Wahl- oder Kaufprozesses“ im Gehirn eines Menschen. Die Frage ist: Treffen wir Entscheidungen aufgrund rationaler oder emotionaler Gründe oder auf der Grundlage beider Systeme?

Der „Homo-Oeconomicus-Ansatz“ besagt: Idealtyp eines Entscheiders ist der, der zu uneingeschränktem rationalem Verhalten fähig ist. So beschreibt es Prof. Dr. Jean-Paul Thommen (Head of Chair, Chair of Organizational Behavior) im Gabler Wirtschaftslexikon. Wenn es an dem wäre, so meine innere Erkenntnis, dann wären viele Entscheidungen nicht so, wie sie getroffen wurden und werden. Denn dann würde ja ein Mensch zum Beispiel vorab Vorsorge treffen. Der Behavioral-Economics-Ansatz besagt: Entscheidungen werden im menschliche Gehirn ganzheitlich getroffen und dabei spielen emotionale, genetische und auch irrationale Bewertungen eine große Rolle. So weit die Verhaltensökonomie. Durch die Aktivierung, also das Bewusstmachen dieser emotional besetzten irrationalen Denkmuster, wird dem Menschen klar, dass er selbst und für sich selbst verantwortlich ist. Mit der Excitare-Kommunikation® und der FAIRkaufstechnologie© wird dem Menschen nun eine innere Klarheit geschaffen und er begreift: „Das, was auf mich zukommt, betrifft mich wirklich!“

Haben Sie dazu ein Beispiel?

Klar. Verständlich wird das Bewusstwerden durch Aktivierung anhand der Trennung von Wünschen und Zielen in Beratungsgesprächen. In fast allen Analysen auf dem deutschen Markt wird der Kunde nach seinen Wünschen und Zielen befragt. Kaum eine Kundenanalyse kommt mittlerweile ohne diese Befragung aus. Das Bemerkenswerte dabei ist, dass unzähligen Menschen die Unterschiede zwischen Wünschen und Zielen gar nicht bekannt sind. Das bedeutet, ihnen wird überhaupt nicht klar – das ist die intrinsische Betrachtung –, ob sie über Wünsche oder über Ziele reden. Das ist wichtig, denn für Wünsche hat kein Mensch Geld, für Ziele aber hat ein Mensch Geld. Diese Trennung von Wunsch und Ziel ist einer der Schlüssel zur Eigenaktivierung eines Menschen.

Was bedeutet dies beim Verkaufsprozess genau?

Gute Frage. Wenn ein Mensch selbst erkennt: Es ist „mein Ziel“, dieses oder jenes zu besitzen oder zu erreichen, wird er aktiv und versucht ernsthaft, sein Ziel zu erreichen – siehe wieder das Beispiel Ebay. Solange er in Wünschen schwelgt, wird er nicht aktiv werden. Ich habe dazu in meinem letzten Buch „Wenn Du siegen willst, lass andere gewinnen“ ein Beispiel zur Aufklärung gezeichnet. Die rationale Erkenntnis – das Bewusstsein – verbunden mit der emotionalen Erkenntnis – dem Gefühl – trägt dazu bei, dass ein Mensch selbst erkennt: „Ich muss etwas tun – es geht um mich und es geht um mein Leben!“ Dabei wird im präfrontalen Stirnlappen, also dem Arbeitsgedächtnis, eine Erwartungshaltung erzeugt, die es zu erfüllen gilt. Nun feuert der Nucleus Accumbens im limbischen System. Es wird ein Gefühl des „Habenwollens“ erzeugt. Denn nur wenn diese gedachte Erwartungshaltung im Arbeitsgedächtnis erfüllt wird, entsteht eine Art der inneren Belohnung für die richtige Entscheidung, eben ein positives Gefühl. Menschen, die selbst aktiv werden, insbesondere bei ihrer eigenen Vorsorge, um bei diesem Beispiel zu bleiben – und das ist ja eher selten –, werden nunmehr alles daran setzen, ihre Vorsorge selbst zu optimieren. Wenn sie dann erkennen: „Ich kann es mir leisten, es passt und es hat Sinn“, werden sie daraufhin ihre Entscheidungen treffen.

Wie also stößt man einen Kaufprozess an und kommt so weg vom „Verkauf“?

Es gibt wirklich keinen Verkauf, ohne vorab einen Kaufprozess im anderen Gehirn auszulösen. Es gibt eben nur einen Wahl- oder Kaufprozess. Ich werde im Vortrag erläutern, wie so ein Prozess in unserem Gehirn abläuft und wie lange es bis zur Bewusstwerdung dauert – was wirklich passiert und wieso Menschen eine Wahlentscheidung treffen und kaufen. Hier spielen viele Grundmotive in uns eine wesentliche Rolle, aber vor allem das antizipatorische Denken von Menschen. Die Bewusstwerdung dieser Prozesse ist sehr sinnstiftend und macht Mut, diesen Prozess aktiv herbeizuführen.

Wie herbeiführen?

Durch die Aktivierung von Menschen mit der Methodik der Beeinflussung ist es möglich, Kaufprozesse anzustoßen und dafür zu sorgen, dass ein Mensch kauft – weil er kaufen will. Das Besondere daran ist, dass er es selbst will und nicht manipuliert, sondern aktiviert wird. Diesen Moment der Entscheidungsfindung beim Menschen nennen zum Beispiel Holger Jung und Jean-Remy von Matt „Momentum“.

Den Text lesen Sie auch in AssCompact 07/2017, Seite 96 f.

 
Ein Artikel von
Karsten Brocke

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Wilfried Strassnig am 21. Juli 2017 - 10:01

Dies gilt schon seit Urzeiten. Wird nur seit Jahren durch die Hirnforschung bestätigt. Deswegen ist es so wichtig den Kunden in der Sprache anzureden die er versteht. Das ist mit großer Sicherheit nicht dieselbe die in überbordender Produktpreisung von den Firmen verwendet wird. Alles zu langatmig und selbstlobend. Glaubt kein Kunde mehr, da er das im Laufe der Jahre zu oft gehört hat.