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18. August 2014
„Honorar-Anlageberatung und Provisionsberatung müssen strengstens getrennt werden“

„Honorar-Anlageberatung und Provisionsberatung müssen strengstens getrennt werden“

Die Anfang August eingeführten neuen Regelungen für Honorar-Finanzanlagenberater haben die Diskussion um das Für und Wider der Honorarberatung angeheizt. Befürwortern der Honorarberatung geht das neue Gesetz nicht weit genug. Nachgefragt bei Karl Matthäus Schmidt, Vorsitzender und Gründungsmitglied des Berufsverbands deutscher Honorarberater (BVDH).

Herr Schmidt, mit dem Honoraranlageberatungsgesetz soll die Honorarberatung weiter gestärkt werden. Sie erwarten sich aber mehr vom Gesetzgeber. Insbesondere fürchten Sie, dass sich Mischmodelle aus Provisions- und Honorarberatung etablieren. Wo liegen hier Ihre Bedenken?

Die Honorar-Anlageberatung und die Provisionsberatung müssen in der Praxis organisatorisch, funktional und personell strengstens getrennt werden. Bietet eine Bank oder ein Finanzdienstleister beide Dienstleistungen unter einem Dach an, müssen die jeweiligen Bereiche als eigenständige Einheiten geführt werden. Die Verpflichtung zur Trennung entfällt aber dann, wenn das Institut nicht den neu geschaffenen Begriffsschutz „Honorar-Anlageberatung“ für sich in Anspruch nimmt. Auch ohne den neuen Regelungen zu unterfallen, kann sich ein Institut Leistungen von seinen Kunden per Honorar vergüten lassen. Das Gesetz schreibt bedauerlicherweise gerade nicht vor, dass nur Honorar-Anlageberater ein Honorar nehmen dürfen. Da die Begriffe „Honorarberatung“ und „Honorarberater“ nicht geschützt sind, kann ein Institut unter Verwendung dieser Begriffe Beratung gegen Honorar und Beratung auf Provisionsbasis vermischen und das sogar bei ein- und demselben Kunden. Transparenz geht anders. Schutz vor solch intransparenten Mischmodellen bieten letztendlich nur die in dem neu geschaffenen BaFin-Register eingetragenen Honorar-Anlageberater.

Weiterhin fordern Sie, dass in der Honorarberatung alle von Produktanbietern gewährten Zuwendungen in vollem Umfang an den Kunden weiterzureichen sind – sowohl Abschlussprovisionen als auch Bestandsprovisionen. Zu viel Geld bleibt Ihrer Meinung nach auch bei Pools und Plattformen hängen. Oder wie ist Ihre diesbezügliche Kritik zu verstehen?

Die Kritik ist genau so zu verstehen. Das Gesetz regelt nur, dass die auf letzter Stufe gezahlten Zuwendungen ungemindert an den Kunden durchgereicht werden müssen. Was im Rahmen von mehrstufigen Vertriebsmodellen davor abgeschöpft wird, bleibt unberücksichtigt. Hier benötigen wir eine gesetzliche Klarstellung. Richtiger Anknüpfungspunkt wäre die von dem Produktanbieter gezahlte Provision und nicht das, was der Berater letztendlich erhalten hat.

Versicherungen bleiben vorerst komplett ausgeklammert. Beim LVRG müssen nun doch nicht die Provisionen in Euro und Cent ausgewiesen werden. Ärgert Sie das?

Die alleinige Ausweisung der Provisionen hätte den Forderungen des BVDH nicht Genüge getan. Der BVDH fordert seit jeher eine echte Kostentransparenz in Form einer Ausweisung der Gesamtkostenquote, einer Reduction in Yield – und zwar für alle Finanzprodukte. Diese gibt an, um wieviel Prozent die Rendite eines bestimmten Anlageprodukts jährlich durch die Kosten gemindert wird. Der Gesetzgeber geht hier mit dem Lebensversicherungsreformgesetz einen wichtigen Schritt – die Versicherer sollen ab dem 01.01.2015 verpflichtet werden, eine Gesamtkostenquote auszuweisen. Das begrüßt der BVDH. In der praktischen Umsetzung kommt es dann jedoch darauf an, dass tatsächlich alle Kosten bzw. alle die Kundenrendite schmälernden Positionen berücksichtigt werden. Entscheidend für den Anleger ist, was als Nettorendite nach Abzug aller Kosten übrigbleibt. Im Sinne eines umfassenden Verbraucherschutzes ist es zudem elementar, dass eine solche Gesamtkostenquote auch für alle anderen Finanzprodukte obligatorisch wird und nicht auf Versicherungsprodukte begrenzt bleibt.

Vermittlerverbände fordern, dass Vermittler auch beraten dürfen. Oft liegen die Felder eng beieinander. Warum sollten Versicherungsvermittler beispielweise im Schadenfall nicht beraten dürfen?

Es ist die ureigenste Aufgabe des Versicherungsvermittlers, im Schadensfall seinen Kunden einen entsprechenden Service zur Verfügung zu stellen. Die Argumentation der Versicherungsvermittler ist ja, dass hier keine zusätzlichen Honorare anfallen, da diese durch die Courtage bereits abgedeckt sind. Dies wird häufig als Wettbewerbsvorteil gegenüber der Honorarberatung dargestellt.

Sie wollen auch eine steuerliche Gleichstellung von Provisionen und Honoraren. Wie soll diese Ihrer Meinung nach aussehen?

Honorare sind bisher nicht steuerlich absetzbar. Provisionen sind dagegen im Produkt eingepreist und wirken damit steuermindernd. Um hier Wettbewerbsgleichheit zu schaffen, müssten Honorare gleichermaßen steuerlich absetzbar sein.

Ihr Verband zählt 1.500 Honorarberater. Die Zahl erscheint uns hoch. In welchen Bereichen sind diese tätig?

Ca. 1.800 bis 2.000 Honorarberater sind Schätzungen zufolge in Deutschland tätig. Die maßgeblichen Anbieter in der Honorarberatung – der VDH und die quirin bank – sind im BVDH organisiert und decken damit einen Großteil der Honorarberater ab. Die meisten Berater sind im Wertpapierbereich tätig, ca. 25 Prozent sind im Versicherungsbereich aktiv.

Würden Sie sich im Grunde ein Provisionsverbot wünschen?

Ja, ganz eindeutig. Die Erfahrungen in Großbritannien und den Niederlanden, wo bereits Provisionsverbote gelten, sind sehr positiv. Wir sind sicher, dass ein solches Verbot in den kommenden Jahren auch in Deutschland kommt. (mh)