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26. August 2016
„Schlagkräftige Verbraucherschutzstruktur“: Umstrittene Finanzmarktwächter ziehen erste Bilanz

„Schlagkräftige Verbraucherschutzstruktur“: Umstrittene Finanzmarktwächter ziehen erste Bilanz

Die Verbraucherschützer haben nach 18 Monaten eine erste Bilanz zum Finanzmarktwächter gezogen – und dabei seine Wichtigkeit bestätigt. Es sei gelungen, eine neue und schlagkräftige Verbraucherschutzstruktur aufzubauen. Auch die Deutsche Kreditwirtschaft sieht die ersten Monate positiv. Sie mahnt die Verbraucherschützer aber an, das Gebot der Neutralität zu wahren.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat eine erste Bilanz zu den Marktwächtern Digitale Welt und Finanzen gezogen. Nach knapp 18 Monaten Projektlaufzeit wurden demnach in den neuen Frühwarnnetzwerken über 6.800 auffällige Meldungen aus über einer halben Million Anfragen und Beratungen gesammelt und ausgewertet. Das entspricht etwa 100 bis 200 Meldungen pro Woche.

Zwölf Mal rechtliche Schritte

Seit Jahresbeginn haben die Marktwächter daraus sechs explizite Verbraucherwarnungen vor dubiosen Anbietern oder Maschen veröffentlicht. Dazu zählen unter anderem teure, aber nach Meinung der Verbraucherschützer nutzlose, Dienstleister, die Rückabwicklungen von Versicherungen anbieten. Zwölf Mal wurden darüber hinaus rechtliche Schritte gegen Unternehmen eingeleitet. Im Investmentbereich wurde zum Beispiel Solvium Capital wegen angeblicher Verstöße gegen das Vermögensanlagengesetz abgemahnt. Zudem hat die BaFin nach einem Hinweis des Marktwächters Finanzen der SPS Bank N.V. das unerlaubt betriebene Einlagen- und Kreditgeschäft untersagt.

Die unglorreichen Sieben

Sieben Untersuchungen des Finanzmarktwächters haben den Verbraucherschützern zufolge zudem Mängel bei Themen wie Lebensversicherungen, Graumarktprodukten oder Vergleichsportalen offenbart. Unter anderem seien die jährlichen Standmitteilungen von Lebensversicherungen oft zu intransparent, ein Viertel davon würde nicht einmal den rechtlichen Anforderungen genügen. Dies wird von Branchenvertretern allerdings bezweifelt. Der Branchendienst versicherungstip hat zum Abgleich aktuelle Standmitteilungen von zwei der beschuldigten Unternehmen unter die Lupe genommen und dabei keinen Gesetzesverstoß entdeckt.

Erfolgreicher Dreiklang

Nach Meinung der Initiatoren jedoch rechtfertigen die vorgelegten Zahlen und Fälle die Einrichtung der Institution. Sie würden eindeutig aufzeigen, dass sich die Marktwächter als eine wichtige Stütze der Aufsichtsbehörden und des Verbraucherschutzes etabliert haben. „Es ist uns gelungen, eine neue und schlagkräftige Verbraucherschutzstruktur aufzubauen. Der Dreiklang aus warnen, über Risiken aufklären und die Verbraucherinnen und Verbraucher schützen, zeigt Wirkung“, kommentiert Ulrich Kelber, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) die ersten Ergebnisse. „Die Marktwächter wirken. Bereits nach kurzer Projektlaufzeit zeigt sich, dass wir den Verbraucherschutz in Deutschland deutlich stärken können“, ist auch Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), zufrieden mit Bilanz der ersten 18 Monate. Der Bedarf an evidenzbasierter Marktbeobachtung aus Verbrauchersicht sei bestätigt worden. Die Funktion des Marktwächters wurde nicht nur im Finanzbereich eingeführt, sondern auch für Projekte aus der digitalen Welt.

Erhöhte Qualität und Transparenz des deutschen Finanzmarktes

Auch die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) fällt mit Blick auf die Zwischenbilanz ein insgesamt positives Gesamturteil. Der Finanzmarktwächter habe im ersten Jahr seines Bestehens zur Fortentwicklung der Qualität und Transparenz des deutschen Finanzmarktes beigetragen. „Insbesondere das Frühwarnnetzwerk zwischen den Verbraucherzentralen kann zu einem schnelleren Erkennen unseriöser Anbieter beitragen“, so die DK. Das sei im Interesse der Anleger und könne langfristig zu einer wachsenden Anlagekultur führen. Wichtig sei aber, dass der Finanzmarktwächter seine Aufgaben im Gebote der Neutralität ausübe. Als reines Sprachrohr der Verbraucher, könne er seine ordnungspolitische Aufgabe nicht erfüllen. (mh)