AssCompact suche
Home
Management & Vertrieb
18. April 2018
„Softwarehäuser liefern sich einen harten Wettbewerb“

„Softwarehäuser liefern sich einen harten Wettbewerb“

Die IT-Dienstleister im Finanz- und Versicherungsvertrieb verändern sich. Ihr Einfluss wächst, gleichzeitig wird der Wettbewerb unter den Softwarehäusern härter, erzählt  mit Matthias Brauch, Geschäftsführer der softfair GmbH, im Interview.

Herr Brauch, wie groß ist mittlerweile die Macht der IT-Dienstleister in der Versicherungswirtschaft?

Den Einfluss, den wir IT-Dienstleister als Lösungsanbieter in Zeiten der Digitalisierung haben, wird heute kaum noch unterschätzt. Kaum ein Prozess oder ein Verkaufsgespräch läuft ohne IT-Unterstützung. Tarife professionell zu vergleichen, wird vom Gesetzgeber seit Jahren gefordert. Ebenso muss der Bedarf des Kunden über den reinen Produktverkauf hinaus analysiert werden. Beides ist ohne Softwareunterstützung undenkbar. Effizientere Prozesse und Kostenersparnisse in Unternehmen laufen ebenfalls nur über die IT. Vor allem der Zwang zur Effizienzsteigerung durch die Konzentration auf kleinteiligeres Geschäft wie Komposit führt zu einem verstärkten Fokus auf die IT und stärkt damit auch die Rolle der IT-Dienstleister.

Was sind dabei für Sie die wichtigsten Entwicklungen am Markt der Dienstleister?

Wir befinden uns trotz des erhöhten Bedarfs an IT-Dienstleistungen in einer Zeit der Konsolidierung. Der ehemals zersplitterte Markt der reinen IT-Dienstleister ist überschaubar geworden, da viele kleinere Dienstleister mit dem rasanten technischen Wandel nicht mehr mithalten können. Im Markt setzen sich zudem die ganzheitlichen Dienstleister durch; die reinen Vergleichshäuser werden weniger, auch wenn es einen kurzfristigen Trend hin zu auf bestimmte Sparten spezialisierte InsurTechs gibt. Aber auch diese müssen ihr bisweilen spitzes Leistungsangebot verbreitern oder werden in Kooperationen aufgehen.

Der Wettbewerb unter den Softwaregiganten ist also hoch?

Ja, auch wenn es mir schwerfällt, von „Softwaregiganten“ zu reden. Der Markt für Maklersoftware wird bestimmt von – im Vergleich zu anderen Branchen – kleinen, hochspezialisierten Softwarehäusern, die sich einen harten Wettbewerb liefern. Die Erklärung dafür ist einfach: Es gibt kaum neue unabhängige Vertriebe und Großmakler, unser „Neugeschäft“ besteht fast ausschließlich aus einem Verdrängungswettbewerb. Insbesondere kleinere und mittlere Hersteller von Verwaltungssystemen leiden hierunter.

Auch softfair hat sich verändert. In diesem Jahr feiert Ihr Haus 30. Geburtstag. Wie würden Sie denn die softfair von vor 30 Jahren und das Unternehmen von heute vergleichen bzw. vorstellen?

Vor allem ist softfair in den letzten acht bis zehn Jahren stark gewachsen und konnte die Anzahl der Mitarbeiter sowie Umsatz und Ertrag vervielfachen. Zwischenzeitlich sind gut 100 Mit­arbeiter für uns tätig, über die Hälfte davon sind Entwickler.

Am Anfang spezialisiert auf den Kranken­versicherungsvergleich haben wir uns in drei Jahrzehnten zum Markt­führer für Analyse- und Vergleichsprogramme über sämtliche Sparten im Maklermarkt sowie zu einem Wegbereiter für ganzheitliche Prozesse im Versicherungsvertrieb entwickelt. Mit dem Wachstum kommen natürlich neue Herausforderungen im Hinblick auf interne Strukturen und Prozesse auf uns zu. Wir achten jedoch darauf, dass wir unsere Flexibilität gegenüber Kunden und Entwicklungen nicht verlieren und weiterhin schnell auf Ver­änderungen reagieren können.

Mittlerweile gehört softfair zur Finanzsoft GmbH und ist damit nahe am Maklerpool Fonds Finanz. Gibt Ihnen das die Ruhe und die Finanzkraft, auf den von Ihnen angestrebten Expansionskurs zu gehen?

Auf jeden Fall ist die Zukunft von softfair und die offene Nachfolgeregelung geklärt. Das gibt sowohl unseren Mitarbeitern Sicherheit als auch unseren Kunden. Finanzsoft mit der Nähe zu Fonds Finanz ist ein guter Treiber und sorgt dafür, dass wir neutral bleiben und im Sinne unserer Stammklientel die Programme entwickeln.

Die Prämisse ist: Beide Unternehmen agieren getrennt voneinander und müssen jeweils für sich selbst erfolgreich sein. Alle Ressourcen sind strikt getrennt. Fonds Finanz hat weiterhin seine eigene IT-Abteilung. Und beide Geschäftsmodelle funktionieren in den jeweiligen Märkten auch mehr als gut. Der Markt beobachtet dies genau, gibt uns aber das Vertrauen. Nach dem Inhaberwechsel konnten alle Kunden gehalten werden; anfängliche Kündigungen wurden zurückgezogen, mehrere Großkunden hinzugewonnen. Ich habe auch weiterhin nicht vor, dieses Vertrauen zu enttäuschen.

Wie sieht der Kurs denn konkret aus?

Bei softfair gibt es eine klar formulierte Vision: Wir wollen in allen technischen Belangen – den Bereich Vertriebs-IT betreffend – der erste und einzige Ansprechpartner für Großkunden in der Assekuranz wie Vertriebe, Pools und Großmakler sein. Auch Versicherungsgesellschaften zählen wir vermehrt zu unseren Kunden, für die wir führender Dienstleister für Vertriebs-IT werden wollen.

Mit Trixi haben Sie schon vor drei Jahren einen Vergleichsrechner zugekauft. Gibt es eine Art Einkaufsliste für weitere Unternehmen?

Ganz sicher nicht um der schieren Größe willen. Gemeinsam mit Finanzsoft schauen wir aber nach interessanten Playern, die uns ergänzen könnten. Bei Trixi war das der Fall – als einer der führenden Anbieter im Kfz-Vergleich. Zwischenzeitlich haben wir Trixi in unsere Programmwelt überführt und können unseren Anwendern die ausgesprochen leistungsstarke Kfz-Vertriebssoftware auf Basis moderner Technik anbieten.

Was ist bei der softfair-Entwicklung insbesondere für Versicherungsmakler oder auch Pools interessant?

Dazu zählen die Komplettierung der Angebotswelt und die konsequente Ausrichtung an einer neutralen Betrachtung von Produkten und Tarifen. Neutralität ist unsere DNA, wir partizipieren beispielsweise nicht an Provisionen. Unsere Kunden setzen auch auf uns, weil wir eine Ganzheitlichkeit der digitalen Prozesse gerade in den Zeiten stetig steigender regulatorischer Anforderungen innerhalb unserer Programme vertriebs- und verbraucherfreundlich umsetzen. Die IDD hat dies jüngst wieder gezeigt, als wir als einer der wenigen Hersteller von Vergleichsprogrammen eine IDD-konforme Beratungslösung pünktlich zum 23.02.2018 anbieten konnten.

Bei der digitalen Modernisierung gab es lange Zeit nur das Thema InsurTech. Hat man dabei die „guten alten IT-Dienstleister“ der Branche unterschätzt?

Man hat Firmen wie uns lange nur als „Vergleicher“ oder „MVP-Hersteller“ wahrgenommen. Dass wir seit Jahren die Prozesse mitgestalten und optimieren, war kaum bewusst. Neueinsteiger scheitern jetzt daran, dass es in der Branche eine Vielfalt unterschiedlicher Prozesse gibt, welche sie erst verstehen müssen. Ebenso daran, dass die Daten bei etablierten Herstellern liegen.

Welche Innovationen stehen denn dann in den Startlöchern?

Mit unserem Beratungstool für das Firmenkundengeschäft, dem GewerbeLotsen, haben wir uns in einen neuen Bereich gewagt. Innerhalb eines Systems sind der klassische Vergleichsrechner und eine Angebotsplattform für komplexere Risiken vereint. Diese Angebotsplattform wollen wir auf die Personenversicherungssparten ausweiten. Des Weiteren arbeiten wir an der Weiterentwicklung unseres FinanzLotsen 3.0. Wir streben hier eine Zertifizierung nach DIN im ganzheitlichen Beratungsprozess an. Zudem sind wir dabei, unser AkquiseCenter weiterzuentwickeln hin zu einem ganzheitlichen CRM-System.

Und wo geht es mit etwas längerfristiger Perspektive hin?

Gerade hatten wir den Kick-off für ein neues Bestands­system. Es soll in Zukunft unser bisheriges Bestandssystem finorm ablösen. Zudem werden wir uns noch stärker als Analysehaus positionieren.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 04/2018, Seite 110 f.

 
Ein Artikel von
Matthias Brauch