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Steuern & Recht
9. Juli 2015
„Was geht in Bezug auf Vergütungsmodelle? Alles!“

„Was geht in Bezug auf Vergütungsmodelle? Alles!“

Dürfen Versicherungsmakler gegenüber Privatkunden alternative Vergütungsmodelle nutzen? Und welche gesetzlichen Regelungen gibt es diesbezüglich? Fachanwalt für Versicherungsrecht Norman Wirth diskutiert und kommentiert dieses umstrittene Thema für AssCompact.

Die Frage „Dürfen Versicherungsmakler gegenüber Privatkunden alternative Vergütungsmodelle nutzen?“ wurde noch vor fünf Jahren von der Mehrheit der Fachleute und Marktteilnehmer bis hin zu Aufsichtsbehörden und Verbänden deutlich mit einem teilweise sogar aggressiven und dogmatischen „Nein!“ beantwortet. Dahinter steht die Annahme, dass wir hier über das seltsame Wort „Honorarberatung“ reden. Ein Wort, das nicht definiert ist und daher so unendlich viel Spielraum auch für Auslegungen und polemische Meinungsäußerungen lässt. Also was ist Honorarberatung? Das, was ein Anwalt, Arzt oder Steuerberater macht, ist häufig Honorarberatung. Insofern die beratende Tätigkeit für den Kunden gegen Vergütung durch den Kunden.

Alternative Vergütungsmodelle

Lassen Sie uns statt von Honorarberatung lieber von alternativen Vergütungsmodellen sprechen. Alternative wozu? Zur Courtage. Ja, vielleicht auch. Aber wir dürfen das Wesentliche nicht vergessen – zur kostenlosen Tätigkeit. Zur Tätigkeit des Maklers also, die – wie selbstverständlich – ohne adäquate Vergütung ausgeübt wird.

Jeder Makler kennt doch solche oder ähnliche Situationen: Der potenzielle Kunde lässt sich stundenlang beraten, mehrere Angebote ausdrucken und geht dann wieder, um zu Hause im Internet abzuschließen. Oder: Der Kunde kommt und lässt erst einmal drei Ordner unsortierter Unterlagen da und erwartet, dass erst einmal alles sortiert und sich hier ein Überblick verschafft wird. Oder: Das Haus des Kunden brennt ab und sein Makler fühlt sich verpflichtet, tagelang auf der Brandstätte mit den Gutachtern zu stehen und im Sinne des Kunden mit ihnen zu diskutieren.

Bekommt der Makler für diese Tätigkeiten üblicherweise eine angemessene Vergütung? – Nein.

Warum diskutieren wir hier diese Problematik nur in Bezug auf Privatkunden? Weil es bei der Frage in Bezug auf Nicht-Verbraucher eine klare gesetzliche Regelung gibt.

Gesetzliche Regelung

In § 34 d Absatz 1 Satz 4 Gewerbeordnung (GewO) heißt es „Die einem Versicherungsmakler erteilte Erlaubnis beinhaltet die Befugnis, Dritte, die nicht Verbraucher sind, bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen gegen gesondertes Entgelt rechtlich zu beraten …“

Damit ist der Versicherungsmakler dem Versicherungsberater (§ 34 e GewO) in Bezug auf Gewerbekunden gleichgestellt. In dem Fall ist also keine Vermittlungsabsicht – geschweige denn ein Vermittlungserfolg – erforderlich.

Ergibt sich daraus schon im Umkehrschluss, dass Versicherungsmakler für die Verbraucher nicht gegen Entgelt tätig sein dürfen? Hier gilt, dass der oben zitierte § 34 d Abs. 1 Satz 4 GewO als sogenannte Erlaubnisnorm formuliert ist. Er erweitert die Befugnisse der Makler. Ein Grundsatz der Art aber: „Was nicht erlaubt ist, ist verboten“, ist dem öffentlichen Recht fremd. Der Umkehrschluss kann insofern keinesfalls als logische Folge gezogen werden. Diese schlichte Wahrheit wird regelmäßig in den einschlägigen Diskussionen zu diesem Thema übersehen.

Zwei Fragen in Bezug auf die Problematik

1. Ist die jeweils fragliche Tätigkeit des Versicherungsmaklers erlaubt bzw. gibt es ein gesetzliches Verbot?

2. Wenn die Tätigkeit grundsätzlich vom Makler ausgeführt werden kann, darf er dafür eine Vergütung vom Kunden bekommen?

Zu 1.: Ist die jeweils fragliche Tätigkeit des Versicherungsmaklers erlaubt bzw. gibt es ein gesetzliches Verbot?

In Bezug auf das gesetzliche Verbot gibt es einige immer wieder diskutierte Punkte:

– Betreuung des Kunden

Das ist selbstverständlich erlaubt. Vielfach wird vertreten, dass es sogar eine gesetzliche Pflicht zur Betreuung des Kunden nach Vertragsvermittlung gibt. Dem steht entgegen, dass der Gesetzgeber eine solche Pflicht in § 6 Abs. 4 VVG nur den Versicherern aufgegeben hat. Jedenfalls ist es usus und auch regelmäßig von den Kunden und Maklern gewollt, dass eine dauerhafte Betreuung stattfindet. Dies wird auch nahezu immer im Maklervertrag vereinbart, was unstreitig zulässig ist.

– Unterstützung im Schadenfall

Hier wird es schon strittig. Die Grenze zwischen zulässiger Betreuung und unerlaubter Rechtsberatung ist fließend. Damit befasste Gerichte entscheiden tendenziell eher für eine Zulässigkeit, zuletzt OLG Köln (Urteil vom 11.4.2014, Az. 6 U 187/13). Das wird regelmäßig damit begründet, dass es sich bei Schadensfallunterstützung um Rechtsdienstleistungen handelt, die als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Maklers gem. § 5 Absatz1 Satz 1 Rechtsdienstleistungsgesetz zulässig sind. Die Hauptleistung im Berufsbild des Versicherungsmaklers ist es, dem Kunden die Gelegenheit zum Abschluss eines Versicherungsvertrages zu bieten. Die Nebenleistungen ergeben sich regelmäßig aus dem privatrechtlichen Vertrag zwischen Makler und Kunde.

– Beratung mit dem Ziel des Abschlusses, wobei es – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu einem Abschluss kommt

Das ist selbstverständlich erlaubt. Erst muss schließlich beraten werden, um die objektiven und subjektiven Bedürfnisse des Kunden zu erfahren. Insofern ist diese Beratung gem. § 61 VVG sogar gesetzliche Pflicht.

– Sonderfall Tarifwechselberatung in der privaten Krankenversicherung (§ 204 VVG)

Das ist äußerst strittig. Das die ausschließliche Beratung eines Neukunden zum Tarifwechsel innerhalb der Gesellschaft einer privater Krankenversicherung gem. § 204 VVG so pauschal zulässig ist, wie es zuletzt der DIHK am 1.7.2014 verlautbart hat und wie auch das LG München (Urteil vom 16.05.2013, Az. 4 HK O 5253/12) geurteilt hat, wird hier in Zweifel gezogen. Beide setzen einen Tarifwechsel gem. § 204 VVG mit einem Neuabschluss eines Versicherungsvertrages gleich. Was irritierend ist, da es sich ganz klar nur um eine Vertragsänderung handelt und ein Neuabschluss eines PKV-Vertrages häufig gar nicht gewollt ist. Es ist also auch gut vertretbar, dass hierfür eine gewerberechtliche Zulassung als Versicherungsberater gem. § 34 e GewO erforderlich ist. Das letzte Wort dürfte eines Tages der BGH sprechen.

– Sonstige Nebendienstleistungen

selbstverständlich zulässig. Das betrifft zum Beispiel das Sortieren der Unterlagen, zur Verfügung stellen von Onlinezugriff auf die eigenen Daten etc.

– Vermittlung von Nettopolicen, Policen von Direktversicherern, Versicherungsverträgen ohne Courtagezusage:

alles zulässig.

Zu 2.: Wenn die Tätigkeit grundsätzlich vom Makler ausgeführt werden kann, darf er dafür eine Vergütung vom Kunden bekommen?

Der Gesetzgeber hat zur Frage der Vergütung von Versicherungsmaklern herzlich wenig abschließend geregelt.

Das ist aber auch gut so. Denn somit gilt: Es besteht umfassende Vertragsfreiheit zwischen Makler und Kunde. Tätigkeiten, die zulässig sind, weil sie nicht verboten sind oder sogar vom Gesetzgeber vorgeschrieben sind, kann sich ein Versicherungsmakler vergüten lassen. Jede Tätigkeit! Das gilt uneingeschränkt, soweit diese Tätigkeit entweder im Zusammenhang mit dem Versuch und der Umsetzung steht, dem Kunden die Gelegenheit zum Abschluss eines Versicherungsvertrages zu bieten. Das gilt aber auch, soweit Handlungen, wie die Betreuung oder zulässige Hilfe im Schadenfall als Folge zu bereits vermittelten Verträgen erfolgen. Es gilt zudem auch unabhängig davon, ob die Vergütung als Erfolgshonorar oder unabhängig von einem Erfolg vereinbart.

Was ist möglich?
  • Stundenhonorar für Beratung (mit dem Ziel des Vertragsabschlusses)
  • Quotenvereinbarung (z. B. für den Nachweis gleichwertigen Versicherungsschutzes zu einem günstigeren Preis)
  • Schadenbearbeitung (z. B. über Stundenhonorar)
  • Betreuungspauschale
  • Vermittlungsvergütung für die Vermittlung von Direktversicherungen, Nettotarife, Verträge ohne und mit Courtagezusage

Der letzte Punkt ist sicherlich am strittigsten.

Vergütungsvereinbarungen sind in Bezug auf Nettotarife für Verbraucher zulässig. Zur Gültigkeit von Honorarvereinbarungen in der Sparte Lebensversicherung gibt es bereits eine Reihe von BGH-Urteilen, welche die Zulässigkeit bestätigen. Beginnend im Jahr 2005 mit den ATLANTICLUX-Fällen bis in die letzten Monate, wo der BGH – erstaunlicher Weise – sogar für einen Versicherungsvertreter die Zulässigkeit einer gesonderten Vergütungsvereinbarung bei Vermittlung einer Nettopolice feststellte.

In den übrigen Fällen kann ein Versicherungsmakler selbstverständlich auch eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen. Hier gilt schon der Grundsatz der Privatautonomie und nirgends ist geregelt, dass sich ein Versicherungsmakler nicht für seine Tätigkeit bezahlen lassen darf. § 667 BGB ist aber ebenso zu beachten, wie die KickBack-Rechtsprechung des BGH.

Wenn dem Kunden transparent offengelegt wird, in welcher Höhe und wofür der Makler Courtage bekommt und sich Kunde und Makler darüber einig sind, dass darüber hinaus auch eine Honorar des Kunden an den Makler gezahlt wird, steht dem grundsätzlich nichts entgegen. Das Entscheidende ist, dass der Kunde keinen Anlass haben darf, später zu sagen „Wenn ich das gewusst hätte, dann wäre ich damit nicht einverstanden gewesen.“ Der Einwand, dass mit der Courtage alle Tätigkeiten des Maklers abgegolten seien und damit kein Honorar mehr genommen werden darf, sollte in Zeiten sinkender Courtagesätze dringend hinterfragt werden. Und zwar mit einem klaren „Warum eigentlich?“.

Exkurs

Ein gängiger Einwand gegen bestimmte alternative Vergütungsmodelle ist das Provisionsabgabeverbot. Eine Auseinandersetzung mit diesem Thema würde hier den Rahmen sprengen. Fakt ist jedoch: Es ist nach einem hervorragend begründeten Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main (24.10.2011 – 9 K 105/11.F) in seiner derzeitigen Ausgestaltung quasi tot und der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren keinerlei Anstrengung einer Wiederbelebung gezeigt. Er hätte die Chance gehabt. Jedoch weder beim LVRG noch bei der Novelle des VAG wurde er hierzu aktiv. Ein klares Signal.

Wie sind die angesprochenen Punkte umzusetzen? Immer schriftlich. Immer transparent.

Viele Aussagen und Thesen in diesem Beitrag sind unter Fachleuten umstritten und betreffen rechtliche Grauzonen. Hierüber werden derzeit jede Menge Doktor- und Masterarbeiten geschrieben. Wer sich als Makler konkret mit der Umsetzung von hier gegebenen Anregungen befassen will, sollte sich unbedingt fachkundig beraten lassen.

Eine gekürzte Version dieses Artikel wurde in der AssCompact 07/2015 veröffentlicht.

 
Ein Artikel von
RA Norman Wirth