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Vertrieb
23. Januar 2018
„Wir haben schon mehr als genug Einkommenseinbußen hinnehmen müssen“

„Wir haben schon mehr als genug Einkommenseinbußen hinnehmen müssen“

Einkommenseinbußen und Kostensteigerungen treffen die Ausschließlichkeit und nagen an der Profitabilität der Agenturen. Zudem treibt sie Fragen rund um Provisionshöhen, Vertriebssteuerung und Stornohaftung um. Die IDD-Umsetzung bereitet dem Exklusivvertrieb dagegen wenig Sorgen. Interview mit Marco Seuffert, Vorstandsvorsitzender des Arbeitskreis Vertretervereinigungen der Deutschen Assekuranz e.V. (AVV), Teil II.

Die Profitabilität des Exklusivvertriebs wird weiter eines der wichtigsten Schlagwörter bleiben. Sehen wir auf die Einnahmesituation. Sind weitere Einbrüche auf der Einnahmenseite zu erwarten?

Ich glaube, wir haben schon mehr als genug Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. Es wird jetzt mal wieder Zeit, dem massiv gestiegenen Aufwand entsprechend besser zu vergüten. Qualität hat ihren Preis und die Qualitätsanforderungen an die Vermittler sind in den letzten zehn Jahren um ein Vielfaches gestiegen. Weitere Einschnitte würden eine Abkehr aus verschiedenen Geschäftsfeldern nach sich ziehen. Ein Beispiel hierzu ist die Riester-Rente. Ein tolles Finanzprodukt, das aber enorm viel Aufwand macht. Daher haben sich viele Vermittler aus diesem Bereich zurückgezogen, was zur Folge hatte, dass die Unternehmen das Produkt eingestellt haben. In diesem Bereich verstehe ich auch die Verbraucherschützer nicht. Die haben dafür gesorgt, dass diese Produkte seit Einführung deutlich kostengünstiger wurden. Da sollte man dann, bevor das Ganze ins Gegenteil umkippt, auch mal sagen: Haken dran, wir haben erreicht, was wir wollten – und sollte nicht permanent diejenigen Verbraucher verunsichern, die wichtige und richtige Vorsorge betreiben.

Entsprechend folgt die Nachfrage zur Kostensituation: Welche Entwicklung erwarten Sie hier?

Der Aufwand bis zum Abschluss wird auch aufgrund von IDD und MiFID II weiter steigen. Insbesondere wird sich die Anzahl an Terminen bis zum Abschluss sowie der Beratungs-, Dokumentations- und Archivierungsaufwand weiter erhöhen. Das erfordert noch mehr Investition in IT und Personal. Ich rechne daher mit weiteren Kostensteigerungen für die Vermittler.

Der BVK, bei dem Sie Mitglied sind, hat sich dahingehend geäußert, dass Vermittler ihren Beitrag zur notwendigen Kostenreduzierung geleistet haben. Nun seien die Versicherer dran. Sehen Sie hier eine Ausweitung der Anstrengungen?

Schwer zu sagen. Da müssten Sie die Unternehmen selbst fragen. Man hört schon von Kostenreduktionen und Personalabbau. Da wo wir die Produktkosten bisher angeschaut haben, war davon aber leider noch nicht wirklich viel spürbar. Insbesondere im Bereich Verwaltungskosten erscheint aus unserer Sicht noch etwas Luft zu stecken. Die Abschlusskosten in der AO sind auf jeden Fall deutlich und flächendeckend gesunken. Mittlerweile nicht nur bei den Spartarifen, sondern auch in Teilen spürbar bei den Risikotarifen. Das haben wir von Seiten AVV mehrfach in Zusammenarbeit mit der FH Dortmund analysiert. Fakt ist, dass die Exklusivvertreter einen deutlichen Teil dazu beigetragen haben, die Produkte attraktiver zu machen. Da ist keine Luft mehr nach unten!

Kritik gab es auch an Bonifikationen und Zusatzvergütungen, die von Versicherern scheinbar weiter bezahlt werden. Ist das weiterhin ein Thema?

Die Kritik bezog sich nicht per se auf Zusatzvergütungen, sondern auf Vertriebssteuerung. Im Oktober war hier noch vieles in Diskussion und wenig entschieden. Dies wollen wir daher AVV-seitig im März erneut analysieren, um Tendenzen feststellen zu können. Uns wäre am liebsten, wenn anstelle der jährlich veränderlichen Zusatzvergütung die laufende Provision erhöht würde und wir die Möglichkeit bekämen, auch Dienstleistungsvergütungen zu vereinbaren. Insbesondere für die Fälle, wo wir Tätigkeiten für das Unternehmen ausüben, die über unsere HGB-Bemühungspflicht hinausgehen, sowie in Richtung des Kunden, sofern es nicht zum Abschluss kommt. Mehr Flexibilität bei den Vergütungsformen wäre gut.

Wo drückt für Sie 2018 noch der Schuh? Und wo sehen Sie Branche und Vertreter auf einem guten Weg?

Ich denke, es wird eine Weile dauern, bis man sich an die IDD-Neuerungen gewöhnt hat. Ich denke da zum Beispiel an die neuen Basisinformationsblätter oder die Besonderheiten für „komplexes Geschäft“. Natürlich werden wir uns in Abstimmung mit dem BVK auch mit dem Thema LVRG 2 beschäftigen.

Ich bin aus vorgenannten Gründen aber was dieses Thema angeht nicht so pessimistisch wie andere Verbände, da wir im Exklusivvertrieb unseren Teil dazu ja schon deutlich beigetragen haben. Als großer Maklerpool würde ich mir da aktuell mehr Sorgen machen.

Zudem sind im Bereich PKV die Abschlussaufwendungen in Bezug auf das Neugeschäft nach den gesetzlichen Einschnitten deutlich gestiegen, weil das Neugeschäft eingebrochen ist und die Personalkosten in den Innenbereichen geblieben sind. Ich denke, das muss an dieser Stelle auch gesehen werden.

Ich würde mir für 2018 wünschen, dass die Unternehmen faire und partnerschaftliche Lösungen für die Verzahnung von Exklusiv- und Onlinevertrieb finden und der Gesetzgeber sich noch mal dem Thema Stornohaftung nach Beendigung der Agenturtätigkeit widmet. Es kann nicht sein, dass Vermittler nach Renteneinstieg oder Berufsunfähigkeit noch 60 Monate lang mit eventuellen Provisionsrückforderungen zu kämpfen haben, obwohl die Beratung vollkommen sauber gelaufen ist, aber sich Lebensumstände beim Verbraucher geändert haben. Und erst Recht kann es nicht sein, dass unsere Hinterbliebenen im Todesfall noch 60 Monate zur Kasse gebeten werden. Das gibt es in keiner anderen Branche! Hier wurde überreguliert! Das sollte korrigiert werden.

Lesen Sie auch Teil I: „Der Exklusivvertrieb befindet sich seit Jahren in einem massiven Wandel“