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Sonderthema_Fondspolicenvertrieb
30. März 2017
„Wir müssen die Situation des Beraters auf der Produktseite erleichtern“

„Wir müssen die Situation des Beraters auf der Produktseite erleichtern“

Das neue Anlageumfeld zwingt alle Beteiligten zum Umdenken. Auch die Produktanbieter sind dabei gefragt. Neue Produkte und Vertriebsansätze sollen Kunden zum „Umparken“ im Kopf verhelfen. Beim Vertrieb moderner Fondskonzepte und Fondspolicen können laut Martin Stenger, Leiter Vertrieb unabhängige Finanzberater und Versicherungen bei Fidelity International Deutschland, unter anderem Vergleiche mit Autos hilfreich sein.

Herr Stenger, das globale Anlageumfeld ist seit geraumer Zeit geprägt durch Regulierung, Niedrigzinsen und große Schwankungen. Wie sollte eine Fondspolice vor diesem Hintergrund in der heutigen Zeit aussehen?

Zunächst einmal ist es wichtig, dass eine Fondspolice heutzutage mit der Stärke der Kapitalanlage des Fonds in Verbindung gebracht wird. Durch die Regulatorik kommt vermehrt die Frage auf, welcher Tarif in welcher Form leistungsfähig ist. Ist es beispielsweise angebracht, ein Hybridprodukt auch als Fondspolice zu subsumieren? Wenn ich einen Drei-Topf-Hybrid betrachte, habe ich zwar im dritten Topf – der Fondsanlage – oft attraktive Produkte. Die Frage ist aber, wie gut reagiert der Algorithmus dahinter, sprich wie schnell kommen die Gelder auch auf dieser Ebene an, damit diese Qualität zur Entfaltung kommt.

Welche Rolle spielt die Regulatorik insgesamt auch bei der Beratung zu Fondspolicen?

Noch sind diesbezüglich ja einige Punkte offen. Bei MiFID 2 und IDD steht ganz klar die Analyse der Risikotragfähigkeit des Kunden an erster Stelle – also wie der Kunde beispielsweise mögliche Schwankungen verträgt. Wenn in Holland, Frankreich oder Deutschland gewählt wird und die Märkte dann eventuell verrückt spielen, rückt das in den Fokus. Der Kunde gibt bisher ein Ziel für seine Altersvorsorge in Form einer bestimmten Summe vor. Aufgabe des Beraters ist es aber mehr denn je, dem Kunden zu zeigen, mit welcher Risikotragfähigkeit dieses Ziel realistisch erreichbar ist. Dann muss er auch ein klares Bild davon skizzieren, was damit auf der Ertragsseite zu bekommen ist.

Risiken anzusprechen, ist aber nicht gerade ein angenehmes Thema und daher kein guter Gesprächseinstieg …

Richtig, aber die Regulatorik wird den Berater dazu zwingen. Um im Werbejargon zu sprechen: Ein „Umparken im Kopf“ ist zuerst für Vermittler zwingend notwendig. Anschließend muss der Berater dem Kunden beim „Umparken“ helfen, denn Anlegern scheint heute keine andere Wahl zu bleiben, als sich von den geliebten Garantien zu verabschieden. Der Berater muss ganz klar aufzeigen, wie viel Rendite die Garantien kosten. Dann wird der Kunde schnell merken, dass diese in aller Regel mit einem großen Konsumverzicht im Alter verbunden sind. Und das Thema Niedrigzinsen wird uns sicher nicht nur kurzfristig erhalten bleiben.

Passt die Fondspolice in eine solche Zeit?

Absolut. Zum einen aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und zum anderen in Bezug auf die Frage, wie man Sicherheit auch ohne Garantie erzeugen kann.

Müssen auch die Investmentgesellschaften angesichts der massiven Veränderungen umparken, damit die Produkte beim Kunden besser ankommen?

In der Tat. Es geht nicht darum, den Vorsorgecharakter einer Versicherung zu reduzieren, sondern zu überlegen, wann welche Themen bei der Altersvorsorge zielführend eingesetzt werden können. Wir müssen heute vor allem erklären, wie man mit leistungsfähigen Produkten einen Kapitaltopf erwirtschaftet, um später den Rentengarantiefaktor zu ermöglichen. Wir müssen auch die Situation des Beraters auf der Produktseite erleichtern. Als Ergebnis dieser Überlegungen sind vor einigen Jahren bereits unsere Target-Fonds mit festen Laufzeiten entstanden. Bei ihnen wird das Risiko mit ablaufender Restlaufzeit reduziert. Zu Laufzeitbeginn enthalten sie noch verhältnismäßig viele Aktien, im Laufe der Jahre reduziert sich die Quote dann kontinuierlich. Sie werden auf betrieblicher Seite bereits stark eingesetzt, gewinnen aber auch in Fondspolicen zunehmend an Bedeutung. Für Kunden, die vor allem Verlässlichkeit, sprich Substanz im Portfolio haben wollen, haben wir zudem im vergangenen Jahr die SMART-Fonds gestartet.

Wie ist das Feedback auf die SMART-Fonds?

Sehr gut. Das Produkt ist zwar nach innen sehr komplex, nach außen aber sehr gut kommunizierbar. Der Berater muss dem Kunden erläutern, dass es zwei verschiedene Schwankungsbandbreiten gibt: 2 bis 5% Volatilität beim Fidelity SMART Global Defensive Fund und 6 bis 8% beim Fidelity SMART Global Moderate Fund. Der Kunde muss sich dann – bildlich gesprochen – nur entscheiden, welche Autobahnspur er nehmen will: die 2-spurige oder die 4-spurige. Davon hängt dann ab, mit welcher Geschwindigkeit sein „Vorsorgefahrzeug“ fahren kann. Bei SMART Defensive fährt er zwar sicherer, muss dafür aber einen höheren Monatsbeitrag aufbringen, um das gleiche Ziel zu erreichen wie mit der moderaten Variante.

Sind moderne Investments tatsächlich mit Fahrzeugen vergleichbar?

In gewisser Weise schon. Beim Auto muss ich auch nicht wissen, wie der Motor und das Getriebe genau funktionieren. Ich muss aber wissen, was passiert, wenn ich auf das Gaspedal oder die Bremse trete. Ähnlich verhält es sich mit modernen Fondsprodukten. Wenn ich ein Auto kaufe und habe nur Gurt und Bremskraftverstärker drin, bekomme ich die Basisausstattung. ABS, Airbag, Abstandshalter & Co. kosten hingegen zusätzliches Geld. Genauso kostet im Anlagebereich heute eine Garantie Geld. Wenn der Kunde eine stärkere Sicherheitsausstattung haben will, ist das wie beim Auto ein Kostentreiber. Will er diese haben, wird er monatlich mehr aufbringen müssen, um seine Vorsorgeziele zu erreichen.

Der Kunde wird aber in der Regel nur eine Summe aufbringen können …

Ist der Kunde an der Belastungsgrenze angekommen, kann er nur noch auf der Motorenseite diversifizieren, sprich mehr Risiko bei den Produkten in Kauf nehmen. Das Konzept der SMART Fonds ist mit einem Tempomat vergleichbar. Die Geschwindigkeit sprich die Volatilität, ist in zwei verschiedenen Korridoren fest vorgegeben. Darauf kann sich der Kunde verlassen und sich zurücklehnen. Der Motor muss sich dagegen ständig den Gegebenheiten anpassen. Reichen in der Ebene 3.000 Umdrehungen, muss er bergauf deutlich mehr und bergab deutlich weniger Gas geben, um die gleiche Geschwindigkeit zu schaffen.

Das Fondsmanagement sorgt dafür, dass immer genau passend Gas gegeben wird. Dazu müssen die Möglichkeiten eines modernen Multi-Asset-Fonds aktiv ausgenutzt werden. Das Management-Team muss entscheiden wie viel Gas innerhalb einer Asset-Klasse richtig ist und vor allem die Gewichtung der Asset-Klassen an die Rahmenbedingungen anpassen, damit der Fonds immer im vorgegebenen SRRI-Korridor bleibt.

Wie hilfreich sind in der Beratung die gesetzlichen Risikoklassen wie SRRI?

Ein Vorteil speziell des SRRI ist, dass er jedes Jahr neu beleuchtet wird und somit dynamisch ist. Die Produktanbieter müssen den Wert jedes Jahr neu berechnen, bei Überschreitung gewisser Grenzen müssen sie sogar unterjährig tätig werden.

Was bedeutet eine solche Veränderung der Risikoklasse für den Vermittler? Muss er dann aktiv auf den Kunden zugehen?

Genau. Er muss dem Kunden mitteilen, was sich verändert hat, und fragen, wie er darauf reagieren will. Will sich der Berater das ersparen, braucht er Produkte wie SMART, bei denen die Fondsgesellschaft durch aktives Management dafür sorgt, dass sie dauerhaft in der jeweiligen Risikoklasse bleiben. Das erspart den Vermittlern langfristig Arbeit, da sie die Kundenportfolios nicht ständig an neue Marktbedingungen anpassen müssen. Dadurch wird auch die Beratung von Kunden mit kleineren Geldbeuteln möglich. Schließlich muss jeder Vermittler überlegen, bei wem sich welcher Aufwand lohnt. Und je niedriger der Aufwand, desto niedriger ist natürlich die Hürde für eine Annahme der Beratung.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 03/2017, Seite 66 f.

 
Ein Artikel von
Interview mit Martin Stenger