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21. Dezember 2018
„Wir wollen mit einer nachhaltigen Ausrichtung zum gesellschaftlichen Wandel beitragen“

„Wir wollen mit einer nachhaltigen Ausrichtung zum gesellschaftlichen Wandel beitragen“

Die Waldenburger zählt zu den Versicherern, bei denen der Nachhaltigkeitsgedanke bereits Einzug gehalten hat. Ob es für „grüne“ Versicherungen ein einheitliches Label braucht und wie die nachhaltige Ausrichtung der Waldenburger aussieht, wollte AssCompact vom Vorstandsvorsitzenden Thomas Gebhardt wissen.

Herr Gebhardt, die Nachfrage nach Bioprodukten steigt, es sind aber auch manchmal Mogelpackungen dabei. Wie sieht es hierzu im Bereich der nachhaltigen Versicherungen aus?

Die Frage ist doch, wie eine Mogelpackung definiert ist. Bei Konsumgütern ist das relativ einfach: Insektizide, Pestizide, industrielle Tierhaltung, Kinderarbeit etc. sind hier das Problem. Bei Versicherungsprodukten sind die Leistungsinhalte eines Produktes ganz schnell vom Mitbewerber abgeschrieben. Ob der Versicherer wirklich nachhaltig ist oder nicht, kann nur der Kunde erkennen, der auch nachhaltiges Wissen hat und die richtigen Fragen stellt, nämlich ob der Versicherer auch wirklich auf dem Weg der Transformation zu einem „nachhaltigen Versicherer“ ist.

Für die Waldenburger soll Nachhaltigkeit kein reines Lippenbekenntnis sein. Wie setzen Sie das Thema also im Unternehmen um?

Ausgangslage war und ist nicht, grüne, sprich nachhaltige Produkte zu vertreiben, sondern die Veränderung der Waldenburger in sich. Wir wollen mit einer nachhaltigen Ausrichtung unseren Anteil zum gesellschaftlichen Wandel beitragen und beginnen, uns zu verändern. Dies beginnt „top down“ durch den Vorstand und wird „buttom up“ durch die Mitarbeiter reflektiert. Um unseren aktuellen Stand der Transformation und unsere zukünftigen Ziele in einem zeitlichen Rahmen zu dokumentieren, haben wir einen Nachhaltigkeitsbericht wie die großen Unternehmen erstellt, allerdings auf freiwilliger Basis und ohne die gesetzlichen Verpflichtungen hierzu.

Welche „grünen“ Versicherungslösungen haben Sie im Angebot und inwiefern tragen diese dem Nachhaltigkeitsgedanken Rechnung?

Wir möchten unseren Kunden und nachhaltig lebenden Menschen die Möglichkeit geben, auch nachhaltige Produkte zu kaufen. Die Inhalte sind sehr unterschiedlich. Je nach Risiko, ob Unfall-, Hausrat-, Wohngebäudeschutz oder auch private Haftpflichtansprüche, erbringen wir Leistungen, die über den „normalen“ Leistungsumfang des jeweiligen Standardproduktes hinausgehen und nachhaltigen Charakter haben. Des Weiteren zahlen wir aus dem erbrachten Leistungsvolumen noch einen Teil in ein Allmendegut: das Waldenburger Moor.

Makler können diese Produkte jedoch nur vermitteln, wenn sie über nachhaltiges Wissen verfügen. Damit heben wir uns sehr stark vom Markt ab, da wir der Meinung sind, dass ein nachhaltiges Produkt auch nur von wissenden, sprich nachhaltig denkenden Vermittlern erklärt werden kann, denn auch ein nachhaltiges Versicherungsprodukt bleibt ein erklärungsbedürftiges Gut.

Wie sind denn Versicherungsvermittler beim Thema Nachhaltigkeit aufgestellt?

Versicherungsvermittler mit nachhaltigen Kenntnissen sind deutlich in der Unterzahl. Hier bietet die Greensurance Stiftung, Stiftung für Mensch und Umwelt, Weiterbildungen für Makler, um dieses nachhaltige Wissen zu erlangen und dann weiterzugeben. Erst wenn die Vermittler verstanden haben, warum Unwetter teilweise für die Erhöhung der Wohngebäudeprämie verantwortlich sind, werden die Kunden verstehen, vor welchen Herausforderungen unsere Gesellschaft steht, und hoffentlich zum Wandel beitragen.

Braucht es Ihrer Einschätzung nach ein – vielleicht einheitliches – Label bzw. eine Zertifizierung für nachhaltige Produkte?

Ach, wissen Sie, Labels und Zertifizierungen sind gut und schön, der durchschnittliche Verbraucher kennt sich doch schon heute nicht in diesem Dschungel aus. Die Gesellschaft sollte viel früher mit der Aufklärungsarbeit beginnen. Wenn jeder hinterfragen und kritisch prüfen würde, wären wir schon einen großen Schritt beim Thema Treibhauseffekt und Klimaerwärmung weiter. Aber ja, eine Zertifizierung würde das grundsätzliche Problem der Branche zum Umgang mit diesem Thema vereinfachen.

Dieses Interview lesen Sie auch in der AssCompact 12/2018 auf S. 49.

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