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12. September 2018
700 Euro pro Monat zu wenig: Deutsche erwartet große Rentenlücke

700 Euro pro Monat zu wenig: Deutsche erwartet große Rentenlücke

Laut einer DIW-Studie werden über die Hälfte der Arbeitnehmer aus rentennahen Jahrgängen nicht genug Rente erhalten, um ihren aktuellen Konsum im Ruhestand zu decken. Private Vorsorge würde den Anteil derer mit Rentenlücke kaum verringern. Im Schnitt dürften den Betroffenen monatlich 700 Euro fehlen.

Über der Hälfte der 55- bis 64-jährigen Erwerbstätigen in Deutschland könnten ihren aktuellen Konsum nicht über ihre derzeitigen Anwartschaften aus der gesetzlichen und betrieblichen Altersvorsorge decken, würden sie jetzt in Rente gehen. So sieht eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) im Schnitt eine potenzielle Versorgungslücke von monatlich rund 700 Euro. Private Versicherungen wie die Riester- und Rürup-Rente würden den Anteil der rentennahen Arbeitnehmer mit einer drohenden Versorgungslücke nur geringfügig senken. Selbst wenn die Betroffenen zusätzlich ihr privates Vermögen einsetzen würden, könnten gut 40% ihren aktuellen Konsum laut Studie nicht decken.

Betriebsrenten senken Anteil derer mit Versorgungslücke

Eine potenzielle Versorgungslücke sehen die Forscher insbesondere für diejenigen, die nur Anwartschaften aus der Gesetzlichen Rentenversicherung vorweisen können. „Mehr als zwei Drittel (69%) wären nicht in der Lage, ihren aktuellen Konsum vollständig zu decken. Bestehen auch Ansprüche aus Betriebsrenten, so sinkt dieser Anteil auf 50%“, erläutert Studienautorin Anita Tiefensee.

Abhilfe durch private Vorsorge?

Besteht eine potenzielle Versorgungslücke, beläuft sich diese durchschnittlich auf rund 44% oder 700 Euro im Monat. Private Versicherungen wie Lebens- und Rentenversicherungen verringern der Studie zufolge diese Lücke im Schnitt auf 650 Euro im Monat. Den Anteil derjenigen mit einer potenziellen Versorgungslücke senken aber private Versicherungen wie etwa auch Riester- und Rürup-Rente nur geringfügig von 58 auf 56%. „Die quantitative Relevanz dieser Versicherungen ist also nicht nennenswert. Und die untersuchten Jahrgänge haben häufig ihre Versicherungen noch zu Zeiten mit einer hohen Verzinsung abgeschlossen. Für die späteren Kohorten sind die Aussichten schlechter“, betont Studienautor Timm Bönke.

Eigenes Vermögen

Anders verhält es sich, wenn das gesamte Vermögen eingesetzt wird, um den aktuellen Konsum zu decken: So verringert sich dann der Anteil derjenigen mit einer möglichen Versorgungslücke auf 41%. Außerdem lässt sich in diesem Fall der Konsum auch über einen längeren Zeitraum finanzieren. „Da aber Vermögen sehr ungleich verteilt sind, zeigt sich, dass von denen, die nur Anwartschaften an die Gesetzliche Rentenversicherung haben, ein Viertel nicht in der Lage ist, ihren aktuellen Konsum auch mit dem Vermögen zumindest fünf Jahre lang zu bestreiten“, erörtert Studienautor Markus M. Grabka.

System der Alterssicherung überdenken

Die Ergebnisse der Studie legen eine weitere Reform des Systems der Alterssicherung nahe, um es mehr Menschen zu ermöglichen, ihren Lebensstandard auch im Alter halten zu können. Nach Auffassung der Studienautoren sollte die Politik mehr auf die Gesetzliche Rentenversicherung als erste Säule der Alterssicherung setzen, wie beispielsweise das österreichische Modell. Daneben empfehlen die Studienautoren, insbesondere die Aufweichung des strikten Äquivalenzprinzips in Erwägung zu ziehen: Hierbei wäre die Höhe der Rentenleistungen nicht mehr eins zu eins an die Einzahlungsbeiträge gekoppelt. „Gerade Geringverdienenden sollten dann höhere Leistungen zugutekommen, während die Beitragsbemessungsgrenze für die oberen Einkommensgruppen aufgehoben werden sollte“, meint Grabka. Zudem ließen sich bessere Anreize zur Bildung privaten Vermögens beispielsweise durch eine Umleitung der staatlichen Zuschüsse für Riester-Renten in Richtung einer kapitalgedeckten Zusatzrente nach dem schwedischen Fondsmodell schaffen. Diese Diskussion ist rund um eine „Deutschlandrente“ schon seit Längerem im Gange. (tk)