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14. Juni 2016
ALG II: Beiträge für gesetzlich vorgeschriebene private Versicherungen bei Einkommen abzuziehen

ALG II: Beiträge für gesetzlich vorgeschriebene private Versicherungen bei Einkommen abzuziehen

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass eine Kfz-Haftpflichtversicherung vom Einkommen eines Grundsicherungsempfängers auch dann abzuziehen ist, wenn er lediglich Halter und nicht Eigentümer des Fahrzeuges oder Versicherungsnehmer der Haftpflichtversicherung ist.

Dem Gerichtsurteil des Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) liegt der Fall einer jungen Frau zugrunde, die Kindergeld und ergänzend Arbeitslosengeld II (ALG II) erhielt. Das beklagte Jobcenter berücksichtigte das Kindergeld als Einkommen und zog davon eine Versicherungspauschale von 30 Euro ab. Der restliche Betrag wurde als Einkommen der jungen Frau auf ihren ALG II-Anspruch angerechnet. Die Klägerin wollte jedoch zusätzlich die Beiträge für eine Kfz-Haftpflichtversicherung rechnerisch von dem Einkommen abziehen, sodass auf den Grundsicherungsanspruch nur noch ein geringeres eigenes Einkommen angerechnet werden sollte. Der ALG-II Anspruch würde sich so erhöhen. Zwar sei das Kraftfahrzeug auf ihre Mutter zugelassen und diese sei auch Versicherungsnehmerin, aber sie selbst sei Eigentümerin des Fahrzeuges, nutze es allein und bezahle auch die Versicherungsbeiträge.

Nicht nur Versicherungspauschale

Das LSG hat in seinem Urteil ausgeführt, dass über die Versicherungspauschale von 30 Euro monatlich hinaus die Beiträge für gesetzlich vorgeschriebene private Versicherungen wie eine Kfz-Haftpflichtversicherung gesondert vom Einkommen absetzbar sind. Dafür sei nicht erforderlich, dass der Leistungsberechtigte der Eigentümer des Fahrzeuges oder der Versicherungsnehmer der Kfz-Haftpflichtversicherung ist oder dass das Fahrzeug auf ihn zugelassen ist. Ausreichend sei vielmehr, wenn der Versicherungsnehmer Halter des Kfz sei, er also das Fahrzeug tatsächlich selbst nutze und auch nachweisbar alle mit dem Betrieb des Fahrzeugs zusammenhängenden Kosten trage. Ein Arbeitslosengeldempfänger dürfe ebenso wie jeder andere die finanziellen Vorteile nutzen, die auftreten können, wenn der Halter eines Fahrzeugs nicht der Versicherungsnehmer ist.

Weiter hat das LSG ausgeführt, dass die Auffassung des Jobcenters, dass nur der Versicherungsnehmer die Beiträge der Kfz-Versicherung absetzen könne, keine Stütze im Wortlaut des Gesetzes finde. Das Sozialgesetzbuch II billige grundsätzlich jedem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ein angemessenes Kfz ohne Notwendigkeitsprüfung zu. Dies diene der Förderung der Mobilität und damit der Erleichterung der Aufnahme einer Beschäftigung. Insoweit müsse es dem Leistungsempfänger auch möglich sein, die Vergünstigungen im Zusammenhang mit der Haltereigenschaft in Anspruch zu nehmen. (kb)

LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27.11.2015, Az.:. L 11 AS 941/13