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19. September 2017
Anspruch auf Blindenhund bei zusätzlicher Schwerhörigkeit?

Anspruch auf Blindenhund bei zusätzlicher Schwerhörigkeit?

Wenn ein Blinder zusätzlich durch Schwerhörigkeit in seiner Orientierung beeinträchtigt ist, kann er mit einem Blindenstock nur unzureichend versorgt sein. Ob er in dem Fall Anspruch auf einen Blindenhund hat, hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschieden.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass ein Blinder mit einem Blindenstock nur unzureichend versorgt sein kann, wenn die Orientierung durch Schwerhörigkeit zusätzlich beeinträchtigt wird. Geklagt hatte ein 50-jähriger Mann, der fast vollständig erblindet war. In jüngerer Zeit kam eine Schwerhörigkeit hinzu. Zur Orientierung außerhalb der Wohnung nahm er bisher die Hilfe seiner Frau in Anspruch. Als er bei seiner Krankenkasse einen Blindenhund beantragte, verwies diese ihn zunächst auf einen Blindenlangstock nebst Mobilitätstraining. Der Kläger war der Ansicht, dass ein Blindenhund ihm besser Hilfe leisten könne.

Medizinische Gesichtspunkte sind ausschlaggebend

Das Gericht hat die Krankenkasse zur Bewilligung des Blindenhunds verurteilt. In seiner Begründung räumte es ein, dass Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich nicht nur geeignet und erforderlich, sondern auch wirtschaftlich angemessen sein müssen. Dennoch hat es betont, dass die konkrete Versorgungsnotwendigkeit im Einzelfall zu prüfen sei. Ausschlaggebend seien dabei medizinische Gesichtspunkte. Es komme nicht auf die generellen Vorteile eines Blindenführhundes im Vergleich mit einem Blindenlangstock an.

Keine Kompensation durch andere Sinnesorgane

Das Gericht hat daher zunächst die Ergebnisse des Orientierungs- und Mobilitätstrainings mit dem Langstock abgewartet und auf dieser Grundlage ein ärztliches Gutachten eingeholt. Dieses hat aufgezeigt, dass die Orientierungsfähigkeit des Klägers durch die Kombination von Blindheit und Schwerhörigkeit erheblich erschwert ist. Während Beeinträchtigungen eines einzelnen Sinnesorgans noch durch andere Organe kompensiert werden können, kann dies bei Doppelbehinderungen im Einzelfall nicht mehr möglich sein. Hiergegen konnte die Krankenkasse auch nicht erfolgreich einwenden, dass der Kläger inzwischen mit Hörgeräten versorgt wurde und Fortschritte im Mobilitätstraining erzielt hat. Dies konnte über die Defizite nicht ausreichend hinweghelfen. (tos)

LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29.08.2017, Az.: L 16/4 KR 65/12