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27. Januar 2016
bAV im Dilemma – Forderungen an die Politik

bAV im Dilemma – Forderungen an die Politik

Die betriebliche Altersversorgung ist als wichtiger Pfeiler der Altersvorsorge mehr als anerkannt. Nach Ansicht von Reinhard Klemke muss aber einiges passieren, damit sie für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wieder attraktiv wird. Der Rentenberater kommentiert die aktuellen Entwicklungen und fordert Veränderungen vonseiten der Politik.

In nicht allzu ferner Zukunft wird eine größere Zahl von Rentnern mit einer für sie höchst unerfreulichen Tatsache konfrontiert: Die Rente reicht (bei Weitem) nicht aus, um den Ruhestand so zu gestalten, wie sie sich das eigentlich vorgestellt hatten. Eventuelle Mahnungen werden nicht ganz ernstgenommen, relativiert oder einfach verdrängt. Schließlich geht es vielen ehemaligen Arbeitskollegen und Bekannten mit vergleichbarem Einkommen und ähnlicher Erwerbsbiografie im verdienten Ruhestand doch ganz gut.

Was wurde falsch gemacht, oder was ist schief gelaufen?

Die Nettorenten der gesetzlichen Rentenversicherung sinken in Relation zum letzten Nettoeinkommen stetig, das heißt der sogenannte Versorgungsgrad wird kleiner. Dieser wird als Prozentwert der Brutto- oder Nettorente im Verhältnis zum letzten Brutto- bzw. Nettoeinkommen in der Beschäftigungsphase ausgewiesen. Ein Netto-Versorgungsgrad von beispielsweise 50% sagt somit aus, dass dem Rentner nur noch die Hälfte seines bisherigen Arbeitseinkommens netto zur Verfügung steht.

Das permanente Absinken liegt zum einen an „bescheidenen“ Steigerungen der Rentenwerte und einer jährlich um 2% zunehmenden Steuerbelastung der Rente als Folge der sogenannten nachgelagerten Versteuerung. Zwar liegen die Rentensteigerungen der Jahre 2015 mit 2,1% und vor allem die für 2016 zur erwartende mit mehr als 4% weit über dem langjährigen Durchschnitt. Hierbei dürfte es sich aber um Ausnahmen handeln.

Obwohl der Rentenwert sich aus den Faktoren Bruttolöhne/-gehälter, Beitragssatz und Nachhaltigkeitsfaktor errechnen sollte, stellt er eine politisch höchst sensible Größe dar und wird entsprechend häufig aufgrund politisch motivierter Überlegungen angepasst.

Die nächste Bundestagswahl findet voraussichtlich im September 2017 statt, denkbar wäre auch ein vorgezogener Termin, da zunehmend Zweifel sowohl an der Handlungsfähigkeit der Regierung insgesamt, als auch am Zusammenhalt der Koalition aufkommen. Der Ausgang der Wahl und somit die Zusammensetzung der neuen Bundesregierung gilt aus heutiger Sicht als äußerst ungewiss. Da kann es ja zu mindestens nicht schaden, wenn die ca. 20 Millionen Rentner in Deutschland, die ein knappes Drittel aller Wahlberechtigten repräsentieren, sich finanziell angemessen von der derzeitigen Regierung behandelt fühlen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Unabhängig davon, wie sich die Rentenwerte entwickeln, die Rentenzahlungen unterliegen einer zunehmenden Besteuerung. Wer im Jahr 2015 in Rente geht, muss bereits 70% seiner Bruttorente versteuern, bis zum Jahr 2040 steigt dieser Steuersatz auf 100%. Weit verbreitet herrscht Unkenntnis darüber, dass Rentner den halben Betrag (zuzüglich Zusatzbeitrag) zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie den kompletten Beitrag zur Pflegeversicherung selbst zu tragen haben.

Selbst Großunternehmen haben oder planen ihre großzügigen Direktzusagen oder freiwilligen Aufstockungen im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge stark zu reduzieren. Einige Unternehmen haben Leistungen der bAV ganz eingestellt! An diesen beiden Tendenzen wird sich vermutlich nichts ändern und sie sind vom Einzelnen nicht beeinflussbar!

Anders sieht dies bei zusätzlichen Maßnahmen im Rahmen einer betrieblichen Altersvorsorge mittels Entgeltumwandlung oder einer private Vorsorge aus!

Um noch rechtzeitig gegenzusteuern sind im Berufsleben stehende Arbeitnehmer mit Unterstützung ihrer Arbeitgeber jetzt zum Handeln verdammt!

Die Frage ist, wie sie dies bewerkstelligen sollen. Zur Auswahl steht dafür eine Vielzahl an Möglichkeiten. Zunächst einmal die Anlageformen, die weder von staatlicher Seite gefördert, noch vom Arbeitgeber unterstützt werden. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um private Rentenversicherungen oder um Formen des Sparens mittels Investmentfonds.

Die klassische Form der betrieblichen Altersvorsorge stellt die Direktversicherungen dar. Im Rahmen der Entgeltumwandlung sind jährlich bis zu 4% der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (aktuell 2.976 Euro) in der Ansparphase von der Steuer und der Sozialversicherung befreit. Etwas komplexer gestaltet sich die zusätzliche Altersvorsorge im Rahmen von Zeitwertkonten. Allerdings bieten sich hierbei verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten und im Vergleich zu einigen anderen Formen ausgezeichnete Renditen. Unabhängig davon, wofür sich der einzelne Arbeitnehmer entscheidet, alle Anlageformen werden lediglich dazu führen, dass sich die angesprochene Versorgungslücke verkleinert, vollständig schließen lässt sie sich innerhalb der aktuellen gesetzlichen Regelungen kaum.

Dieses Dilemma ist den mit der Materie vertrauten Personen durchaus bekannt. Vorschläge hier für verbesserte Förderungen zu sorgen sind in der Diskussion. Im Wesentlichen lassen sie sich wie folgt zusammenfassen: Erhöhung der steuer- und sozialversicherungsfreien Beträge in der Ansparphase sowie Reduzierung der Besteuerung und Verbeitragung in der Auszahlungsphase.

Konkret sollte aus Sicht des Autors:

1. Der von der Steuer und Sozialversicherung befreite Betrag von 4% der Betragsbemessungsgrenze deutlich auf mindestens 6% angehoben werden. Auch wenn nicht alle Arbeitnehmer diesen Betrag dann ausschöpfen können oder wollen wird dies bei einer Vielzahl von ihnen im Ergebnis zu einem erheblich verbesserten Versorgungsgrad führen.

2. Wählt ein Ruheständler eine Einmalkapitalzahlung, verbleiben vom Bruttoauszahlungsbetrag oftmals weniger als 40%. Hier müssen spürbare Entlastungen erfolgen. Vielen Rentnern dient die Einmalzahlung zur Entschuldung der selbstgenutzten Immobilie.

3. Öffnung der gesetzlichen Rentenversicherung für kapitalgedeckte Konten. (Vgl. Führung von Zeitwertkonten).

Buch zur bAV

Seit Mitte Dezember 2015 ist im Buchhandel eine vom Haufe Verlag publizierte Untersuchung zu eigenfinanzierten Vorsorgemodellen erhältlich. Der Titel lautet: „Betriebliche Altersversorgung – Privatvorsorge – Zeitwertkonten – Mit der richtigen Entscheidung mehrere 10.000 € zusätzlich verdienen“. Verglichen werden die Ergebnisse der verschiedenen Durchführungswege bei Renten- und Einmalkapitalbezug. Das Buch kann online zum Preis von 19,95 Euro unter www.di-institut.de bestellt werden.