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20. April 2017
Bei BU-Tarifen müssen Makler zwischen Gebot und Gimmick unterscheiden

Bei BU-Tarifen müssen Makler zwischen Gebot und Gimmick unterscheiden

Die Franke und Bornberg GmbH analysiert in regelmäßigen Abständen die Produktentwicklungen im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung. Dabei stellt sie fest, dass die BU-Tarife so gut wie nie zuvor sind, aber dass sie dennoch große Unterschiede aufweisen.

In Sachen Kapitalanlage gelten die Deutschen als risikoscheu. Über 1 Bio. Euro schlummert unverzinst auf ihren Sparbüchern. In der Altersvorsorge verlangen sie nach Garantien, obwohl diese die Rendite empfindlich schmälern. Geht es aber um die eigene Arbeitskraft, scheinen wir ein Volk von Hasardeuren zu sein. Nicht einmal jeder fünfte Bundesbürger hat eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) abgeschlossen, die ihn bei Verlust der Arbeitskraft vor den finanziellen Folgen schützt. Damit belegen wir im internationalen Vergleich den letzten Platz, sagt eine Studie des Versicherers Zurich. Malaysia und Hongkong hingegen erreichen in der Untersuchung Spitzenwerte. Dort sollen mehr als 60% der Bürger über eine entsprechende Police verfügen.

Neuanträge rückläufig

Schlimmer noch: Obwohl hierzulande immer mehr Menschen erwerbstätig sind, gehen die Neuabschlüsse zurück. Nach dem Höchststand von 2.266.400 Policen im Jahr 2004 kamen 2015 nur noch 827.548 neue BU-Verträge in die Bücher der Versicherer – inklusive reiner Beitragsbefreiungen. Eine mögliche Erklärung für die dürftige Privatvorsorge wären auskömmliche Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Aber der Faktencheck spricht dagegen: Im Jahr 2015 haben knapp 180.000 Neurentner erstmals eine staatliche Erwerbsminderungsrente (EMR) erhalten. Die ist zwar qualitativ besser als ihr Ruf, jedoch zu niedrig. Im alten Bundesgebiet erhielten Männer im Durchschnitt gerade einmal 702 Euro monatlich; Frauen mussten sich mit nur 640 Euro begnügen. Und angesichts 170.000 Ablehnungen ging 2015 fast jeder zweite Antragsteller sogar leer aus, weil seinem EMR-Antrag nicht entsprochen wurde. Bei Licht betrachtet liefert die gesetzliche Rentenversicherung also eher Argumente für zusätzliche private Vorsorge als dagegen. Und für Selbstständige und Freiberufler, Hausfrauen und -männer sowie Berufsanfänger liegen staatliche Leistungen sowieso in weiter Ferne oder sind gänzlich unerreichbar.

Die Zurich-Studie bietet eine weitere Erklärung für den niedrigen Versicherungsgrad. Danach fühlen sich gerade in Deutschland viele Verbraucher schlecht informiert. Immerhin 52% der Befragten gaben an, sie wüssten wenig darüber, wie sie ihr Einkommen bei Erwerbsunfähigkeit oder einer schweren Krankheit absichern könnten. Offensichtlich besteht ein Missverhältnis zwischen gefühlter Informationsdichte und dem, was tatsächlich beim Verbraucher ankommt. Erreichen Vermittler ihre Kunden nicht mehr?

So gut wie nie

Dabei waren die BU-Tarife noch nie so gut wie heute. Als Franke und Bornberg vor über 20 Jahren die ersten BU-Ratings auf den Weg brachte, gab es gerade einmal zwei Berufsgruppen und keine Tarifstandards. Als Antwort auf viele kritische Analysen hat sich heute der Verzicht auf abstrakte Verweisung im Markt ebenso etabliert wie weltweiter Versicherungsschutz oder die Überbrückung von Zahlungsschwierigkeiten. Aktuell beobachten wir insbesondere einen Trend zu BU-Tarifen mit Leistungen bei Arbeitsunfähigkeit (AU). Pionier dieser Entwicklung war die Condor Versicherung. Jahrelang stand sie mit ihrem AU-Angebot allein auf weiter Flur, bis 2013 die Allianz als zweiter Anbieter hinzukam. Erst dann nahm die Entwicklung an Fahrt auf: Anfang 2017 haben bereits 25 Versicherer AU-Leistungen im Programm. Doch wenn ein Versicherter seinen gelben Schein präsentiert, gibt es noch beträchtliche Unterschiede bei Leistungsprüfung und -umfang. Ist die Arbeitsunfähigkeit ein zusätzlicher Leistungsauslöser für die BU-Versicherung oder ein weiterer Leistungsbaustein? Wie wird die Leistungspflicht geprüft und muss der Versicherte zeitgleich BU-Leistungen beantragen? Und wie lange werden die Leistungen maximal gezahlt?

Ebenfalls nicht trivial sind die vielen Klauseln, zum Beispiel für Schüler, Studenten oder Beamte. Rund die Hälfte aller BU-Versicherer haben eine oder mehrere dieser Klauseln im Angebot. Diese unterscheiden sich teils deutlich, wie das Beispiel der Studentenklausel belegt. Nicht immer bietet sie bedarfsgerechte Leistungen. Ist beispielsweise nur ein „dem Studium entsprechender Beruf“ versichert, fehlt ein konkreter Anknüpfungspunkt für die Leistungsprüfung, solange (noch) keine Berufstätigkeit vorlag. In diesem Fall wird das Erreichen der 50-Prozent-Hürde zur Auslegungssache. Vorteilhafter für den Kunden ist es, wenn die Fähigkeit zur Fortführung seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit versichert ist. Denn darunter fällt auch das Studium. Diesen Schutz aber bieten nur wenige Versicherer. Der Blick ins Kleingedruckte ist also unabdingbar, weil eine Klausel allein noch keinen Qualitätsnachweis darstellt.

Franke und Bornberg unterstützt Makler bei der Einordnung. Welche Leistungen und Klauseln braucht ihr Kunde wirklich und welche sind eher Marketing-Gimmicks?

Die Produktlandschaft ist vielfältig geworden. Für Kunden sind das gute Nachrichten. Denn mit dem Angebot wachsen ihre Chancen auf einen passenden Vertrag. Wo es früher nur Versicherungsschutz bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit gab, steht heute eine ganze Palette an Möglichkeiten bereit. Neben der Versicherung von schweren Krankheiten kommen je nach Bedarf, Beruf, Geldbeutel und Gesundheit des Kunden Multi-Risk-Policen, Grundfähigkeits- sowie Unfalltarife in Betracht. Auf jeden Topf passt ein Deckel – vorausgesetzt, der Berater findet ihn. Eine weitere Herausforderung besteht für ihn darin, seinem Kunden die geeigneten Optionen vorzustellen, ohne ihn auf hohem Niveau zu verwirren.

Weniger ist mehr

Der Erfolg stellt sich erst ein, wenn man die Komplexität reduziert. Hat ein Kunde oder Interessent zu viele Optionen, wird er sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht entscheiden können oder wollen. Nur wer eine individuell passgenaue Lösung präsentieren kann, kommt hier zum Erfolg. Zudem muss die Ansprache passen. Insbesondere jüngere Menschen, auch Generation Y genannt, stellen heute andere Anforderungen an die Beratung. Zwei Wochen auf ein Angebot zu warten, ist für sie längst kein Qualitätsnachweis mehr, sondern ein Killer-Kriterium. Wer nicht liefern kann, stellt sich ins Abseits. Ihr Motto: Versicherung. Jetzt. Oder gar nicht.

Auch wenn viele oder vielleicht sogar die meisten von ihnen scheitern werden: Von InsurTechs können die etablierten Marktteilnehmer viel über neue Wege in der Kunden­ansprache lernen. Die Überzeugung, dass sich ausschließlich einfache Produkte zum Vertrieb im Internet eignen, gehört der Vergangenheit an. Denn wenn es die Branche nicht kann, können es andere.

Bei BU-Tarifen müssen Makler zwischen Gebot und Gimmick unterscheiden

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 04/2017, Seite 88f.

Die AKS>tomorrow-Tour

Franke und Bornberg geht auf Tour – in Kooperation mit dem Medien­partner AssCompact. In spannenden acht Stunden tanken Versicherungsmakler wertvolle Fachinformationen, gewinnen nützliche Impulse und tauschen sich mit Fachleuten auf Augenhöhe aus. Teilnehmer treffen auf das Netzwerk von Franke und Bornberg sowie vers.diagnose. Zudem diskutieren sie mit Vorständen und Entscheidern von zwölf Biometrie-Versicherern und ihren Berufskollegen.

Die Stationen

  • Neuss, 04.05.2017
  • München, 09.05.2017
  • Berlin, 11.05.2017
  • Mannheim, 16.05.2017
  • Hannover, 18.05.2017

Anmeldung

Weiterführende Informationen und die Anmeldemöglichkeit zur AKS>tomorrow-Tour ist unter www.aks-forum.de zu finden.

 
Ein Artikel von
Von Michael Franke

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Frank Brönjes am 20. April 2017 - 09:01

Die Tatsache, dass es immer weniger BU-Anträge und damit weniger Verträge gibt, liegt tatsächlich darin begründet, dass die BU-Bedingungen immer besser werden. Weil die Bedingungen besser werden, müssen die Versicherer bei der Risikoprüfung immer vorsichtiger werden. Sie müssen aufgrund der besseren Bedingungen im Leistungsfall immer häufiger leisten. Ich erinnere mich, dass es vor 15 – 20 Jahren einen einzigen deutschen Versicherer gab, der schon bei Arbeitsunfähigkeit Leistungen erbracht hat. Damit waren und sind, wenigstens bei diesem Versicherer, die Leistungsvoraussetzungen klar definiert. Viele Analysten haben übrigens genau diesen wesentlichen Punkt „Arbeitsunfähigkeit“ statt „Berufsunfähigkeit“, nicht oder nur nachrangig berücksichtigt. Bis dann vor vier oder fünf Jahren ein großer –marktführender - Versicherer genau diesen Punkt „Arbeitsunfähigkeit“ (mehr schlecht als recht) in seinen BU-Bedingungen aufgenommen hat. Danach sprudelte die Vokabel „Arbeitsunfähigkeit“ in die Bedingungen vieler Versicherer ein (immer noch mehr schlecht als recht). Die Verbesserungen der Bedingungen wurden nicht durch kritische Analysen (weil häufig mangelhaft) sondern einzig und allein durch den Wettbewerb geregelt. Durch die Verbesserung dieser Bedingungen sind übrigens die Prämien so hoch, dass sich ein „normaler“ Arbeitnehmer (mit körperlicher Tätigkeit) eine auskömmliche Absicherung einer BU-Rente nicht leisten kann.

Gespeichert von Peter Wolnitza am 20. April 2017 - 12:41

Und Herr Franke entscheidet (per Rating-Dekret?) was Gebot und was Gimmick ist? Komisch, ich dachte bisher immer, das würde mein Kunde entscheiden. Aber sicherlich ist auch das Thema Haftung verantwortungsvoll geregelt, wenn sich ein Makler an der Anzahl der F´s orientiert. Dumm nur, dass das mittlerweile so viele sind, die die optimale Bewertung erhalten - und das, obwohl sich bei genauerem Hinschauen in den Vertragsbedingungen zum Teil erhebliche Unterschiede finden. Aber das sind dann eben die Gimmicks. Herrlich, das Leben kann so einfach sein.... ;-)