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17. September 2018
Betriebliche Altersversorgung: Nur eine höhere Zielrente macht Sinn

Betriebliche Altersversorgung: Nur eine höhere Zielrente macht Sinn

Die neue Zielrente bedeutet für Arbeitnehmer eine höhere Rente. So zumindest die Idee, die hinter der reinen Beitragszusage des Sozialpartnermodells steht: Der Wegfall von Garantien soll die Rendite des Vertrags steigern. In den meisten Fällen könnte es so sein. Es bleibt aber eben auch ein Risiko, dass die Zielrente niedriger ausfällt als die Rente eines bAV-Vertrags mit Garantien.

Ein Forschungsprojekt von AXA und V.E.R.S. Leipzig hat ergeben, dass 77% der Gewerkschaften und 65% der befragten Arbeitgeberverbände Bereitschaft zeigen, ein Sozialpartnermodell zu vereinbaren. So ergänzt auch die AXA ihr Angebot mit einem solchen Sozialpartnermodell. Auch die Teilnehmer einer Diskussionsrunde des GVNW-Symposiums 2018, das kürzlich in München stattfand, glauben, dass das Sozialpartnermodell zum Fliegen kommt. Vorgestellt haben sich die Konsortien Rentenwerk (Stuttgarter, Barmenia, Gothaer, HUK, Debeka), Deutsche Betriebsrente (Zurich, Talanx), LebensRente der Initiative Vorsorge (ALTE LEIPZIGER, LV 1871, Neue Bayerische Beamten Lebensversicherung, VOLKSWOHL BUND) und der BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes, der die Sicht eines Branchenversorgungswerk einbrachte.

Wettbewerb zwischen Zielrente und herkömmlichem bAV-Vertrag

Während das Rentenwerk und die Initiative Vorsorge den Durchführungsweg Direktversicherung für ihr Angebot gewählt haben, hat sich die Deutsche Betriebsrente für den Pensionsfonds entschieden. Dabei treibt alle die Frage um, wie wahrscheinlich es ist, dass die Zielrente, die ohne Garantien auskommen muss, höher ist als die Rente eines bAV-Vertrags alter Gattung. Denn sollte dies nicht der Fall sein, wäre es eine herbe Niederlage für das Sozialpartnermodell und die Tarifparteien. Denn sie werden künftig viel Verantwortung in Sachen Kapitalanlage mittragen und somit geht es auch um ihre eigene Reputation.

Dreh- und Angelpunkt ist das Kapitalanlagekonzept

Wie hoch die Rente für den Arbeitnehmer ausfällt, hängt also auch von den Sozialpartnern ab. Zunächst entscheiden sie von Anfang an über das Verhältnis von Sicherheit und Rendite. Experten vermuten, dass in der Praxis die sicherheitsorientierten Varianten häufiger zum Zuge kommen werden als die risikoreicheren. Teilweise werden Vertreter der Sozialpartner aber auch in dem Anlagegremium der Versicherer und Konsortien sitzen. Denn Dreh- und Angelpunkt wird das Kapitalanlagekonzept der Anbieter sein. Das Rentenwerk arbeitet hier mit individuell strategischen Asset-Allokationen. Die Deutsche Betriebsrente will sich nicht nur auf die wichtigen Partner DWS oder Fidelity stützen, sondern von Fall zu Fall neu ausschreiben und vertraut auf nachhaltige Kapitalanlagen. Bei der LebensRente ist der Asset-Manager HSBC Dienstleister für das Konsortium. Auf Wunsch der Sozialpartner wäre aber auch eine andere Kapitalanlagegesellschaft denkbar. Pro Tarifvertrag soll hier ein Dach-Spezialfonds aufgelegt werden. Um eine stabile Rente zu erreichen, werden bei allen Anbietern in den Kapitalanlagen entsprechende Sicherungsmechanismen eingebaut werden.

Verhalten zeigen sich die Anbieter generell, wenn es um Modell- und Vergleichsrechnungen für die Zielrente geht. Angelika Grüb von der Versicherungsgruppe die Bayerische rechnet aber vor, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Zielrente bei einer Beispielrechnung (1.200 Euro Jahresbeitrag, 25 Jahre Laufzeit, Zielrendite 3,9%, geglättete Zinszuweisung 3%) im überwiegenden Teil höher ausfallen wird als bei der herkömmlichen bAV-Rente. Im unteren Quartil gibt es aber auch eine 15%-ige Wahrscheinlichkeit, dass sie niedriger ausfällt.

Kostensenkung um 1%

Neben der Kapitalanlage gibt es bekanntermaßen eine weitere wichtige Stellschraube für die Rendite. Die Anbieter gehen davon aus, dass sie durch digitale Portale und Prozesse ihren Gesamtkostenblock um rund 1% senken können. Zunächst wird aber erst einmal in die Digitalisierung investiert, dies soll dann aber auch der alten bAV-Welt zugute kommen. Der Vorteil des Sozialpartnermodells sei zudem, dass alles sehr transparent sei. Dies gelte auch für die Kapitalanlagekosten, stimmen die verschiedenen Anbieter überein.

Neue Tarifverhandlungen

Die neuen Tarifverhandlungen, die demnächst anstehen, dürften also noch interessanter werden, als sie sowieso schon sind. Laut oben genannter AXA-Studie gehen die Ansichten und Kenntnisse zur bAV zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften auseinander. So schätzt ein Viertel der Arbeitgeberverbände die eigenen allgemeinen Kenntnisse zur bAV als „mittelmäßig“ bis „eher schlecht“ ein. Unter den Gewerkschaften sind es nur 11%, die die eigenen Kenntnisse als „mittelmäßig“ einstufen. Die Versicherer jedenfalls dürfen sich auf interessante Gespräche freuen. (bh)

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Bruno Steiner am 17. September 2018 - 08:29

bAV: Rendite garantiert "KEINE", erhofft? Steht in der Glaskugel!; Garantieverzinsung z. Zt. 0,9% p.a. auf den Sparanteil bei VersProdukten, Sparanteil = Geheimnis des Anbieters! Teuerungsrate / Inflation / Geldwertverfall = ? 2% p.a.. darauf noch Steuern und Sozialabgaben? Noch Fragen? Meine Meinung - Finger weg!!!

Gespeichert von Thomas Wiedemann am 17. September 2018 - 10:18

Das Sozialpartnermodell, in sich eine Fehlkonstruktion, da an der Zielgruppe vorbei, ist wieder eine gute Arbeit der Versicherungswirtschaft, um die stark rückläufigen Umsätze in Schicht III zu kompensieren.
Das 1% Kostensenkung ist, bei einer Kostenquote von weit über 20% eine Lachnummer.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer, lasst die Finger davon, sucht eine kompetente Beratung in Sachen bav.

Gespeichert von Werner Hoffmann am 17. September 2018 - 20:34

Die Unterschiede der einzelnen Renten im Sozialpartnermodell ist zunächst nicht alleine von der dem Asset Management abhängig. Je komplexer die Art der Anlage, je mehr Personal hier beschäftigt werden muss, desto niedriger ist die Nettorendite die übrig bleibt.
Zudem können erhebliche Kosten für die lfd. Verwaltung entstehen, wenn die Workflow-Prozesse im Vorfeld zwischen den Beteiligten nicht klar definiert wurden (z.B. Vertragsanpassungen).
Ebenso spielt auch eine Rolle, wie hoch der Beitrag ist, der je Mitarbeiter gezahlt wird. Ist der mtl. Beitrag bspw. bei 46 Euro (40 Euro + 15%), denn sind die fixen Kosten je Vertrag prozentual wesentlich höher, als bei 269 Euro Monatsbeitrag. Hier ist entscheidend, dass der Durchdringungsgrad und der durchschnittliche Beitrag entsprechend hoch ist. Die Einbindung des Vertriebs wird hierzu dringend notwendig.

www.bav-Experte.de