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Sachwerte
8. Juni 2016
Brexit: Eine Gefahr für offene Immobilienfonds?

Brexit: Eine Gefahr für offene Immobilienfonds?

Scope hat aktuelle Ratings und eine Marktstudie zu offenen Immobilienfonds veröffentlicht. Bei den Ratings gab es insgesamt mehr Verbesserungen als Verschlechterungen. Auf den zweiten Blick sieht Scope aber auch beunruhigende Entwicklungen und Szenarien – wie etwa einen möglichen Brexit.

Scope Analysis hat alle für Privatanleger relevanten offenen Immobilienpublikumsfonds in Deutschland bewertet, die über mehr als ein abgeschlossenes Geschäftsjahr verfügen sowie ausgewählte Fonds für institutionelle Investoren. Insgesamt wurden Ratings für 14 Publikumsfonds, drei Spezialfonds und zusätzlich einen Immobiliendachfonds veröffentlicht.

Neun veränderte Ratings

Im Vergleich zum Vorjahr haben sich sechs Ratings verbessert und drei verschlechtert. Sieben Ratings blieben gleich und zwei Ratings wurden neu erstellt. Die Herabstufungen resultieren wesentlich aus gesunkenen Vermietungsquoten und einer gesunkenen Performance. Die Ratingverbesserungen sind zu großen Teilen das Ergebnis verbesserter Vermietungsparameter und eines gesunkenen risikofreien Zinses, der die Produkte im Marktvergleich aktuell wettbewerbsfähiger macht. Das Ratingspektrum reicht dabei gegenwärtig von aa bis bb-.

Massive Zuflüsse

Im ersten Quartal 2016 nahmen Fonds, die sich vorwiegend an Privatinvestoren richten, Scope zufolge netto mehr als 2,8 Mrd. Euro an Anlegergeldern auf. Im ersten Quartal 2015 waren es nur 1,7 Mrd. Euro. Die hohen Zuflüsse führen laut Scope zu hohen Liquiditätsquoten von durchschnittlich 22,4%. Viele Fonds stoppen daher schon die Zuflüsse. Einige Fonds würden die hohe Liquidität auch nutzen, um Kredite zurückzuführen. Die durchschnittliche Kreditquote ist daher im Vergleich zum Vorjahr um 1,8 Prozentpunkte (PP) auf 15,5% gesunken.

Vermietungsquoten bleiben hoch

Die durchschnittliche Vermietungsquote der Publikumsfonds liegt nahezu konstant bei 93,8%. Vier Publikumsfonds weisen faktisch Vollvermietung auf. Die hohen Quoten resultieren Scope zufolge aus der Erholung an den Vermietungsmärkten und spiegeln die Ankäufe voll vermieteter Objekte bei einigen Produkten wider. Auch erfolgte Portfoliobereinigungen tragen demnach zur Verbesserung der Quoten bei. Die zunehmend angekauften Projektentwicklungen wurden nicht berücksichtigt.

Verstärkte Investition in Projektentwicklungen

Aufgrund der teilweise überhitzten Core-Immobilienmärkte investieren die Fonds laut der Studie verstärkt in den eigenen Bestand, in B-Standorte und in Projektentwicklungen. 2015 entfielen ungefähr 15% des Ankaufsvolumens auf Projektentwicklungen. Darüber hinaus werden Hotelimmobilien immer beliebter.

Brexit-Gefahr

Mögliche Probleme drohen offenen Immobilienfonds allerdings aus Großbritannien. Das Land ist ein wichtiger Investitionsmarkt für einige offene Immobilienfonds. Mit einem Anteil von rund einem Achtel ist es der drittwichtigste Markt nach Deutschland und Frankreich. Entsprechend aufmerksam dürften Manager und Investoren von offenen Immobilienfonds die Diskussion um einen Brexit beobachten.

Sollte es zu einem Austritt Großbritanniens aus der EU kommen, wäre aus Sicht von Scope mittelfristig vor allem der Finanzdienstleistungssektor in London betroffen – und London stehe derzeit für mehr als 80% des Verkehrswert der UK-Anteile der offenen Immobilienfonds. Immerhin: bei den Mieteinnahmen entfallen nur rund 17% der britischen Mieteinnahmen auf diesen Sektor.

Ausblick

Insgesamt erwartet Scope für 2016 aber Mittelzuflüsse über dem Vorjahresniveau. Im Vergleich zum ersten Quartal 2016 werde sich das Wachstum der Netto-Mittelzuflüsse hingegen leicht reduzieren. Die größte Herausforderung für Fondsmanager bestehe auch in diesem Jahr in der Allokation des hohen Mittelaufkommens. Dabei ist laut Scope entscheidend, wie die in der Hochpreisphase angekauften Objekte in einer Marktabkühlung reagieren oder einer Krisensituation standhalten.

Objekte an sehr guten Standorten hätten oft höhere Schwankungen hinsichtlich der Marktwerte und Mieten, seien aber hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Vermietbarkeit oder der Transaktionsfähigkeit oftmals im Vorteil. Langfristige Mietverträge mit Mietern hervorragender Bonität bilden könnten dabei eine solide Basis für den Ausgleich künftiger Marktschwankungen bilden. Auch das Vorhalten eines unmittelbar transaktionsfähigen Bestandes ist aus Sicht von Scope ein wichtiger Aspekt für die Zukunftsfähigkeit offener Immobilienfonds. (mh)