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Steuern & Recht
13. Dezember 2018
BU: Sicher durch die Nachprüfung

BU: Sicher durch die Nachprüfung

In der Berufsunfähigkeitsversicherung ist es meist schon in der Erstprüfung schwierig, Ansprüche gegenüber dem Versicherer durchzusetzen. Gelingt dies, folgt später das Nachprüfungsverfahren. Hier braucht der Versicherungsnehmer oft erneut den Rat eines Versicherungsmaklers, der sich auskennt. Darauf weist Dr. Christian Meisl, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner bei Groda & Partner Rechtsanwälte, hin.

Für Berater und Versicherungsnehmer stellt es eine erhebliche Herausforderung dar, gegenüber einem Berufsunfähigkeitsversicherer seine Ansprüche in der Erstprüfung durchzusetzen. Sofern das Mandat mit der erfolgreichen Durchsetzung der Leistungsansprüche gegenüber dem Versicherer endete, so ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu prophezeien, dass der Versicherungsnehmer in einigen Jahren wieder den Rat des Beraters benötigt, wenn der Versicherer das Nachprüfungsverfahren eingeleitet hat.

Dass der Versicherer hierzu das Recht hat, ergibt sich aus den Versicherungsbedingungen, wonach der Versicherer nach Anerkennung oder Feststellung der Leistungspflicht berechtigt ist, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Hierzu kann der Versicherer auf seine Kosten jederzeit sachdienliche Auskünfte anfordern und nach den meisten Bedingungswerken einmal jährlich umfassende Untersuchungen der versicherten Person durch zu beauftragende Ärzte verlangen.

Formell ordnungsgemäße Änderungsmitteilung durch den Versicherer ist zwingend erforderlich

Die im Rahmen der Nachprüfung gewonnenen Erkenntnisse muss der Versicherer dann dem Versicherungsnehmer in einer formell ordnungsgemäßen Änderungsmitteilung erläutern. Diese formell ordnungsgemäße Änderungsmitteilung ist für ein etwaiges Erlöschen der Leistungspflicht des Versicherers in der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung konstitutiv. Dies bedeutet, dass Veränderungen in den Leistungsvoraussetzungen für die Berufsunfähigkeitsrente rechtlich bedeutungslos und vom Gericht nicht zu prüfen sind, wenn eine formell ordnungsgemäße Änderungsmitteilung fehlt (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.12.2015, Az.: 9 U 104/14 – VersR 2016, 978).

In der Konsequenz heißt dies, dass der Versicherer an sein Anerkenntnis so lange gebunden bleibt, bis er mit Erfolg das Nachprüfungsverfahren durchgeführt hat. An den Inhalt der Änderungsmitteilung sind allerdings sehr strenge Voraussetzungen zu stellen. Das bedeutet, dass die Änderungsmitteilung eine für den Versicherungsnehmer nachvollziehbare Begründung enthalten muss, was sich seit dem ursprünglichen Anerkenntnis des Versicherers geändert hat und aus welchen Gründen die Leistungspflicht entfallen sein soll. Der Versicherungsnehmer muss in der Lage sein, aufgrund der Änderungsmitteilung und der mit dieser Mitteilung verbundenen Informationen abzuschätzen, wie sein Prozessrisiko aussieht, wenn er weiterhin eine Leistungspflicht des Versicherers geltend machen will. Hierbei muss die Mitteilung vor allem eine vergleichende Betrachtung der aus der Sicht des Versicherers maßgeblichen Umstände enthalten, die sich einerseits auf den Zeitpunkt des früheren Anerkenntnisses bezieht und andererseits auf den Zeitpunkt der Einstellung der Leistungspflicht.

Nachprüfung: Versicherer muss veränderte Umstände beweisen

Ob sich nun die tatsächlichen Umstände verändert haben oder nicht, ist, entgegen der Erstprüfung, nunmehr vom Versicherer zu beweisen. Selbstverständlich treffen den Versicherungsnehmer Mitwirkungspflichten, damit sich der Versicherer auch die entsprechenden Informationen beschaffen kann. Ob dies allerdings dann zu einer veränderten Situation führt, muss der Versicherer beweisen.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass das Nachprüfungsverfahren nicht den Sinn hat, eine von Anfang an fehlerhafte Entscheidung des Versicherers zu korrigieren. Hat daher der Versicherer den Gesundheitszustand im Rahmen der Erstprüfung fehlerhaft beurteilt, begründet dies bei unverändertem Gesundheitszustand kein Recht zur Leistungseinstellung (vgl. BGH, VersR 1999, 958), auch nicht für die Zukunft.

Verweisung ist nicht korrigierbar

Dies gilt nicht nur für die gesundheitlichen Verhältnisse, sondern auch für die Frage der Verweisung. Hat der Versicherer seine Leistungspflicht entgegen einer tatsächlich bestehenden Verweisungsmöglichkeit anerkannt, kann er dies nicht im Nachprüfungsverfahren korrigieren (vgl. BGH, VersR 2010, 619). Das OLG Celle hat hierzu sogar jüngst entschieden, dass die Leistungspflicht des Versicherers nicht automatisch mit dem Zeitpunkt endet, an dem aufgrund sachverständiger Feststellung der Versicherungsnehmer seine Berufsfähigkeit wiedererlangt hat. Leistungsfreiheit entsteht nach Auffassung des OLG Celle nur nach Mitteilung mit Wirkung für die Zukunft.

Hat sich der Versicherte jedoch von sich aus oder auf Veranlassung des Sozialversicherungsträgers einer Umschulung unterzogen oder hat er auf andere Weise neue berufliche Fertigkeiten erworben, so kann dieses überobligatorische Verhalten im Nachprüfungsverfahren auch dann berücksichtigt werden, wenn der Gesundheitszustand unverändert ist. Denn nach vielen Bedingungen kann der Versicherer erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausüben kann, wobei neu erworbene berufliche Fähigkeiten zu berücksichtigen sind.

Die Überwachung der Nachprüfung durch einen Berater kann hilfreich sein

Vor diesen Grundsätzen ist jedem Versicherungsnehmer zu empfehlen, auch im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens einen sachkundigen Berater einzuschalten und in diesen zu investieren. Dieser soll einerseits darauf achten, dass die Nachprüfung nicht zur Erstprüfung wird und dem Versicherer nur die Informationen an die Hand gegeben werden, die er tatsächlich für die Nachprüfung benötigt. Zudem hat der Berater darüber zu wachen, ob der Versicherer sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht eine Einstellung der Versicherungsleistung begründen kann.

Gerade die im Nachprüfungsverfahren erneut durchzuführende Begutachtung der gesundheitlichen Verhältnisse ist strengstens zu überwachen im Hinblick auf die Aufgabenstellung des Sachverständigen und wegen der anzusetzenden Parameter. Oft neigen Gutachter dazu, darüber zu befinden, ob die aktuelle, verminderte Tätigkeit vom Versicherungsnehmer ausgeübt werden kann. Dies ist allerdings der falsche Ansatzpunkt, da der aktuelle Gesundheitszustand mit dem zu vergleichen ist, der zum Versicherungsfall geführt hat.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2018, Seite 124 f.
 
Ein Artikel von
Dr. Christian Meisl