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5. April 2018
Der Weg zum digitalen Versicherer der Zukunft

Der Weg zum digitalen Versicherer der Zukunft

Digitalisierung ist mehr als ein IT-Projekt: Technologischer Wandel bedeutet auch den organisatorischen Umbau eines Unternehmens. Um den Wandel erfolgreich zu vollziehen, müssen auch Versicherer diese Betrachtungsweise noch mehr verinnerlichen. Ein Kommentar von Dr. Holger Rommel, COO der Adcubum AG.

Auf AssCompact Online fand sich jüngst ein sehr guter Artikel zum Thema „Warum digitale Initiativen in der Assekuranz scheitern“. Es lässt sich natürlich darauf verweisen, das IT-Projekte generell zu einem guten Prozentsatz scheitern, aber der Grund kann in diesem Fall auch an anderer Stelle liegen: Die Digitalisierung ist kein technologisches Thema, das in IT-Projekten vollständig adressiert werden kann. Der technologische Wandel verlangt vielmehr nach einem kompletten Überdenken des Geschäftsmodells eines Versicherungsunterunternehmens, der eigenen Prozesse und der Organisation. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Assekuranz 4.0 – Versicherungen im digitalen Dreieck“, die wir zusammen mit den Versicherungsforen Leipzig ausgearbeitet haben (Studie kostenfrei bestellen).

Durch die ganze Breite der technologischen Entwicklung – seien es das Internet of Things, Künstliche Intelligenz oder Smart Analytics – ergeben sich völlig neue Möglichkeiten für Versicherungsprodukte. Diese sind komplexer und feingranularer als heutige Produkte, bis hinab zur vollständigen Individualisierung. Diese komplexeren Produkte müssen immer stärker über moderne Kommunikationskanäle, Portale, Chatbots oder elektronische Assistenten an den Endkunden verkauft werden. Und das ist noch nicht alles: auch automatisierte Systeme werden Versicherungen an andere automatisierte Systeme verkaufen, wenn sich zum Beispiel ein neu angeschafftes Gerät direkt in die Versicherungspolice des zugehörigen Mietobjektes einbucht – ohne dass ein Mensch direkt an dieser Transaktion teilhat. Gleichermaßen muss der Schadenprozess mehr und mehr automatisch, zwischen Systemen und ohne das Zutun von Menschen ablaufen, um die immer weiter wachsende Komplexität weiter beherrschen zu können. Zusätzlich werden Themen wie die Schadenprävention und das vorausschauende Agieren durch Predictive Analytics zu einer wesentlichen Quelle für die Schaden- und Kostenoptimierung der Versicherungsunternehmen.

Digitalisierung ist mehr als ein weiterer IT-Anbau

Ein klassisches Versicherungsunternehmen, in Silos organisiert und mit viel „Handarbeit“ der Sachbearbeiter, ist diesen Anforderungen nicht gewachsen. Die Komplexität neuer Produkte ist durch einen Sachbearbeiter nicht mehr beherrschbar – weder im Vertrieb noch im Schadenfall. Die erforderliche durchgängige Prozessautomation ist in fragmentierten Unternehmen nicht möglich. Der dadurch fehlende Datenaustausch führt zu weiteren Ineffizienzen und verhindert die ganzheitliche Sicht auf alle Daten und damit den Einsatz moderner Analysemethoden. Der Fokus der IT auf den Bau und Unterhalt klassischer transaktionaler Systeme behindert Integration und Nutzung moderner Werkzeuge. Und schließlich ist durch die Konzentration auf den Menschen als „Prozessausführer“ eine vollautomatische Geschäftsbeziehung zwischen Systemen gar nicht möglich.

Das bedeutet daher, dass Digitalisierungsinitiativen in Unternehmen mit klassischen Organisationsstrukturen nicht nur an den technologischen Herausforderungen, sondern auch an den organisatorischen Hürden scheitern können – und mit Fortschreiten der technologischen Entwicklung immer öfter scheitern werden. Sie werden nicht den erhofften Nutzen bringen können, weil die Digitalisierungsinitiativen um die alte Organisation „drum herumgebaut“ werden müssen und so das Potenzial der neuen Technologien nicht voll wirksam werden kann.

Umbau zur datengetriebenen Organisation

Versicherer werden daher ihre Prozess- und Organisationslandschaft umbauen müssen, um mit dem technologischen Wandel Schritt zu halten. Sie werden sich zu datengetriebenen Organisationen entwickeln und die Möglichkeiten, die Smart Analytics und selbstlernende Systeme bieten, besser für sich nutzen müssen. Ihre Mitarbeiter werden mehr Systeme überwachen, die die Arbeit der einstigen Sachbearbeiter ausführen, als selbst als Sachbearbeiter tätig zu werden. Sie werden Systemen mehr und mehr Vorgaben machen, wie sie zu handeln haben, statt die Handlungen selber auszuführen. Natürlich muss dieser organisatorische Wandel Hand in Hand gehen mit der Einführung der Systeme, die vollautomatisch hochkomplexe und personalisierte Produkte erstellen, verkaufen und bewirtschaften – das eine geht so wenig ohne das andere wie umgekehrt.

Die Weichen hin zu mehr Automatisierung und Industrialisierung sind bereits gestellt. Mit den aktuellen technologischen Entwicklungen zeichnet sich ab, dass die Möglichkeiten, Prozesse mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand zu automatisieren, gerade einen unheimlichen Sprung vollziehen. Neuartige, selbstlernende Systeme können Aufgaben übernehmen, für die bestehende Systeme bislang nicht geeignet erschienen. Wenn in einem Versicherungsunternehmen klar ist, dass der technologische Wandel einen organisatorischen und prozessualen Umbau des ganzen Unternehmens erfordert, dann können dieser Unternehmensumbau und die Technologieprojekte aufeinander abgestimmt werden, sodass das volle Potenzial des technologischen Wandels erfolgreich gehoben werden kann, und die Digitalisierungsinitiativen damit ein Erfolg werden.