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Steuern & Recht
4. Februar 2016
Die Sorgerechtsverfügung im Vertrieb

Die Sorgerechtsverfügung im Vertrieb

Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen gelten schon lange als Türöffner für eine umfassende Beratung in Versicherungsangelegenheiten. Vermittler sollten aber auch eine Antwort auf die Frage „Was wird mit meinen Kindern im Fall des Falles?“ haben. Die Lösung: eine Sorgerechtsverfügung.

Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung werden in Deutschland jährlich rund 1.000 Kinder plötzlich zu Vollwaisen. Das kann durch Unfall, Krankheit oder aus anderen Gründen geschehen. Dennoch haben nur sehr wenige Eltern das Sorgerecht für ihre Kinder rechtlich korrekt geregelt.

Viele Vermittler haben bereits die Themen Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen in ihr „Anspracheportfolio“ aufgenommen, denn ohne diese Dokumente können Kunden eine böse Überraschung im Fall der Fälle erleben. Zudem sind mit dieser Ansprache Kunden eher bereit, neben den rechtlichen Gesichtspunkten zum Schutz der Person gleich über die eigene finanzielle Absicherung in Form von Versicherungsprodukten wie beispielsweise die Absicherung biometrischer Risiken zu sprechen.

Neben der eigenen Absicherung der Kunden sollte auch die Absicherung der Kinder in den Fokus rücken. Denn nur wenige Kunden beschäftigen sich mit der Frage, was denn mit den minderjährigen Kindern geschieht, wenn den Eltern etwas passiert. Deshalb eignet sich gerade auch die Frage nach der rechtlichen Absicherung der Kinder für einen Einstieg in die Absicherung der ganzen Familie, und das sowohl in rechtlicher als auch in finanzieller Hinsicht. Insbesondere für jeden „Generationenberater“ wird die Frage nach der Sorgerechtsverfügung damit zu einem Muss.

Wann ergibt eine Sorgerechts­verfügung Sinn?

Eine Sorgerechtsverfügung ergibt für alle Sinn, die selber entscheiden wollen, wer sich im Falle des Falles um die eigenen Kinder kümmern soll. Den meisten Sorgeberechtigten ist gar nicht bewusst, dass die Aufgabe der Erziehung in Deutschland gerade nicht ein Mitglied der Familie übernehmen darf, sondern das Jugendamt zuständig ist. Die Familie kann dann kaum noch Einfluss auf Aufenthalt und Erziehung der Kinder nehmen.

Das Sorgerecht sollte nicht (nur) in einem Testament geregelt sein

Eine Sorgerechtsverfügung ist eine Verfügung von Todes wegen. Deshalb kann diese Verfügung – wie das Testament – handschriftlich von der Person verfasst werden, die das aktuelle Sorgerecht inne hat. Aber entgegen den Angaben, die zum Teil im Internet kursieren oder auf sogenannten Vertriebsschulungen zum Besten gegeben werden, ergibt eine Sorgerechtsverfügung gerade nicht nur für den Todesfall Sinn, sondern gerade auch für die Fälle, in denen der Sorgeberechtigte „nur“ geschäftsunfähig (zum Beispiel Koma) oder auch nur „nicht erreichbar“ ist – wenn beispielsweise Kinder ausgesetzt werden oder der Sorgeberechtigte sich für längere Zeit im Ausland befindet und nicht zu erreichen ist.

„Taufpaten“ haben keine Rechte

Bedenken sollte man, dass der allseits bekannte „Taufpate“ vor dem Gesetz keine Rechte hat und von allen Entscheidungen um das Kind rechtlich ausgeschlossen bleibt! Einen „Taufpaten“ zu haben, ist also „nett“ und zahlt sich möglicherweise bei Geschenken für das Kind aus, aber rechtlich nützt das dem Kind gar nichts. Entscheiden darf nur derjenige, der vom Vormundschaftsgericht das Sorgerecht erhält.

Was ist inhaltlich in der Sorgerechtsverfügung zu regeln?

Mit der Sorgerechtsverfügung legen Sorgeberechtigte fest, wer rechtlich befugt sein soll, sich um die Kinder zu kümmern, wenn die Sorgeberechtigten selber wegen Tod, Geschäftsunfähigkeit oder Abwesenheit ausfallen. Letztlich entscheidet zwar das Vormundschaftsgericht, aber dieses darf nur in Ausnahmen von den Vorgaben der Sorgeberechtigten abweichen.

Sorgeberechtigte können zudem festlegen, an wen keinesfalls das Sorgerecht für die Kinder fallen soll. Das kann wichtig sein, wenn eine alleinsorgeberechtigte Person verhindern will, dass zum Beispiel der jähzornige „Ex“ oder die unangenehmen Schwiegereltern das Sorgerecht erhalten sollen.

Es ist auch sinnvoll, neben dem Erziehungsrecht die Vermögenssorge zu regeln. Hier geht es um die Frage, wer die Verwaltung des Erbes des Kindes bis zu dessen Volljährigkeit übernehmen soll. Dem einzusetzenden Vormund können auch Weisungen zur Vermögensverwaltung gegeben werden.

Darf ein Finanzberater überhaupt zum Sorgerecht beraten?

Der Vermittler darf keine Rechtsberatung durchführen. Er darf aber sehr wohl über das Thema informieren, Kundenwünsche aufnehmen und an eine Anwaltskanzlei weiterleiten. „Beraten“ darüber, was für die Sorgerechtsinhaber die sinnvollste Lösung ist oder wie man das am besten formuliert, darf der Vermittler und dürfen auch sogenannte Hinterlegungsgesellschaften, die als GmbH oder AG firmieren, nicht. Vermittler sollten daher aufpassen, dass der Kunde wirklich auch immer einen eigenen Vertrag mit einem Rechtsanwalt eingeht, wenn man als Vermittler nicht in eine Beraterhaftung geraten möchte.

Wo sollte eine Sorgerechtsverfügung hinterlegt werden?

Eltern sollten wie bei jedem wichtigen Dokument daran denken, dass diese Dokumente „nachher“ – also ohne ihr Zutun – auch gefunden werden. Man kann eine Sorgerechtsverfügung dem möglichen Vormund zur Aufbewahrung geben oder sie in Form eines Testamentes beim Nachlassgericht hinterlegen, sie von einem Anwalt oder Notar verwalten lassen oder aber – die aus Sicht des Verfassers beste Lösung – sie einer privaten Hinterlegungsstelle übergeben, die zahlreiche weitere Leistungen für den Fall der Fälle anbieten.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 02/2016, Seite 94f.

 
Ein Artikel von
Rechtsanwalt Lutz Arnold LL.M.

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Karsten R. Körwer am 04. Februar 2016 - 11:14

Die Themen rund um Versorgungsverfügungen sind derzeit in aller Munde. Doch werden hier auch viele Fehler gemacht, und/oder in Haftungsfallen gelaufen. Insofern kann man durch solche Artikel fachlich/sachlich nur gewinnen - einsetzen/umsetzen sollte man derartige Themen aber nicht allein - schon gar nicht als Vermittler. Hier gibt es aber Dienstleister dafür - vergleichen Sie und wählen Sie. Denn ein größeres Vertrauen und eine nachhaltigere Kundenbindung schafft man mit kaum einem anderen Thema - Daumen hoch!