AssCompact suche
Home
Assekuranz
13. Mai 2015
Diskussion um Artikel „Explosionsgefahr in deutschen Bilanzen“

Diskussion um Artikel „Explosionsgefahr in deutschen Bilanzen“

Um den AssCompact-Artikel „Explosionsgefahr in deutschen Bilanzen“ von Prof. Dr. Thomas Dommermuth ist eine Diskussion entfacht. bAV-Fachberater Uwe Hummel widersprach insofern, dass das Problem einer Pensionszusage auf der Aktiv- und nicht auf der Passivseite läge. Es folgt eine Dublik von Prof. Dr. Dommermuth.

Es ist immer erfreulich, wenn öffentlich vorgetragene Meinungsäußerungen eine Diskussion in Gang setzen. Auf diese Weise können Problembereiche von unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden, was – bei seriöser Diskussion – im Idealfall zu einer optimierten Erkenntnis, eventuell sogar zu einer verbesserten politischen Willensbildung beitragen kann.

Die von bAV-Fachberater, Uwe Hummel, am 29.04.2015 veröffentlichte Replik zu dem in AssCompact erschienen Aufsatz „Explosionsgefahr in deutschen Bilanzen“, ist in diesem Sinne erfreulich, kann aber dem eingangs vorgetragenen Idealbild leider nur unvollständig genügen.

Die Replik von Fachberater Hummel erweckt den Eindruck, dass nicht die Pensionsrückstellungsbildung in deutschen Bilanzen das Problem sei, sondern die zu geringe Ausstattung mit plan assets auf der Aktivseite. Diese Aussage wäre richtig, wenn sie in der Praxis funktionieren würde. Genau dies ist aber nicht der Fall: Unmittelbare Pensionszusagen weisen regelmäßig ganz gravierende Deckungslücken auf und das gilt nicht nur für die inhabergeführten KMU, sondern auch für die ganz großen Unternehmen. In meinem Artikel „Explosionsgefahr in deutschen Bilanzen“ wies ich darauf hin, dass die Rückdeckungsquote der 30 Dax-Konzerne Ende 2014 basierend auf IAS 19 trotz der hervorragenden Durchschnittsrendite des Planvermögens von über 7% im Schnitt auf ca. 55% sank, während sie noch ein Jahr zuvor über 65% betrug. Die 50 MDax Unternehmen kamen gerade einmal auf 45% und die KMU lagen im Schnitt noch deutlich darunter.

Natürlich ist es richtig, dass mit einer Schließung jener Lücken seit Einführung des Saldierungsgebotes zunächst in der IFRS-Bilanzierung und dann in § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB die Explosionsgefahr in der jeweiligen Handels- und der Konzernbilanz beseitigt wäre – diese Erkenntnis ist nicht neu und auch von zahlreichen anderen Experten, die es neben Herrn Hummel tatsächlich gibt, schon vor vielen Jahren erkannt worden(„der Rückdeckende wird belohnt!“). Dennoch haben die allermeisten Unternehmen auf derartige gut gemeinte Ratschläge aus dem Vertriebslager aus unterschiedlichen Gründen (z.B. Aufstockung einer Rückdeckung zu teuer, Steuerersparnisse aufgrund von § 6a zu niedrig, Rückdeckung nicht gewünscht oder sie erwies sich als Fehlinvestition) nicht oder nur unvollkommen reagiert; die daraus resultierenden gravierenden Unterdeckungen sind nun einmal leider nicht wegzudiskutieren. Zurück bleiben enorme ungewisse Verbindlichkeiten (Rückstellungen) in deutschen Bilanzen, die aufgrund der dramatischen Zinsrückgänge geradezu explodiert sind.

Diese Explosion war so groß, dass sie bei den 30 Dax-Konzernen die bereits vorhandenen Deckungslücken trotz der o.e. traumhaften Durchschnittsrendite der plan assets noch vergrößert hat. Ohne Zweifel hat bAV-Fachberater Hummel Recht, wenn er eine Ausweitung der Aktivwerte fordert; aber dieser Prozess, der schon bisher nicht befriedigend funktioniert hat, weil er auf der Freiwilligkeit des jeweiligen Unternehmens beruht, ist nun doppelt schwer geworden: Zum einen weil die Sollgröße, Pensionsrückstellung, explodiert ist und sich der Deckungsbedarf dadurch noch erheblich vergrößert hat und zum anderen, weil verzinsliche Neu-Kapitalanlagen gleichzeitig völlig unrentabel geworden sind.

Das Problem wird übrigens dadurch noch intensiviert, dass § 6a EStG viel zu niedrige Pensionsrückstellungen für die Steuerbilanz kodifiziert, deren Konsequenz viel zu niedrige Steuerersparnisse sind. Dadurch fehlt ein wesentlicher Anreiz, ein seriöses Rückdeckungsvolumen aufzubauen.

Solange wir es also nicht hinkriegen, ausreichende Rückdeckungsquoten in Deutschland zu erzeugen, so lange kommt das Problem der unmittelbaren Pensionszusagen weiterhin von der Passivseite!

Lesen Sie auch:

„Explosionsgefahr in deutschen Bilanzen“

„Das Problem einer Pensionszusage liegt auf der Aktiv-, nicht auf der Passivseite“

 
Ein Artikel von
Prof. Dr. Thomas Dommermuth