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Steuern & Recht
14. Februar 2019
Eigenbedarfskündigung kann an Gesundheit des Mieters scheitern

Eigenbedarfskündigung kann an Gesundheit des Mieters scheitern

Die Kündigung der Wohnung wegen Eigenbedarfs kann scheitern, wenn der Mieter dadurch in existenzielle gesundheitliche Gefahr gerät. Das hat das Amtsgericht München in einem aktuellen Urteil entschieden.

Ist zu vermuten, dass der Mieter in existenzielle gesundheitliche Gefahr gerät, wenn man ihm wegen Eigenbedarfs das Mietverhältnis aufkündigt, dann kann die Kündigung scheitern. Das hat das Amtsgericht München entschieden.

Im konkreten Fall wies das Gericht die Klage gegen eine 52-jährige Mieterin auf Räumung der von ihr gemieteten Ein-Zimmer-Wohnung zurück. Der Vermieter hatte Eigenbedarf angemeldet. Er wollte die Wohnung seiner Tochter überlassen, die ein Studium in München plant.

Suizidgefahr bei Wohnungsverlust macht Eigenbedarfskündigung unmöglich

Die Beklagte erhob Widerspruch gegen die Kündigung und begründete ihn damit, dass sie unter einer verfestigten depressiven Störung sowie einer Angststörung leide. Der Verlust von Wohnung und gewohnter Umgebung würden zu einer akuten weiteren Verschlechterung ihrer Erkrankungen führen. Es sei von akuter Suizidalität auszugehen. Die Beklagte gab vor Gericht an, seit ihrer Jugend an psychischen Problemen zu leiden und sich bereits vielfach erfolglos um eine Ersatzwohnung bemüht zu haben. Der behandelnde Psychiater bestätigte die Angaben der kranken Frau.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab im Ergebnis der Beklagten Recht. Trotz der wirksamen Eigenbedarfskündigung ist das Mietverhältnis aufgrund des Antrags der Beklagten auf unbestimmte Zeit fortzusetzen. Die Beendigung des Mietverhältnisses bedeutet nach Ansicht des Gerichts für die Beklagte eine unzumutbare Härte, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen der Kläger nicht zu rechtfertigen ist. Die Beklagte ist räumungsunfähig.

Räumungsunfähigkeit bei gesundheitlichen Gefahren

Eine Räumungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Mieter aufgrund seines körperlichen oder geistigen Zustands nicht in der Lage ist, eine Ersatzwohnung zu finden und dorthin umzuziehen oder wenn der Gesundheitszustand oder die allgemeine Lebenssituation des Mieters durch den Umzug erheblich verschlechtert würden, wobei bereits die ernsthafte Gefahr einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung die Annahme einer unzumutbaren Härte rechtfertigen kann.

21-jährige Studienanfängerin hat bessere Aussichten bei der Wohnungssuche

Der aus Sicht des Gerichts entscheidende Unterschied zwischen der Tochter der Kläger und der Beklagten ist, dass die 21-jährige Tochter der Kläger keine psychischen Krankheiten hat. Zudem stehe sie gerade am Anfang ihres Studienlebens, das für gesunde Menschen aus Sicht des Gerichts vielfältige Möglichkeiten bietet. Das Interesse der Kläger an der Erlangung der Wohnung müsse daher gegenüber dem Interesse der Beklagten am Erhalt der Wohnung, der maßgeblich dafür ist, dass sich ihre Gesundheit nicht wegen eines Umzuges weiter verschlechtert, zurücktreten. (tos)

AG München, Urteil vom 28.09.2017, Az.: 433 C 10588/17