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8. Juli 2015
Erbschaftsteuerreform: Be- oder Entlastung von Familienunternehmen?

Erbschaftsteuerreform: Be- oder Entlastung von Familienunternehmen?

Die Bundesregierung hat das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst und einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen. Die Reform soll nach Aussagen von Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble die Kultur der Familienunternehmen in Deutschland fördern und langfristig Arbeitsplätze sichern. Kritiker befürchten jedoch das genaue Gegenteil.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte in seinem Urteil vom 17.12.2014 (Az.: 1 BvL 21/12) die bestehenden Verschonungsregelungen für betriebliches Vermögen zwar grundsätzlich für geeignet und erforderlich gehalten, um Unternehmen in ihrem Bestand zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten. Das Gericht hielt die Ausgestaltung der Verschonungsregelungen jedoch teilweise mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes für unvereinbar. Die Bundesregierung hat nun mit einem Gesetzentwurf (abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de) reagiert.

Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass zukünftig nur das sogenannte begünstigte Vermögen verschont werden kann. Begünstigt ist solches Vermögen, das überwiegend seinem Hauptzweck nach einer gewerblichen, freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit dient. Die Abgrenzung des begünstigten Vermögens nach dem Hauptzweck verhindere nach Ansicht der Bundesregierung zudem die vom BVerfG kritisierten missbräuchlichen Gestaltungen. In mehrstufigen Unternehmensstrukturen mit Beteiligungsgesellschaften wird das begünstigte Vermögen aufgrund einer konsolidierten Betrachtung ermittelt. Ein Ausnutzen eines Verwaltungsvermögensanteils von 50% auf jeder Stufe der Beteiligungsebenen, wie es das geltende Recht zulässt (sogenannte Kaskadeneffekte in Beteiligungsgesellschaften), ist danach nicht mehr möglich.

Weiter wird – wie im bisher geltenden Recht – das begünstigte Vermögen nach Wahl des Erwerbers zu 85% oder zu 100% von der Erbschaft und Schenkungsteuer befreit, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Zudem sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Anforderung an die Lohnsummenregelung mit der Zahl der Beschäftigten steigt. Bisher waren Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten von der Lohnsummenregelung unabhängig von ihrer Größe ausgenommen. Schließlich werden auch die im derzeitigen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht geltenden Verschonungsregeln geändert. Das Bundesfinanzministerium hat eine Übersicht der Neuregelungen veröffentlicht – www.bundesfinanzministerium.de.

„Gesetz geht an Unternehmensrealität vorbei“

Prof. Dr. Christian Rödl, Geschäftsführender Partner von Rödl & Partner, kritisiert die Kabinettsvorlage. Er warnt: „Wenn das Gesetz so kommt, wie es jetzt dem Bundestag vorgelegt werden soll, trifft dies die Familienunternehmen ins Mark“. Besonders beschäftigungsstarken Familienunternehmen drohen seiner Ansicht nach erhebliche Mehrbelastungen. Rödl führt aus: „Je größer ein Unternehmen und damit auch je mehr Mitarbeiter es hat, desto höher die steuerliche und die bürokratische Belastung. Viele erfolgreiche Traditionsunternehmen könnten dazu gezwungen werden, zu verkaufen oder Kapital an den Finanzmärkten aufzunehmen, um die Erbschaftsteuer bezahlen zu können. Damit gefährden wir den Garant für Beschäftigung und Wohlstand in Deutschland.“

Weitere Schritte

Das neue Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz soll zum 01.01.2016 in Kraft treten. Nach dem jetzigen Kabinettsbeschluss folgen die Lesungen im Bundestag. Die Länder könnten das Gesetzespaket im Zuge der Beratungen im Bundesrat nochmals aufschnüren. „Wir werden unsere Kritik konstruktiv bei Politik und Verbänden einbringen und uns dafür einsetzen, die Verschärfungen zu verhindern“, so Rödl. „Es kann nicht im Interesse von Bund und Ländern sein, mit den großen Familienunternehmen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft zu schwächen.“ (kb)

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