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23. Oktober 2015
Erst digitalisieren, dann automatisieren – zum Vorteil der Kunden

Erst digitalisieren, dann automatisieren – zum Vorteil der Kunden

Alles, was digitalisierbar ist, wird auch digitalisierbar gemacht. Die Gewinner müssten aber die Kunden sein, sagte Wolfgang Weiler, Vorstandssprecher der HUK-COBURG auf dem Nordbayerischen Versicherungstag. Dieser fand am 22.10.2015 in Coburg statt und hatte, wie kann es anders sein, die Digitalisierung in der Versicherungswirtschaft im Blick.

Der Nordbayerische Versicherungstag ist inzwischen zu einer festen Größe im Kalender der nördlichen Versicherungsregion in Bayern geworden. Im Laufe der Jahre haben sich 3.600 Teilnehmer und 180 Referenten zu den Zukunftsthemen der Versicherungswirtschaft ausgetauscht. Und auch das diesjährige Thema „Digitalisierung & Zukunftsperspektiven“ hat für großes Interesse gesorgt. Rund 400 Teilnehmer haben sich in Coburg zu Vorträgen und Diskussionsrunden getroffen. Neben Branchenvertretern waren auch der bayerische Finanzminister Dr. Markus Söder und der Philosoph Prof. Dr. Gunther Dueck geladen.

In einer Pressekonferenz erläuterte Prof. Dr. Petra Gruner von der Hochschule Coburg den Hintergrund der diesjährigen Themenwahl: „Innovation, Kreativität und Digitalisierung beschreiben die großen Herausforderungen, vor denen gerade auch die Versicherungswirtschaft in den nächsten Jahren und Jahrzehnten stehen wird.“

Dass die deutsche Wirtschaft und damit auch die Versicherungswirtschaft die Digitalisierung auf Applikationsebene stemmen werde, davon zeigte sich Bayerns Finanzminister Dr. Markus Söder überzeugt. Dies bestätigte auch Dr. Wolfgang Weiler, Sprecher der Vorstände der HUK-COBURG Versicherungsgruppe: „Alles, was digitalisierbar ist, wird auch digitalisierbar gemacht.“ Der zweite Schritt sei dann die Automatisierung. Er betonte, dass der Gewinner der Digitalisierung der Kunde sein müsse. Es gehe darum, die digitalen Kundenerwartungen zu erfüllen, indem man unkomplizierte Geschäftsmodelle anbiete, die einfach und schnell überall funktionierten. Zudem sieht Weiler in der Digitalisierung die Chance auf mehr Transparenz in der Versicherungswirtschaft. Dadurch könne wiederum Vertrauen in der Assekuranz wachsen.

Gleiche Bedingungen für alle Marktteilnehmer gefordert

Ein großes Problem seien nach Ansicht Weilers die ungleichen Wettbewerbsbedingungen, was den Bereich Datenschutz und Datensicherheit betrifft. Dies konnte auch der Schriftsteller Prof. Dr. Gunter Dueck nur bestätigen. Seiner Ansicht nach werde in Deutschland alles so stark reglementiert, dass kaum Möglichkeiten zum neuerlichen Probieren – also Innovation – bestünden. Die Versicherungswirtschaft stehe vor der Herausforderung, dass Innovationen in allen Lebensbereichen Auswirkungen auf die klassische Risikoabsicherung haben. Als Beispiel nannte Dueck selbstfahrende Fahrzeuge, die es seiner Überzeugung nach bald geben werde. Diese würden vermutlich als System versichert werden und nicht über den Fahrzeughalter. Damit würden Versicherungen einen der wichtigsten Kundenzugangspunkte verlieren. Prof. Dr. Petra Gruner sieht hierin allerdings auch eine Chance. So tragen Versicherungsprodukte dem menschlichen Sicherheitsbedürfnis Rechnung. Ändern sich die Umstände, so werden diese in Versicherungsprodukten abgebildet. Somit habe jede Innovation Auswirkungen auf die Versicherungsprodukte. Die Versicherungsbranche sei dadurch der geborene Innovator: eine Herausforderung, aber auch Grundlage für Innovation.

Das Produkt muss den Kunden suchen

Vorreiter in Sachen Digitalisierung und neue Vertriebswege ist nach Ansicht von Söder Amerika. Den Deutschen bescheinigte er hingegen ein fehlendes „Digitalisierungs-Genom“. In Amerika suche das Produkt die Kunden und nicht die Kunden das Produkt. Aufgrund der Profile im Netz und der entsprechenden Datenauswertungen wissen die Unternehmen, was die Kunden benötigen – und das oftmals, bevor es der Kunde selbst weiß. Damit werde ein Problem offensichtlich, das auch schon Dueck und Weiler angesprochen haben: die ungleichen Wettbewerbsbedingungen aufgrund des unterschiedlichen Verständnisses von Datenschutz.

Versicherungswirtschaft: Konkurrenz durch Google & Co.

Dueck erläuterte, dass sogenannte Fintechs beginnen, den Zahlungsverkehr neu zu definieren. Es bilden sich Infrastrukturen „über“ den klassischen Finanzunternehmen, die „einfach“ nur IT-Unternehmen sind und keine Banklizenz benötigen. „Sie vermitteln per App bald auch Versicherungen“, so Dueck. Das Wissen über die Risiken könne durch automatisiertes Surfen im Internet erworben werden. Individuelle Risiken von Kredit- und Versicherungsnehmern können per „Big Data“ zunehmend genauer erfasst werden. Wer mehr weiß, könne profitabler anbieten. Von überall auf der Welt können Kunden mit Angeboten konfrontiert werden. Konkurrenz also für die deutsche Finanz- und Versicherungswirtschaft.

Neue Geschäftsmodelle, Vertriebskonzepte und -wege wird es also infolge der Digitalisierung geben. Alle Beteiligten stellten zudem klar, dass die Digitalisierung den Menschen dient und dieser im Mittelpunkt steht. Bleibt die Frage, wie die deutsche Versicherungswirtschaft mit der großen Herausforderung „Digitalisierung“ weiter umgehen wird – dass sie es muss, ist unbestritten – und welche Rolle der Vermittler hierbei spielen wird. (kb)

Quelle Fotos: BWV/Forum V.