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28. Februar 2019
ETF-Portfolios als Alternative zu klassischen Mischfonds

ETF-Portfolios als Alternative zu klassischen Mischfonds

Nach dem Siegeszug von ETFs bei Profianlegern finden sich die kostengünstigen und transparenten Indexprodukte zunehmend auch in Privatanlegerdepots wieder. Doch eignen sich ETFs als Bausteine für komplette Portfolios, die sich mit klassischen Mischfonds messen lassen können?

Von Dr. Til Rochow, Head of Investment Products bei WeltSparen

Mit einem Gesamtvolumen von über 4,4 Bio. Euro weltweit sind ETFs die erfolgreichste Fondsinnovation der letzten Jahrzehnte. Auch in Europa machen ETFs laut dem Analysehaus Moodys mittlerweile bereits rund 15% des gesamten Fondsmarktes aus. Allein bei deutschen Direktbanken werden mittlerweile über 800.000 aktive Sparpläne auf ETF-Basis gezählt – mit einem Wachstum von über 40% im letzten Jahr.

Effiziente Marktabbildung

Der Erfolg von ETFs lässt sich auf konkrete Produktaspekte zurückführen. ETFs verfolgen einen passiven Ansatz: Mit ihrer Hilfe werden Märkte möglichst effizient abgebildet. Das macht sie in der Theorie transparent, günstig und performant.

ETF-Portfoliolösungen im Überblick

Mittlerweile gibt es ETF-Komplettlösungen, die sich für ein Gros der Anleger eignen. Dabei handelt es sich meist um langfristig ausgelegte, global diversifizierte Portfolios mit automatisiertem Rebalancing. Oft werden die Produkte online in Verbindung mit einem Depot angeboten. Grundsätzlich sind drei Modelle zu unterscheiden:

1. Automatisierte ETF-Portfoliolösungen

Hier handelt es sich um standardisierte ETF-Portfolios, die sich im Hinblick auf Aktienquote oder Portfolioallokation unterscheiden. Es wird jedoch immer ein passiver Anlageansatz verfolgt. Der Kunde investiert dabei unmittelbar in die den Portfolios zugrunde liegenden ETFs. Hohe Transparenz und besonders niedrige Gesamtkosten machen diese Angebote attraktiv. Unser eigenes Produkt WeltInvest fällt in diese Gattung.

2. ETF-Dachfonds

Bei ETF-Dachfonds wird ein ähnlicher Ansatz verfolgt, jedoch wird die ETF-Anlage mittels eines Fondsmantels umgesetzt. Dies kann steuerliche Vorteile haben und ermöglicht einen aktiven Allokationsansatz, ist aber in der Regel mit höheren Kosten und geringerer Transparenz verbunden. Bekannte ETF-Dachfonds sind die Easyfolios und die Comstage Vermögensstrategie-Produkte.

3. Robo-Advisor

Robo-Advisor bieten neben der Portfoliolösung auch weitergehende Unterstützung bei der Portfolioauswahl. Dabei wird meist eine vollständige Vermögens­verwaltung angeboten – für Kunden, die bereit sind, Anlageentscheidungen vollständig zu delegieren. Robo-Advisor nutzen zumeist ETFs, setzen in einigen Fällen jedoch aktive Strategien um. Zu den größten deutschen Anbietern in diesem Bereich gehören Scalable Capital, cominvest und quirion.

ETF-Portfolios und Mischfonds im Vergleich

ETF-Portfoliolösungen und Mischfonds verfolgen ein ähnliches Ziel: Privatanlegern eine möglichst einfache, langfristige sowie breit gestreute Anlage zu ermöglichen. Doch es lassen sich klare Unterschiede in den Ansätzen feststellen, wie diese Ziel erreicht werden soll.

Strategie und Performance

ETF-Portfolios und Mischfonds investieren in mehrere Anlageklassen – zumeist mit weltweiter Diversifikation. ETF-basierte Lösungen bieten Anlegern dabei eine besonders breite Risikostreuung und bilden in der Regel mehr als 5.000 Einzeltitel ab. Mischfonds-Portfolios sind hingegen deutlich konzentrierterer mit oftmals unter 50 Titeln auf der Aktienseite. Entsprechend geringer fällt die Diversifikation über Länder und Sektoren aus. Der größte Unterschied zu ETF-Portfolios ist sicherlich der durchgängig aktive Managementansatz bei Mischfonds, der den Anlegern eine aktive Titelauswahl und Portfoliosteuerung verspricht.

Dabei belegt eine Vielzahl von Studien die Underperformance von aktivem Management. Laut dem aktuellen Aktiv-Passiv-Barometer von Morningstar erzielten 70 bis 80% der aktiv verwalteten Fonds über fünf bzw. zehn Jahre eine geringere Rendite als vergleichbare ETFs und Indexfonds. Fondsportfolios auf der Basis von Indexfonds schneiden einer Studie von Richard A. Ferri und Alex C. Benke zufolge in allen Marktphasen besser ab als aktiv gemanagte. Und eine aktuelle Untersuchung von Morningstar stellt auch für Mischfonds fest, dass diese deutlich underperformen, und bescheinigt ihnen „ein verlorenes Jahrzehnt“.

Performance und Kosten von ETF-Portfolios

Mit ETF-Portfolios ließen sich in den letzten Jahren hingegen sehr gute Renditen erzielen: So lag bei einem regelbasiert zusammengestellten, global diversifizierten Portfolio mit einer Aktienquote von 50% im Zeitraum 11/2008–11/2018 die Rendite bei 105% bzw. 7,5% jährlich (30% Aktienquote: 73%, 5,6%; 70% Aktienquote: 141%, 9,2%). Das ist deutlich über dem Durchschnitt der ausgewogen ausgerichteten Mischfonds in Deutschland in diesem Zeitraum.

Kosten

ETF-Portfoliolösungen und Robo-Advisor zeichnen sich durch niedrige Kosten von durchschnittlich 1,2% jährlich aus. Erstere sind dabei besonders günstig – bei Produkten wie WeltInvest summieren sich die Gesamtkosten auf nur 0,49% p. a. der Anlagesumme. Darin enthalten sind neben den Fondskosten auch sämtliche Order- und Depotgebühren.

Im Vergleich gelangt das Gebührenmodell klassischer Mischfonds zunehmend unter Druck. Laut der europäischen Wertpapieraufsicht kosten Mischfonds pro Jahr durchschnittlich rund 2%. Eine Stichprobe ausgewählter deutscher Fondsflaggschiffe zeigt, dass sich zu laufenden Kosten von im Schnitt 1,6% oftmals Performance-Fees von 10 bis 20% addieren. Mit Ausgabeaufschlägen sowie Depot- und Orderkosten schlägt die Anlage so mit bis zu 2,5% jährlich zu Buche.

Transparenz und Fazit zu ETF-Portfolios

ETFs sind leicht verständlich, weil sie einen Index abbilden mit jederzeit einsehbarer Zusammensetzung. Dies gilt insbesondere bei (vollständiger) physischer Replikation. Bei regelbasierten ETF-Portfoliolösungen wissen Anleger immer genau, wie angelegt wird. Bei ETF-Dachfonds und Robo-­Advisorn mit aktivem Ansatz ist die Transparenz hingegen eingeschränkter. Gleiches gilt für Mischfonds, für die Flexibilität in der Anlagestrategie und der Einsatz von Derivaten in den meisten Fällen nur einen stichtagsbezogenen Gesamtblick auf die Portfoliozusammensetzung zulässt. Ausführliche Fondskommentierungen sind hier jedoch positiv hervorzuheben.

Einfacher und komfortabler Zugang zu Kapitalmärkten

ETF-Portfolios bieten einen einfachen und komfortablen Zugang zu den globalen Finanzmärkten. Dabei müssen sie sich gegenüber klassischen Mischfonds keineswegs verstecken. Gute historische Performance, niedrige Kosten und hohe Transparenz sprechen für ETF-basierte Portfolios – sofern Anleger auf die Versprechen aktiven Managements verzichten können. Vor dem Hintergrund zunehmenden Kostenbewusstseins und steigender Kundennachfrage sollten entsprechende Lösungen fester Bestandteil in einem modernen Produktangebot für Privatanleger sein. (mh)

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 02/2019, Seite 56 f. oder in unserem ePaper.