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Steuern & Recht
18. Juni 2015
Falschberatung: Keine Verjährungshemmung durch Mustergüteanträge

Falschberatung: Keine Verjährungshemmung durch Mustergüteanträge

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, welche Anforderungen an Güteanträge zu stellen sind, die zur Hemmung der Verjährung von Ansprüchen wegen fehlerhafter Kapitalanlageberatung führen. Die den Klagen zugrunde liegenden Mustergüteanträge haben diese Anforderungen jedenfalls nicht erfüllt. Die Muster wurden von einer Anwaltskanzlei zur Verfügung gestellt und sind in großer Zahl verwendet worden.

In den dem Bundesgerichtshof (BGH) vorliegenden Streitfällen verlangen die Kläger von dem beklagten Finanzdienstleistungsunternehmen unter dem Vorwurf der fehlerhaften Kapitalanlageberatung Schadenersatz. Den Klagen liegen Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds aus den Jahren 1999 und 2001 zugrunde. Die Frist für die Verjährung der Schadensersatzansprüche betrug gemäß § 195 BGB a.F. zunächst 30 Jahre. Seit dem 01.01.2002 gilt gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB jedoch eine maximale Verjährungsfrist von 10 Jahren, die hier mit Ablauf des 02.01.2012 (Montag) endete (§ 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB n.F.).

Mustergüteanträge wurden eingereicht

Zum Zweck der Hemmung der Verjährung reichten die jeweiligen Kläger im Dezember 2011 Güteanträge bei einer Gütestelle ein. Diese im Wesentlichen inhaltsgleichen Güteanträge gehen auf vorformulierte Mustergüteanträge zurück, die Anlegern von einer Anwaltskanzlei zur Verfügung gestellt worden waren. Dem Vernehmen nach haben mehrere tausend Anleger hiervon (oder von ähnlichen Musteranträgen) Gebrauch gemacht. Diese Fälle sind Gegenstand von laufenden Zivilprozessen in verschiedenen Gerichtsinstanzen.

BGH legt Anforderung an Güteanträge fest

Der BGH hat jetzt entschieden, dass Güteanträge in Anlageberatungsfällen

  • regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen,
  • die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und
  • den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen haben.

Ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist. Der Güteantrag muss für den Gegner erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss. Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten.

Große Zahl derzeit laufender Klagen von Kapitalanlegern unbegründet

Diesen Anforderungen genügen die in den vorliegenden Fällen verwendeten Mustergüteanträge nicht. Somit waren die Güteanträge nicht geeignet, die mit der Einreichung dieser Anträge bezweckte Hemmung der Verjährung herbeizuführen. Die Schadenersatzforderungen sind daher mit Ablauf des 02.012012 und somit vor der späteren Klageerhebung verjährt und können nicht mehr durchgesetzt werden (§ 214 Abs. 1 BGB). Damit erweist sich eine große Zahl derzeit laufender Klagen von Kapitalanlegern als unbegründet. (kb)

BGH, Urteile vom 18.06.2015, Az.: III ZR 189/14, 191/14, 198/14 und 227/14, Pressemitteilung vom 18.06.2015