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1. August 2017
Finanztest bewertet Rechtsschutztarife schlechter als vor drei Jahren

Finanztest bewertet Rechtsschutztarife schlechter als vor drei Jahren

Teurere Tarife, schlechtere Bedingungen für Verbraucher: Nach 2014 hat Finanztest in seiner diesjährigen Augustausgabe wieder Rechtsschutzversicherungen getestet und etliche der über 50 getesteten Produkte in seinem Urteil heruntergestuft. Ihr Urteil begründen die Tester mit gestiegenen Anwalts- und Gerichtskosten, die in die Tarifpreise eingeflossen seien und mit Reaktionen der Versicherer auf kostspielige Massenklagen.

In ihrer Augustausgabe nimmt die Zeitschrift Finanztest über 50 Familien-Rechtsschutztarife für die Lebensbereiche Privat, Beruf und Verkehr (PBV) von 31 Rechtsschutzversicherern unter die Lupe und stellt fest: Kein einziger erhält das Urteil „sehr gut“ und „gut“ sind nur 14 Tarife. Die guten Noten bewegen sich zwischen 1,6 und 2,5. Der überwiegende Teil der Tarife wird dagegen mit befriedigend und ausreichend bewertet, auch mangelhafte Bewertungen stehen zu Buche. Die Testsieger sind die Tarife „PBV Best“ (Allianz), „Premium“ (DAS/ERGO) und „PBV Optimal“ (WGV). Sie erhalten je eine Note von 1,6. Der WGV-Tarif ist gleichzeitig der günstigste im Test.

Der letzte Rechtsschutztarif-Test im Jahr 2014 hatte noch für 22 Tarife ein gutes Testurteil gefunden. Die schlechtere Bewertung begründet Finanztest unter anderem damit, dass viele Rechtsschutzversicherer nach dem Anstieg der Anwalts- und Gerichtskosten auch die Preise für ihre Tarife angehoben hätten. Außerdem hätten viele Rechtsschutzversicherer in den vergangenen Jahren viele teure Massenklagen von Kunden finanzieren müssen, die beispielsweise gegen den Widerstand ihrer Bank ihren Immobilienkredit widerrufen hätten. Auf diese Entwicklung hätten die Versicherer reagiert, indem sie ihre Versicherungsbedingungen angepasst und die teuren Widerrufsfälle ausdrücklich ausgeschlossen hätten, so das Fazit der Tester.

Versicherungsfall wird neu definiert

Einige Anbieter hätten laut Finanztest auch den Versicherungsfall ganz neu definiert – aus Sicht der Tester zu Ungunsten der Versicherungsnehmer. Als Beispiel wird hier ein fiktiver Berufsunfähigkeitsfall geschildert: Eine Kundin hatte im Juli 2016 eine Berufsunfähigkeitsversicherung und im Mai 2017 eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen. Wenn sie 2020 berufsunfähig wird, der BU-Versicherer ihr aber die Leistung verweigert, da sie angeblich 2016 wichtige Vorerkrankungen verschwiegen habe, so müsste ihr Rechtsschutzversicherer ihr eine Deckungszusage geben, da sie im Moment der Zahlungsverweigerung durch den BU-Versicherer (2020) rechtsschutzversichert war. Dass sie noch nicht rechtsschutzversichert war, als sie angeblich die Vorerkrankungen unterschlagen hatte (2016), darauf kommt es zunächst nicht an. Allerdings haben nun einige Versicherer ihre Bedingungen dergestalt geändert, dass sie für den Versicherungsfall auch berücksichtigen, was der BU-Versicherer der Kundin vorwirft und dass sie zum Zeitpunkt des angeblichen Versäumnisses noch nicht rechtsschutzversichert war. Laut Finanztest trägt diese Änderung der Versicherungsbedingungen bei einigen Anbietern im aktuellen Test dazu bei, dass das Testurteil von „gut“ auf „befriedigend“ rutscht (Stichwort: verbraucher(un)freundliche Regelung des Versicherungsfalls).

Einjahresregel: Weitere Abschaffungen, aber auch Wiedereinführungen

Eine weitere negative Entwicklung sieht Finanztest darin, dass im Vergleich zum Test im Jahr 2014 noch einige weitere Anbieter die Einjahresregel abgeschafft haben. Diese Regel ist vor allem für Kunden hilfreich, deren Rechtsstreitigkeiten sich aufgrund von mehreren Ereignissen über Jahre hinweg aufbauen. Hier galt dann: Liegt die erste Streitursache länger als ein Jahr vor Abschluss der Rechtsschutzversicherung, kann der Versicherer darauf keine Deckungsverweigerung stützen. Beispiel: Ein Autofahrer, der im Jahr 2016 ein Verkehrsdelikt mit Punkten in Flensburg begangen hat und im Jahr 2018 eine Rechtsschutzversicherung abschließt, sammelt in den folgenden zwei Jahren bis 2020 mit weiteren sechs Verkehrsverstößen weitere Punkte an. Die insgesamt sieben Verkehrsverstöße führen dann schließlich zum Führerscheinentzug. Möchte der Kunde sich mithilfe seines Rechtsschutzversicherers gegen den Führerscheinentzug wehren, kann der Rechtsschutzversicherer die Leistung verweigern, da er sich ohne Einjahresregel darauf berufen kann, dass der Kunde zum Zeitpunkt der ersten Ursache für den Führerscheinentzug (2016) nicht rechtsschutzversichert war.

Im Zusammenhang mit der Einjahresregel führen die Autoren von Finanztest aber auch einen positiven Aspekt an: So hätten ARAG, WGV, DEVK und LVM die Einjahresregel wieder eingeführt, nachdem Finanztest im Jahr 2014 die Abschaffung kritisiert hatte. (ad)