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27. April 2018
Franke und Bornberg nimmt erneut BU-Leistungspraxis unter die Lupe

Franke und Bornberg nimmt erneut BU-Leistungspraxis unter die Lupe

Drei von vier Leistungsentscheidungen in der BU gehen laut Franke und Bornberg zugunsten des Kunden aus. Knapp die Hälfte der Ablehnungen werden ausgesprochen, weil der vereinbarte BU-Grad nicht erreicht wurde und Besonders häufig würden Gutachten bei psychischen Erkrankungen eingeholt.

Die aktuelle Leistungspraxis-Studie zu Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) der Ratingagentur Franke und Bornberg hat ergeben, dass drei von vier Leistungsentscheidungen zur BU (75,7%, Vorjahr 75,3%) zugunsten des Kunden ausgehen. Von den Anerkenntnissen erfolgen laut Franke-und-Bornberg-Studie 86,5% (Vorjahr 86,6%) bedingungsgemäß, 10,9% (Vorjahr 10,6%) auf Basis einer individuellen Vereinbarung und 2,6% (Vorjahr 2,7%) vor Gericht.

Etwas mehr Anfechtungen als im Vorjahr: Versicherer und Vermittler in der Pflicht

Knapp die Hälfte aller Ablehnungen (48,5%, Vorjahr 54%) werden ausgesprochen, weil aus Sicht der Versicherer der vertraglich vereinbarte BU-Grad, in der Regel 50%, nicht erreicht wurde. Weitere rund 30% (30,6%, Vorjahr 26,7%) sind auf Anfechtungen und Rücktritte zurückzuführen. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies aus Kundensicht eine leichte Verschlechterung. Hier sieht Franke und Bornberg die Unternehmen und die Vermittler besonders in der Pflicht. Im Interesse der Kunden sollten Versicherer auf die Rechtsfolgen falscher Angaben im Antrag noch deutlicher als bisher hinweisen, zumal sich Rücktritte und Anfechtungen zumeist als gerichtsfest erwiesen. Auch stichprobenhafte Prüfungen der Angaben des Kunden (unter Umständen mit Arztrückfrage) können dazu beitragen, die Qualität der Antworten auf mittlere Sicht zu verbessern.

Abrechnungsdiagnosen fallen auf Kunden zurück

Ein besonderes Ärgernis stellen laut Franke und Bornberg sogenannte Abrechnungsdiagnosen dar, die auf den Kunden zurückfallen können. Hier stehen die Ärzte in der Verantwortung, die ohne Wissen der Patienten Diagnosen allein zu Abrechnungszwecken in den Akten dokumentieren. Im Leistungsfall holen die Versicherer regelmäßig Arztberichte ein und vermuten dann eine Anzeigepflichtverletzung.

Weniger Prozesse

Wenn der Versicherer seine Leistungspflicht ablehnt, kann der Versicherte gegen die Entscheidung klagen. Davon machten im Jahr 2016 bei den untersuchten Gesellschaften insgesamt 589 (Vorjahr 622) Kunden Gebrauch. Verloren haben die Versicherer 10% der Prozesse (Vorjahr 14%). Der Rest teilt sich auf in Vergleiche (62%, Vorjahr ebenfalls 62%) und gewonnene Prozesse (28%, Vorjahr 24%). Bezogen auf alle Leistungsfälle betrug die Quote der von Versicherern verlorenen Prozesse 0,28% (Vorjahr 0,43%).

Inhaltlicher Schwerpunkt Gutachten: Psyche überwiegt

Einen inhaltlichen Schwerpunkt legt Franke und Bornberg in der aktuellen Studie auf Gutachten. Gutachter werden von den Versicherern bezahlt. Daher ist die Vermutung nachvollziehbar, die Gutachten würden möglichst zugunsten der Gesellschaften ausfallen. Dafür liefert die Untersuchung laut Franke und Bornberg keine echten Anhaltspunkte: Gutachten seien kein Massenphänomen. Sie würden nur in 6% (Vorjahr 5,2%) aller Leistungsfälle in Auftrag gegeben – eben immer dann, wenn besondere Expertise gefragt sei. Besonders häufig würden Gutachten bei psychischen Erkrankungen eingeholt. Sie seien mittlerweile für 57% der Gutachten verantwortlich – Tendenz steigend.

Eine auffällige Konzentration auf einzelne Gutachter konnten die Experten von Franke und Bornberg nicht feststellen. Niedergelassene Fachärzte würden im gleichen Umfang wie Universitätskliniken beauftragt, gefolgt von Gutachterbüros. Bei der Auswahl spiele offenbar die Nähe zum Wohnort des Versicherten eine Rolle. Entscheidend seien meistens die zeitlichen Ressourcen der Gutachter.

Über die Untersuchung

An der Untersuchung haben sich, wie in den Vorjahren, die Versicherer AachenMünchener, ERGO, HDI, Nürnberger, Stuttgarter, Swiss Life sowie Zurich Deutscher Herold beteiligt. Sie verwalten mit 4,57 Millionen Stück einen maßgeblichen Anteil aller BU-Verträge in Deutschland und stehen für knapp 50% aller Leistungsfälle. Neben der Datenanalyse setzt Franke und Bornberg auch auf eine Analyse vor Ort. (ad)