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16. Januar 2015
Geteiltes Experten-Echo auf den Schweizer Währungsschock

Geteiltes Experten-Echo auf den Schweizer Währungsschock

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat am 15.01.2015 für Turbulenzen an den Finanzmärkten gesorgt. Völlig überraschend hat die Notenbank den seit 2011 festgelegten Mindestkurs von 1,20 Schweizer Franken je Euro aufgehoben. Das Echo der Währungsexperten auf diesen überraschenden Schritt fällt geteilt aus.

Tagesschwankungen von mehr als 20% sind bei Währungen alles andere als üblich – vor allem bei einer Ankerwährung wie dem Schweizer Franken. Entsprechend deutlich fielen die Reaktionen der Finanzmärkte aus. Der Schweizer Aktienmarkt rutschte am Donnerstag um rund 9% ab und zog kurzzeitig auch andere Leitindizes wie den Dax mit nach unten. Hintergrund war die Aufhebung des Mindestkurses von 1,20 Schweizer Franken je Euro.

Ein Befreiungsschlag

Dirk Aufderheide, Chief Currency Strategist Active der Deutschen Asset & Wealth Management, war wie viele Marktbeobachter überrascht: „Das ist ein überraschender Schritt der SNB. Die Zentralbank hat erkennen müssen, wie schwer es ist, eine solche Marke zu halten, und nun das Ende mit Schrecken statt den Schrecken ohne Ende gewählt.“ Angesichts der zu erwartenden Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) hätte die SNB ihre Politik nur zu stark zunehmenden Preisrisiken fortsetzen können. Die Aufhebung des Mindestkurses sei daher ein Befreiungsschlag. „Die SNB kann sich nun wieder auf ihr geldpolitisches Mandat und die Makroökonomie konzentrieren“, so Aufderheide.

Sehr große Deflationsgefahr

Kritik findet er an der Umsetzung. „Sie hätte aber auch eine sanftere Abkehr wählen können, etwa über eine Bindung an einen Währungskorb. Der völlige und abrupte Rückzug erscheint aktuell kontraproduktiv für die EZB.“ Der starke Ölpreisverfall zusammen mit der „flash crash“-Aufwertung des Franken berge zudem eine sehr große Deflationsgefahr und schwäche die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen stark.

Nachvollziehbar, aber zu früh

Trotz eines gewissen Verständnisses für die SNB kritisiert auch Joachim Corbach, Währungsexperte bei Swiss & Global Asset Management den Schritt. Dass so eine Entscheidung überraschend erfolgen muss, sei zwar absolut korrekt, der Zeitpunkt der Aufhebung des Mindestkurses aber verfrüht. „Ein Zusammenhang mit den zu erwartenden zusätzlichen geldpolitischen Maßnahmen der EZB liegt auf der Hand. Nicht zuletzt deshalb, als das von der SNB eingeführte Instrument der negativen Zinsen genau am 22.01. in Kraft tritt, exakt am Tag der EZB-Entscheidung“, so Corbach. Der auf –0,75% gesenkte Leitzins der SNB bewege sich am oberen Rand des Möglichen. In welchem Ausmaß er ausreicht, um das Interesse ausländischer Investoren zu bändigen, bleibe abzuwarten. „Ein Erfolg dieser Maßnahme ist jedoch zumindest mittelfristig nicht auszuschließen“, sagt Corbach. (mh)