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Sonderthema Freie Berufe und Freiberufler
16. Dezember 2015
Hebammenschutz: „Das Ganze ist schlichtweg ein Trauerspiel“

Hebammenschutz: „Das Ganze ist schlichtweg ein Trauerspiel“

Geht es um die Absicherung von Heilberufen, setzt Versicherungsmakler Daniel Nömayr insbesondere auf sein Heilwesen-Netzwerk. Auf dem aktuellen Stand zu sein, hält er gerade in dieser Zielgruppe für besonders wichtig. Die Entwicklungen im Hebammenschutz kritisiert er, für andere Heilberufe ist er optimistischer.

Interview mit Daniel Nömayr, Finanz- und Versicherungsmakler

Herr Nömayr, Sie haben sich auf die Absicherung von Heilberufen spezialisiert. Wer gehört hier zu Ihrer Zielgruppe?

Spezialisiert würde ich es nicht ganz nennen. Aber es ist zumindest einer meiner wesentlichen Zielgruppen, die ich berate und auf die ich mich immer mehr fokussiere. Konfrontiert ist man ganz grundsätzlich mit einer Unmenge unterschiedlichster Berufe, die in diese Gruppe hineinfallen. Unterteilt werden alle diese Berufe dann in nichtakademische und akademische Berufe. Letztere sind in Berufskammern organisiert, wie zum Beispiel Arzt oder Apotheker.

Was sind die wichtigsten Absicherungen für Menschen, die in diesem Bereich tätig sind?

Allen voran geht es bei den Heilberufen natürlich um die Berufshaftpflichtversicherung. Das ist definitiv die mit Abstand wichtigste Absicherung und für alle Berufe relevant. Ein vor allem in den Kammerberufen oftmals unterschätztes Risiko ist das der Berufsunfähigkeit. Denn hier besteht überwiegend die Meinung, man sei über die Kammer bereits ausreichend abgesichert. Meist wird dort jedoch die Definition der Berufsunfähigkeit wesentlich nachteiliger ausgelegt als bei einer privaten Vorsorge. Welcher Arzt würde beispielsweise gerne seine Zulassung abgeben, um eine Rente aus dem Versorgungswerk zu erhalten?

Darüber hinaus sind unter anderem die Krankentagegeldversicherung sowie die Praxisausfallversicherung für Heilberufe wichtig. Oftmals ist auch eine Inventar- und eine Elektronikversicherung sinnvoll, da teilweise sehr hohe Inventarwerte und in machen Berufsgruppen medizinische Elektrotechnik von hohem Wert vorhanden sind. Des Weiteren kommt es natürlich immer auf die individuelle Situation an: Wurde die Praxis gerade übernommen und kreditfinanziert, steht eine Übergabe der Apotheke oder Praxis an und Ähnliches.

Kann man die Risiken eingrenzen? Was ist besonders wichtig?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Denn für jedes Berufsbild sind gewisse Besonderheiten zu beachten. Ein Beispiel: Verkauft ein Apotheker einem Kunden ein zu teures Arzneimittel, bei dem die Krankenkasse dann die Leistung kürzt, würde – falls der Apotheker so etwas abgeschlossen hat – die sogenannte Aut-Idem-Deckung greifen und diesen Vermögensschaden für ihn abwenden. Werden eigene Rezepturen hergestellt, braucht es die sogenannte AMG-Deckung. Diese kann man im Prinzip als Produkthaftpflicht für den Apotheker ansehen. Im Bereich Rechtsschutz ist als Beispiel der Regress-/Abrechnungs-Rechtsschutz zu nennen. Dieser greift unter anderem, wenn die Krankenkasse Leistungen bei der Abrechnung kürzt und der Arzt oder Apotheker dagegen vorgehen will.

Mit welchen besonderen Herausforderungen sehen sich Vermittler konfrontiert, die sich mit der Absicherung der Heilberufe beschäftigen?

Grundsätzlich ist eines immer und ohne Kompromisse erforderlich, was die relevanten Themen bezüglich dieser Berufsgruppen betrifft: nämlich stets auf dem aktuellsten Stand zu sein. Mir als sehr netzwerkorientiertem Versicherungsmakler hilft dabei die Tatsache, auf ein mittlerweile großes Netzwerk an Heilberuf-Spezialisten zurückgreifen zu können und sich natürlich fortwährend auch bei diesem Thema auszutauschen. So bleibe ich auf aktuellstem Stand und kann mich jederzeit und über kurze Dienstwege mit meinen Fragen an jemanden wenden. Überhaupt bin ich überzeugt, dass eine Vernetzung qualifizierter Versicherungsmakler in der Branche zu einem Muss werden wird bzw. werden muss.

Apropos „muss“: Heilwesenmakler müssen zukünftig verstärkt darauf achten, dass ihre Kunden den Anforderungen des Patientenrechtegesetzes genügen. Die umfassende, verständliche Kundeninformation und deren Dokumentation besitzt oberste Priorität. Die fehlerhafte Papierform muss zwingend durch die digitale Version abgelöst werden.

Gibt es große Haftungsfallen, die es zu beachten gilt?

Haftung ist ein Dauerbrenner in der Finanzbranche. Aber es gibt keine „Enthaftung“. Für keinen Beruf. Ich kann nur alles dafür tun, um das Haftungspotenzial so gering wie möglich zu halten. Für uns Makler gilt schließlich eine Versicherungspflicht. Meine VSH habe ich ganz bewusst über einen Spezialmakler abgeschlossen, um hier im Fall der Fälle auch einen optimalen Versicherungsschutz zu haben. Zudem sehe ich meinen Netzwerkverbund, der ja aus mehreren Zielgruppen und echten Spezialmaklern für Heilberufe besteht, als eine gute und wirksame Maßnahme, zielgenau und eben auch haftungsarm arbeiten zu können.

Wie verfolgen Sie die Diskussion beim Hebammenschutz? Gibt es überhaupt noch ausreichenden Versicherungsschutz für alle Medizinbereiche oder bemerken Sie, dass sich Versicherer vermehrt zurückziehen?

Das Ganze ist schlichtweg ein Trauerspiel. Zum einen, weil wir in Deutschland ein massives demografisches Problem haben. Zum anderen, weil wir im Versicherungsbereich mittlerweile eine Monopolstellung durch die Konzentration auf einen Berufsverband und einen einzigen Versicherungsmakler haben, die in Summe den gesamten Markt völlig abschotten. Fehlender Wettbewerb führt immer zu stark steigenden Beiträgen. Ich kann die Auffassung der Versicherungsbranche nicht verstehen, sich aus diesem Bereich zurückzuziehen, da auch dort der Nachwuchs an qualifizierten jungen Menschen fehlt. Und: Warum wird hier nicht mit staatlichen Mitteln gefördert? In anderen Berufszweigen passiert das doch auch – und zwar schon seit Jahren.

Im Bereich anderer Heilberufe sehe ich derzeit aber noch ausreichenden Versicherungsschutz am Markt. Doch immer mehr Versicherer ziehen sich zurück, da sie nicht über das erforderliche Know-how verfügen bzw.– unbegründet – Angst vor den Risiken haben.

Ist Unterversicherung ein großes Thema in diesem Bereich?

Ja, das ist ein großes Thema, mit dem wir bei unserer täglichen Arbeit immer wieder konfrontiert sind. Und zwar bei der Haftpflichtversicherung gleichermaßen wie bei der Inventarversicherung. Entweder sind die Deckungssummen zu niedrig – und somit nicht mehr zeitgemäß – oder, im Fall der Inventarversicherung, die Versicherungssummen nicht mehr passend. Oftmals wurden diese seit Jahren oder gar Jahrzehnten nicht mehr überprüft oder es ist noch eine Zeitwert-Klausel in den Bedingungen verankert. Mancher Versicherungsschutz ist so alt wie die Praxis selbst. Diese Situation zeigt uns aber parallel auch auf, welch enormes Potenzial für uns Makler in dieser Sparte steckt.

Welche Erfahrungen haben Sie im Leistungsfall gesammelt?

Bisher recht gute. Sowohl direkt bei meinen Mandanten als auch bei denen meiner Netzwerk-Kollegen. Wobei man dazu sagen muss, dass es sich dabei zumeist um Sachschäden handelte. Äußerst positive Erfahrungen machten wir allesamt mit Multi-Risk-Policen bei Apotheken, Zahnärzten und Allgemeinmedizinern. In Sachen Personenschäden hilft uns der Netzwerkgedanke ganz besonders – denn den meisten Maklern fehlt einfach die Erfahrung, um ihre Kunden wirkungsvoll zu unterstützen.

Wie sieht Ihr Vergütungskonzept aus? Beraten Sie gegen Honorar?

Mich hätte gewundert, wenn Sie diese Frage nicht gestellt hätten ... Ja, das tun wir. Und zwar schon seit einigen Jahren. Ich bin überzeugt, dass es zukünftig beide Wege geben wird und geben muss. Also klassische Courtage und Beratung gegen Honorar. Klassisch arbeite ich nach wie vor in den Sach- und Haftpflichtsparten. Im Bereich von Servicedienstleistungen, die über meine normale Maklertätigkeit hinausgehen, vereinbare ich jedoch ebenso Honorare mit den Mandanten wie bei Beratungen zur Altersvorsorge – was ja ein sehr umfangreiches und verantwortungsvolles Thema ist.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2015, Seite 46f.

 
Ein Artikel von
Daniel Nömayr

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Herbert Dirksen am 16. Dezember 2015 - 10:38

Ja, wir beklagen zu wenige Geburten und müssen zusehen, wie Hebammen ihre Praxen zu machen, weil sie nichts übrig behalten von ihren Einnahmen. Dafür holen wir Kinder rein, die in Hütten geboren wurden, unter Betreuung der Familie, beschnitten wurden und dann unsere Fehlbestände an jungen Menschen auffüllen.
Nach Deutschunterricht, guter Verpflegung und Anspruch auf menschenwürdige Unterkunft mit Waschgelegenheit, Eingliederung und Schulung bzw. Arbeitseinführung. Alles mit Bundes- Landes- und Gemeindegeldern!
Und sehr viel ehrenamtlicher Leistung, die die öffentliche Hand gar nicht bezahlen könnte.
Unsere werdenden Mütter rennen ihrer gesetzlichen Vorgaben entsprechend von Arzt zu Arzt für Vorsorgeuntersuchungen, Vorbereitungskursen mit Hebammen, wenn sie eine finden und bekommen dann in aller Not ein Köningskind in einem Alter, wo die Einwanderer bereits Großmutter werden oder sind, mit einigen Nachkommen.

Gespeichert von Harro von Lier… am 16. Dezember 2015 - 12:07

Was ist denn für ein völlig schräger, komplett undifferenzierter, unsachlicher, zusammenhangloser, unsäglich dummer Kommentar von Herrn Dirksen?

Gespeichert von Sebastian Arnz… am 16. Dezember 2015 - 17:34

Generell stimme ich meinem Kollegen zu, dass es eine Sauerei ist, was mit den Hebammen passiert, aber bei den anderen Themenpunkte zeigt der Kollege leider fachliche Mängel, sodass er mit Sicherheit gute Produkte eines mir bekannten und in kollegialer Verbindung stehenden Assekuradeur nutzt, aber im Bereich Heilberufe noch etwas lernbedarf hat.