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1. August 2017
IDD-Umsetzungsgesetz: Es wird Gewinner und Verlierer geben

IDD-Umsetzungsgesetz: Es wird Gewinner und Verlierer geben

Das deutsche Umsetzungsgesetz zur IDD wird die Marktkonsolidierung verschärfen. Wie Vermittler als Gewinner der IDD hervorgehen können, berichten Prof. Dr. Matthias Beenken (Fachhochschule Dortmund) und Uwe Baumann (Vertriebsservice-Plattform Swiss Compare) im Doppelinterview.

Wie dramatisch ist das deutsche Gesetz zur IDD (Insurance Distribution Directive) wirklich?

Prof. Matthias Beenken: Die IDD greift den roten Faden der europäischen Regulierungen auf. Sie setzt sie konsequent fort und mahnt die Branche, sich stärker am Kundeninteresse auszurichten.

Uwe Baumann: Das deutsche Umsetzungsgesetz zur IDD zieht wesentlich mehr Pflichten und komplexere Arbeitsprozesse für Vermittler nach sich als bisher. Die Marktkonsolidierung wird sich verschärfen.

In welchen Aspekten unterscheidet sich die deutsche Version von der EU-Richtlinie?

MB: Die Unterschiede liegen zum Beispiel in der Förderung der Honorarberatung, wohingegen die IDD beim Thema Vergütung neutral ist. Weitere Beispiele sind das Provisionsabgabeverbot oder die umfassende Beratungspflicht selbst im Fernabsatz, obwohl eine Beratung – so wie in der IDD definiert – dort gar nicht geleistet werden kann. Grundsätzlich geht es aber darum, Fehlanreize bei der Vermittlung zu vermeiden, die aus überkommenen Provisionssystemen resultieren.

Glauben Sie, dass ein Mischfinanzierungsmodell aus Honorar- und Provisionszahlungen wie in Österreich nach Artikel 19 IDD auch in Deutschland möglich ist?

UB: Ich glaube nicht, dass die vom Gesetzgeber gewünschte reine Honorarberatung die vorherrschende Vertriebsform sein wird. Die meisten Menschen können oder wollen sich eine Honorarberatung nicht leisten. Beispiele aus dem Ausland belegen dies. Deswegen wird es in Deutschland auf ein Mischfinanzierungsmodell hinauslaufen. Mit dem IDD-Umsetzungsgesetz sind die Grundsteine dafür gelegt worden.

Wann wird das deutsche Gesetz in Kraft treten?

MB: Am 23.2.2018 tritt das gesamte Gesetz in Kraft und muss angewendet werden. Allerdings: Sobald das neue Gesetz im Gesetzblatt steht, tritt bereits das Provisionsabgabeverbot in Kraft. Schätzungsweise gegen Ende des Jahres werden darüber hinaus diverse Fragen in der Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) sowie in Delegierten Rechtsakten der EU geregelt werden.

Wo sehen Sie die Nachteile für die Vermittler?

MB: Zukünftig werden Vermittler verpflichtet sein, noch stärker Ziele und Wünsche des Kunden zu beachten, eine detaillierte Risikoprofilierung vorzunehmen und im Kundeninteresse einen Produktvergleich auf Grundlage einer umfassenden Partner- und Produktwelt und mit einer vernetzten Angebots- und Vergleichssoftware anzustellen. Beim Verkauf von sogenannten IBIPs (Investment Based Insurance Products) oder Fondspolicen muss die Produkteignung mindestens einmal im Jahr geprüft und aktive Warnhinweise zu Produkten gegeben werden. Hinzu kommen rechtskonforme Dokumentationsunterlagen. All diese Pflichten werden viele Vermittler erst mal überfordern.

Wo liegen denn die Vorteile für die Vermittler?

UB: Vermittler, die die Kundenorientierung ernst nehmen und sich schnell auf die neuen Prozesse einlassen, werden einen Vorsprung haben. Die anderen werden den Markt möglicherweise verlassen.

Wie können sich Vermittler fit für die Zukunft machen?

UB: Jetzt ist es Zeit für eine Inventur der eigenen Geschäftsprozesse. Vermittler müssen sich fragen: Welche Änderungen kommen auf mich zu? Was tue ich bereits heute und was muss ich noch in Angriff nehmen? Was kann ich selbst tun und bei welchen Tätigkeiten ist die Einbindung eines strategischen Partners sinnvoll. Letztlich müssen sich Vermittler auf ihr Kerngeschäft – die Kundengewinnung und -beratung –fokussieren, um als Gewinner der IDD hervorzugehen.

Prof. Dr. Matthias Beenken und Uwe Baumann referieren zu diesem Thema am 19.09.2017 beim Zukunftstag in Hannover.

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Ein Artikel von
Uwe Baumann
Prof. Dr. Matthias Beenken