AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
13. Mai 2015
IVD befürchtet nach Mietspiegel-Urteil Prozesslawine

IVD befürchtet nach Mietspiegel-Urteil Prozesslawine

Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat den Berliner Mietspiegel für unwirksam erklärt. Begründung: Die Erstellung beruhe nicht auf wissenschaftlichen Grundsätzen. Der Immobilienverband IVD befürchtet vor dem Hintergrund der Einführung der Mietpreisbremse eine Prozesslawine.

Im Streitfall hat das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg der Klage einer Vermieterin auf Zustimmung der Mieter zu einem Mieterhöhungsverlangen von monatlich 853,21 Euro auf 946,99 Euro netto kalt (bei einer Größe von 131,71 m² entsprechend 7,19 Euro pro m²) stattgegeben.

Keine anerkannte wissenschaftliche Methode

Nach durchgeführter Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens hat das Gericht entschieden, dass dem Berliner Mietspiegel 2013 keine gesetzliche Vermutungswirkung gemäß § 558 d Abs. 3 BGB zukomme, da die von den Erstellern des Mietspiegels vorgenommene Extremwertbereinigung nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden erfolgt sei. Dadurch seien relevante vergleichbare Mieten in dem hier maßgeblichen Mietspiegelfeld K 1 (Altbau, bezugsfertig vor 1918, Größe der Wohnung über 90 m², mittlere Wohnlage, mit Sammelheizung, Bad und WC in der Wohnung) mit Mieten von 7 Euro bis 11 Euro pro m² zu Unrecht als Wucher eingestuft worden und unberücksichtigt geblieben. Außerdem entspreche die Einordnung der verschiedenen Wohnlagen in die Kategorien „einfach“, „mittel“ und „gut“ nicht anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen.

Mieterhöhungsverlangen ist begründet

Aufgrund der festgestellten fehlerhaften Extremwertbereinigung könne der Mietspiegel auch nicht als sogenannter einfacher Mietspiegel im Sinne von § 558 c Abs. 1 BGB zur Ermittlung der Vergleichsmiete herangezogen werden. Vielmehr habe dies durch Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens zu erfolgen. Nach dem Gutachten sei davon auszugehen, dass die ortsübliche Vergleichsmiete 7,23 Euro pro m² betrage und daher das Mieterhöhungsverlangen der klagenden Vermieterin begründet sei.

Prozessflut mit Einführung der Mietpreisbremse

„Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, aber es hat eine Signalwirkung weit über die Hauptstadt hinaus, da die Begründung des Gerichts auf viele Mietspiegel in anderen Städten übertragbar ist“, sagt Jürgen Michael Schick, Vizepräsident des Immobilienverbands IVD. „Mietspiegel werden durch die Einführung der Mietpreisbremse künftig eine viel größere Bedeutung haben als bisher, da die ’ortsübliche Vergleichsmiete’ der entscheidende Parameter für die Festlegung der Miethöhe bei Neuvermietungen sein wird“, erklärt Schick.

Von Gerichten wurde bislang meist der Mietspiegel als objektiver Maßstab anerkannt und auch die meisten Mieter und Vermieter haben den Mietspiegel akzeptiert. „Das wird sich jedoch mit dem Urteil ändern“, prognostiziert Schick. „Wir rechnen mit einer Prozessflut, wenn die Bundesländer die Mietpreisbremse einführen. Viele Vermieter aus anderen Städten werden anzweifeln, dass der Mietspiegel der jeweiligen Stadt nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist.“ In diesen Fällen wird, wie in Berlin geschehen, ein Gutachten erstellt, ob der Mietspiegel wissenschaftlichen Grundsätzen entspricht. Dabei wird überprüft, ob die Stichprobe ausreichend groß war und die erhobenen Daten repräsentativ waren. (kb)

Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 11.05.2015, Az.: 235 C 133/13, nicht rechtskräftig