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29. Januar 2018
IW Köln: Reichtum ist eine Standortfrage

IW Köln: Reichtum ist eine Standortfrage

Ob man eher zu den Armen oder den Reichen zählt, hängt unter anderem davon ab, in welchem Land man zuhause ist. In einer interaktiven Grafik des IW Köln kann man per Schieberegler herausfinden, zu welcher Bevölkerungsschicht man sich in den verschiedenen europäischen Ländern rechnen könnte.

Mit ein und derselben Kaufkraft kann ein Bürger in Deutschland zur Mittelschicht zählen, in Luxemburg als armutsgefährdet gelten und in Rumänien zu den Reichen gerechnet werden. In einer interaktiven Grafik des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln kann jeder Bundesbürger herausfinden, wo er mit seiner Kaufkraft im Schichtgefüge der anderen europäischen Länder landen würde. Ökonomen definieren Arm und Reich meist in Relation zum Medianeinkommen des jeweiligen Landes: Wer weniger als 60% davon hat, dem droht Armut, Reichtum beginnt je nach Abgrenzung bei 200 bis 300%. In Deutschland betrug das Medianeinkommen im Jahr 2014 kaufraftbereinigt 1.656 Euro, in Luxemburg 2.450 Euro und in Rumänien 390 Euro.

Grundlegende Verschiebung, wenn Europa als ein Land behandelt wird

Eine andere Option ist, Europa so darzustellen als wäre es ein einziges Land, dies ändert die Besetzung der Einkommensschichten grundlegend: Rund 20 Millionen Europäer aus reicheren Ländern gelten dann nicht mehr als armutsgefährdet. Umgekehrt schaffen es mehr als 45 Millionen Menschen aus den ärmeren EU-Staaten nicht mehr über die EU-weite Armutsschwelle, obwohl sie nach den jeweiligen nationalen Standards nicht armutsgefährdet waren. Das träfe beispielsweise in Rumänien auf rund 90% der Bevölkerung zu, in Luxemburg dagegen auf weniger als 2%.

Statistische Verbesserung für Deutschland

Insgesamt würden rund 22% der EU-Bürger in einem fiktiven europäischen Staat unter der kaufkraftbereinigten Armutsschwelle leben – gemäß des bevölkerungsgewichteten Durchschnitts der nationalen Quoten sind es lediglich 17%. Spiegelbildlich dazu würde die Mittelschicht im weiten Sinn schrumpfen: von knapp 79 auf rund 73%. Die Zahl der Einkommensreichen stiege von 4 auf 5%. Der Wohlstand ist in Europa also spürbar ungleicher verteilt als der Durchschnitt der einzelnen Länder vermuten lässt. Für Deutschland dagegen würde die EU als supranationale Einheit statistisch eine Verbesserung darstellen: Gemessen am mittleren Einkommen der EU würde sich die relative Armut in etwa halbieren.