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14. Juni 2016
Kapitalanlagebetrug: Gefahren für Anbieter und Vermittler

Kapitalanlagebetrug: Gefahren für Anbieter und Vermittler

Die Schäden, die in Deutschland durch Kapitalanlagebetrug verursacht werden, nehmen stetig zu. Auch die Zahl von Kapitalanlagebetrugsfällen steigt zunehmend. Auch diejenigen, die die Anlageprodukte vertreiben, sind im Zusammenhang mit dem Kapitalanlagebetrug verschiedenen Risiken ausgesetzt.

Eine entscheidende Rolle für den gesetzlichen Straftatbestand des Kapitalanlagebetrugs (§ 264a StGB) spielen die Angaben in Prospekten – daher der ebenfalls gängige Begriff Prospektbetrug. Sind diese Angaben unrichtig und versprechen sie dem Anleger dadurch einen gewissen Vorteil, machen sich Anbieter strafbar. Dies gilt ebenso für nachteilige Tatsachen, die dem Anleger gegenüber in Prospekten verschwiegen werden. Nicht notwendig ist dabei, dass der Verantwortliche eine Absicht zur Vermögensschädigung bei Anlegern verfolgt hat oder dass eine finanzielle Schädigung letztlich eintritt. Unrichtige oder verschwiegene Angaben allein könnten genügen, um sich des Kapitalanlage­betrugs strafbar zu machen.

„Allgemeines“ Haftungsrisiko für Vermittler

Auch für Finanzanlagenvermittler oder Honorarberater (im Folgenden Vermittler), die Anlagen vertreiben und Prospekte verwenden, ist Vorsicht geboten. Denn in der Regel übernehmen Vermittler die Verantwortung für die Richtigkeit der Prospekte. Und typischerweise lassen sich Anleger in Verkaufsgesprächen sogar ausdrücklich die Richtigkeit der Angaben vom Vermittler versichern. Die Konsequenz: Es gilt eine besondere, verschuldensunabhängige Haftung. Unabhängig davon ist der Vermittler nach vertraglicher Haftung schadenersatzpflichtig, wenn er fahrlässig unrichtige Angaben nicht erkannt hat. Hat sich der Vertragsschluss bereits „angebahnt“, kann bereits vor dem eigentlichen Vertragsschluss eine vertragliche Haftung bestehen. Dieses „allgemeine“ Haftungsrisiko ist für Vermittler nicht unerheblich: Wird von Anlegern Fahrlässigkeit unterstellt, sind Vermittler in diesem Fall beweispflichtig. Jedoch wird es in vielen Fällen schwer nachzuweisen sein, dass den Vermittler kein Verschulden trifft und nicht fahrlässig gehandelt wurde.

Arbeitgeberhaftung bei angestellten Vermittlern

Ist der Vermittler nicht selbstständig tätig, sondern bei einem Unternehmen angestellt, ergeben sich Abweichungen hinsichtlich dessen, wer für unrichtige Angaben haftet. Die vertragliche Haftung richtet sich grundsätzlich immer gegen den Vertragspartner. Bei Abschluss eines Vertrags mit dem Anleger tritt der Vermittler als Stellvertreter des Arbeitgebers auf – Vertragspartner ist somit der Arbeitgeber. Die vertraglichen Ansprüche auf Schadenersatz richten sich folglich nur gegen ihn. Selbst wenn ihm die Unrichtigkeit des Prospekts nicht bekannt ist, seinem angestellten Vermittler aber schon, kann es zu einer Haftung des Arbeitgebers kommen. Hat der angestellte Vermittler allerdings ausdrücklich die Verantwortung für einen unrichtigen Prospekt übernommen, ist auch eine Haftung des Angestellten nicht auszuschließen.

Prospektverantwortlichen drohen bei unrichtigen Angaben hohe Strafen

Eine strafrechtliche Verurteilung wegen Kapitalanlagebetrugs, also allein wegen falscher oder fehlender Angaben, zieht bereits eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe nach sich. In den meisten Fällen resultiert aus derartigen falschen Prospekten eine finanzielle Schädigung der Anleger, sodass sich der Straftatbestand auf „echten“ Betrug (i. S. d. § 263 StGB) und damit auch der Strafrahmen auf bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe erweitert. Wurde dabei fahrlässig gehandelt, können Verantwortliche zumindest nicht strafrechtlich verurteilt werden. Jedoch sei darauf hingewiesen, dass in beiden Fällen bereits der Nachweis des sogenannten bedingten Vorsatzes zur Strafbarkeit genügen könnte. Angewandt auf den Fall des Betrugs (§ 263 StGB) handelt der Verantwortliche bedingt vorsätzlich, wenn er zumindest erkennt, dass er durch unrichtige Angaben bei Anlegern falsche Erwartungen hervorruft, eine mögliche Vermögensschädigung bei ihnen aber billigend in Kauf nimmt.

Insbesondere in Verbindung mit dem Handel von Wertpapieren erweist sich eine Abgrenzung von bedingtem Vorsatz und Fahrlässigkeit als schwierig. Wegen genau dieses „Graubereichs“ ist für die Verantwortlichen von Prospekten Vorsicht geboten, um einer Unterstellung von Vorsatz vorzubeugen. Vermittlern drohen durch die Übernahme der Verantwortung bei dem Nachweis vorsätzlichen Kapitalanlagebetrugs oder gar Betrugs die oben aufgeführten Strafen ebenso wie Anbietern selbst. Da in diesen Fällen typischerweise mehrere Akteure an dem Vertrieb eines Anlageprodukts beteiligt sind, können sich höchstens bei der Beurteilung der einzelnen Tatbeiträge Unterschiede ergeben, die wiederum zu unterschiedlich hoch ausfallenden Einzelstrafen führen können.

Schutz durch sorgfältige Kontrolle

Anbietern oder Vermittlern ist ausdrücklich zu empfehlen, sorgfältig zu kontrollieren, ob alle Informationspflichten in den Prospekten erfüllt und sämtliche Angaben richtig sind. Richtungsweisend ist dabei der Grundsatz, dass Anlegern gegenüber sämtliche erheblichen Tatsachen offenzulegen sind, welche die Kaufentscheidung maßgeblich beeinflussen.

Anschaulicher wird dies anhand des Beispiels einer typischen geschönten Angabe: In Niedrigzinsphasen lassen sich Prospektverantwortliche womöglich schnell zu hohen Renditeversprechen verleiten, die unter Umständen nicht eingehalten werden können. Auch von überhöhten Wertangaben wie beispielsweise bezüglich des Eigenkapitals eines Unternehmens ist abzusehen. Schlussendlich unterscheiden sich die im Einzelfall erforderlichen Angaben deutlich je nach Anlageprodukt und Anlageform.

Vorsicht vor Schneeballsystemen

Ergänzend sollten Verantwortliche auch Prospekte, die sie von übergeordneten Anbietern erhalten haben, kontrollieren und Angaben dokumentieren. Dies ist ratsam, um unseriöse Anbieter zu erkennen und nicht als Teil einer Betrugsbande betrachtet sowie unbemerkt in ein sogenanntes Schneeballsystem verwickelt zu werden. Der in den Medien thematisierte Fall von Kapitalanlagebetrug durch den Konzern Infinus ist ein Beispiel für ein solches Schneeballsystem. Sechs ehemalige Manager des Finanzdienstleisters müssen sich wegen des bandenmäßigen Betrugs von rund 22.000 Anlegern vor Gericht verantworten. Die Zahlungen neuer Anleger werden bei einem Schneeballsystem nicht in Wertpapiere investiert, sondern dazu eingesetzt, die Ausschüttungen an vorherige Anleger zu bezahlen. In derartigen Betrugsfällen droht eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 06/2016, Seite 110 f.

 
Ein Artikel von
Von Rechtsanwalt Dr. Christian Pfeifer

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Heinrich Bockholt am 14. Juni 2016 - 08:42

Der Artikel zur Haftung ist sehr richtig. Es bleibt dabei, der Kapitalanlagevermittler bzw. Honorarfinanzanlageberater muss bei Prospekten über Kapitalanlagen klüger sein als die Emittenten, BaFin und abstempelnden Wirtschaftsprüfer zusammen. Da helfen nur eigene Kompetenz, eine richtige Vermögenschadenhaftpflichtversicherung und ein Fachanwalt oder man lässt die Pfoten davon.
Prof. Heinrich Bockholt, Koblenz
Bundesverbband Finanz-Planer Oldenburg

Gespeichert von Bruno Steiner am 14. Juni 2016 - 09:25

"Wie lange haftet ein Vermittler?" "Das kommt auf den Klebstoff an!" Politik und BAFIN versagen vollkommen und der Vermittler bleibt der "Dumme" - Schöne heile Vermittlerwelt?