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14. Juli 2017
Kein BU-Leistungsfall ist wie der andere

Kein BU-Leistungsfall ist wie der andere

Immer häufiger fällt in der Berufsunfähigkeitsversicherung der Fokus von Medien und Öffentlichkeit auf die Leistungsfallregulierung der Versicherer. Für Stephan Kaiser, Geschäftsführer der BU Expertenservice GmbH, ergibt sich aber in der Praxis der Leistungsfälle ein differenzierteres Bild, dem die mitunter negative Berichterstattung zur Leistungsbereitschaft der Versicherer nicht gerecht wird. Mit diesem Thema beschäftigte sich am Mittwoch eine Veranstaltung in Nürnberg.

Der Bereich Berufsunfähigkeit bietet Vermittlern großes Vertriebspotenzial, doch es ergeben sich bekanntermaßen auch einige Herausforderungen in der Praxis: von der Produktauswahl über Haftungsfallen in der Beratung bis hin zum Eintreten des BU-Leistungsfalls, der für einen Großteil der Makler kein Alltagsgeschäft darstellt. Diese Herausforderungen standen auch im Mittelpunkt des 5. BU-Expertentags, zu dem die BU-Expertenservice GmbH im Rahmen einer Veranstaltungsreihe am 12.07.2017 nach Nürnberg geladen hatte. Die erste Herausforderung bildet so zunächst die Auswahl des passenden Produkts bzw. des „richtigen“ Versicherers. Da der Markt inzwischen viele gute bis sehr gute Produkte bietet, wie zumindest verschiedene Rankings aufzeigen, und auch im Hinblick auf den Preis eine relativ gute Transparenz vorherrscht, rückt als Auswahlkriterium für Makler immer öfter das Leistungsverhalten der Versicherer in den Vordergrund. Allerdings wird die Leistungsbereitschaft der Versicherer in den Medien kontrovers diskutiert: Es wird ein einseitiges Bild gezeichnet – zulasten der Versicherer.

„Es liegt nicht immer am Versicherer...“

Nach Einschätzung von Stephan Kaiser, Geschäftsführer der BU Expertenservice GmbH, liegt es aber nicht immer am Versicherer, wenn eine Berufsunfähigkeit nicht anerkannt wird. Anders als die negative Berichterstattung und Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zeige die Praxis laut Kaiser ein differenziertes Bild. Wie der BU-Fachmann erklärt, finden sich viele Probleme in der Leistungsfallbearbeitung außerhalb des Verantwortungsbereichs des Versicherers. So würden sich etwa immer mal wieder Mandanten mit psychischen Erkrankungen im Laufe der Antragsstellung nicht mehr melden, sodass die Anträge nicht weiterbearbeitet werden könnten. Er unterstrich aber auch, dass sich im BU-Leistungsfall auf der Seite der Versicherer die Spreu vom Weizen trennen würde.

Kein BU-Leistungsfall ist wie der andere

Die ganz unterschiedlichen Beispiele, die Kaiser aus seiner eigenen Beraterpraxis schilderte, zeigten einmal mehr, dass in der BU jeder Fall ein Einzelfall ist. Dies mache die Begleitung im Leistungsfall sehr zeitintensiv und erfordere viel Fachwissen. Die Schilderungen reichten von Problemen, ein vernünftiges Gutachten zu bekommen, über eine unerforschte Krankheit, schlecht nachweisbare Berufsbilder, einer BU im Ausland bis hin zu einem Extremfall: ein Selbstständiger mit psychischer Erkrankung und fünf BU-Policen bei vier Versicherern.

Haftungsfallen für Makler

Welche Fallstricke sich für Makler bei der BU-Beratung auftun können, erläuterte der Rechtsanwalt Dr. Christian Meisl von der Regensburger Kanzlei Dr. Groda & Partner mbB. Bei der Beratung sei es demnach für Makler wichtig, auf die Besonderheiten in den Bedingungswerken zu achten. Im Hinblick auf die erforderliche vollständige und wahrheitsgemäße Beantwortung der Gesundheitsfragen empfiehlt der Anwalt Maklern, ggf. die Patientenakte vom Kunden einzuholen. Der Makler müsse zudem den Beratungsprozess lückenlos dokumentieren, ebenso die Entscheidung des Kunden. Vermittler sollten sich ihre Dokumentation auch vom Kunden immer unterschreiben lassen. Interessanterweise rät der Anwalt Maklern auch, ihren Kunden in dem Zusammenhang eine Rechtsschutzversicherung zu empfehlen. Im Leistungsfall wiederum gelte es für Makler genau zu überlegen, ob sie unterstützen wollen, und zu prüfen, ob sie dies überhaupt dürfen. Denn schnell könne die Grenze zur unerlaubten Rechtsberatung überschritten sein, was jeweils im Einzelfall zu ermitteln sei.

„FAIR“-Siegel soll Makler bei der Auswahl unterstützen

Aufgrund der öffentlichen Diskussion um die Leistungsbereitschaft der Versicherer fällt bei der Auswahl-Entscheidung eines BU-Produkts der Blick auch auf die Leistungsquote der Produktanbieter. Nach Auffassung von Kerstin Voß, Vertriebsleiterin bei der Ratingagentur ASSEKURATA, die ebenfalls vor Ort referierte, lassen Kennzahlen alleine betrachtet aber nicht auf die Leistungsbereitschaft eines Versicherers schließen. Um hier für mehr Transparenz auf dem Markt zu sorgen, bietet ASSEKURATA gemeinsam mit dem BU-Expertenservice ein neues Zertifizierungsverfahren für Versicherer. Beurteilt wird die Fairness des Anbieters bei der Regulierung in BU-Leistungsfällen. Das „FAIR“-Siegel als Qualitätsurteil soll Makler bei der Auswahl des Versicherers unterstützen. (tk)

(Das Bild oben links zeigt Stephan Kaiser, Geschäftsführer der BU Expertenservice GmbH, auf der Veranstaltung in Nürnberg.)