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5. Juli 2017
Kein Vertrieb ohne Beratung: IDD schiebt Ausnahmen einen Riegel vor

Kein Vertrieb ohne Beratung: IDD schiebt Ausnahmen einen Riegel vor

Insurtechs, Direktversicherer und Online-Vertriebe hatten bisher die Möglichkeit, ohne Beratung Produkte zu vermitteln. Diese Ausnahmeregelungen wurden in der IDD jetzt gestrichen und es gilt: gleiche Beratungspflichten für alle, ob online oder offline.

Der Bundestag hat am 29.06.017 im Rahmen der Umsetzung der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) beschlossen, dass es zukünftig keinen Vertrieb ohne Beratung mehr geben wird. Bisher hatten Vermittler von Versicherungen im Fernabsatz die Möglichkeit, auch ohne Beratung der Kunden die Produkte zu vertreiben. Der Gedanke dahinter war, die Abläufe im Verkauf bei weniger beratungsintensiven Produkten im Onlinevertrieb zu vereinfachen. Die Kritik auf Maklerseite und von mehreren Vermittlerverbänden, die für gleiche Rechte und Pflichten für Offline- und Online-Verkäufer mobil machten, hat nun Erfolg gezeigt. Die Ausnahmeregelung für Verträge im Fernabsatz wurde gestrichen (§ 6, Abs.6 VVG).

Keine Wettbewerbsverzerrung im Onlinevertrieb

Der AfW begrüßt, dass es „zukünftig keine wettbewerbsverzerrenden Ausnahmen mehr im Onlinevertrieb gibt“, wie er in einer Pressemitteilung schreibt. Gleichzeitig weist der Verband jedoch darauf hin, dass er sich „ausdrücklich nicht“ der Möglichkeit des Robo-Advice bei wenig beratungsintensiven Produkten im Onlinevertrieb und dem Beratungsverzicht mündiger Bürger verschließt. Der BVK hatte im Vorfeld mit seiner Aktion „Kein Vertrieb ohne Beratung“ deutlich gemacht, wofür er steht. Rückendeckung dafür hatte sich der Verband aus seiner erfolgreichen Klage gegen das Vergleichsportal Check24 geholt.

Verbraucherschützer wollen IDD wörtlich genommen wissen

Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen ist mit den Maklerverbänden einer Meinung. „Verbraucherinnen und Verbraucher, die online nach einer Versicherung suchen, müssen vor Vertragsabschluss umfassend zu ihren Bedürfnissen befragt werden (…)“, so Lars Gatschke, Referent Team Finanzmarkt beim vzbv. „Das gilt sowohl für den stationären Vertrieb als auch für Online-Angebote.“ Weiter fordert der Verband, dass die IDD bei ihrer Anwendung in Deutschland wörtlich genommen wird. Seine Kritik zielt dabei im Besonderen auf Vergleichsportale ab, die gerade komplexeren Risikosituationen von Kunden nicht gerecht werden könnten.

VDVM: 1-Klick-Geschäfte funktionieren nicht bei „Puzzle-Produkten“

VDVM-Vorstand Hans-Georg Jenssen betont, dass Versicherungsprodukte keine Artikel des täglichen Bedarfs sind und gerade im Kompositbereich für Menschen Auswirkungen existenziellen Ausmaßes entfalten können. „Wenn sich Menschen mit einem Klick um Ihr Vermögen bringen, weil sie etwas vielleicht nur wegen des Preises gewählt haben, dann ist das unglücklich. Man muss die Bedürfnisse des Kunden analysieren und dann kann auch ein Computer eine persönliche Empfehlung abgeben. Ich will keine Zwangsverglückung von Verbrauchern und ich will auch nicht 1-Klick-Geschäfte ausschließen. Im Fall von Best-Practive-Produkten kann das funktionieren. Aber so lange wir Puzzle-Produkte haben, muss man die Bedürfnisse des Kunden genau nachfragen.“ (tos)