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10/2014
9. Oktober 2014
Komplizierte Verhältnisse: die Courtagezusage des Versicherers

Komplizierte Verhältnisse: die Courtagezusage des Versicherers

Die Courtagezusagen der Versicherer haben in der letzten Zeit einen umfassenden Wandel durchlebt. Inhaltlich geht es längst nicht mehr nur um Vergütungsfragen. Viele Klauseln in den „Courtagebedingungswerken“ der Versicherer benachteiligen Makler jedoch erheblich und dürften einer richterlichen Kontrolle nicht standhalten.

In der jüngeren Praxis neigen Versicherer verstärkt dazu, Versicherungsmakler in den Courtagezusagen mit Obliegenheiten zu konfrontieren, die aus dem bloßen Vergütungsversprechen eine umfassende Kooperationsabrede machen, mit der letztlich das Marktverhalten der Makler geregelt werden soll. Gegenwärtig stehen solche hochverdichteten Bedingungswerke Zusagen alter Machart gegenüber, die sich wirklich noch auf die nötigen Vergütungsfragen und das Verfahren des AVAD-Auskunftsverkehrs beschränken. Eigentlich hätte man meinen können, dass durch die Erlaubnistatbestände und deren behördliche Überwachung dem Erfordernis, weitergehende vertragliche Regelungen zu schaffen, wirksam entgegengewirkt worden ist. Dies sieht aber ein erheblicher Anteil der Versicherer nicht so. Es kommt hinzu, dass Versicherer in der Regulierungsabsicht deutlich über das Ziel hinausschießen und die Unwirksamkeit von Klauseln riskieren.

Unangemessene Klauseln

Courtagezusagen marktmächtiger Versicherer enthalten heute Klauseln, die die Übertragung der Bestandsbetreuung auf Dritte von der schriftlichen Einwilligung des Versicherers abhängig machen. Grundsätzlich ist die Bestandsübertragung von der Zustimmung des Versicherungsnehmers und nicht des Versicherers abhängig. Der Makler ist Sachwalter des Kunden, und Regelungen dieser Art benachteiligen ihn unangemessen, sodass sie im Streitfall als AGB einer richterlichen Inhaltskontrolle nicht standhalten würden. Teilweise heißt es in Courtagezusagen, dass deren Widerruf aus wichtigem Grund dazu führt, dass der Makler jegliche Courtageansprüche verliert. In der für AGBs maßgeblichen maklerfeindlichsten Auslegung muss der Makler befürchten, dass die Entscheidung des Versicherers, das Neugeschäft umgehend einzustellen, ohne Weiteres dazu führt, dass er seine Courtageansprüche verliert, weil dies zweifellos einen wichtigen Grund zum Widerruf der Courtagezusage darstellte.

Ebenso existieren derzeit Klauseln, nach denen die Courtageansprüche des Maklers entfallen sollen, wenn der Prämienwert seines Bestandes den Betrag von 10.000 Euro unterschreitet. Während der Makler in diesen Fällen weiterhin verpflichtet bleibt, die Versicherungsnehmer zu betreuen, soll er den Anspruch auf Courtage verlieren. Mehr noch, die Regelung zwingt den Makler dazu, bei dem Versicherer Geschäft einzureichen, um seinen Courtageanspruch zu erhalten. Die Klausel greift daher in die Unabhängigkeit des Maklers ein und benachteiligt ihn unangemessen.

Weiter soll ein Anspruch auf Abschlusscourtage nach den Klauseln nicht bestehen, wenn bei Abschluss einer Versicherung eine andere, gleichartige Versicherung einer zu der Versicherungsgruppe gehörenden Gesellschaft aufgehoben, in eine beitragsfreie umgewandelt wird oder trotz Wiederbelebungsmöglichkeit erloschen bleibt. Die Regelung erfordert nicht, dass der Makler einerseits das Neugeschäft und andererseits das Erlöschen des Bestandsgeschäfts herbeiführt. Danach könnte der Versicherer die Abschlusscourtage unter Hinweis darauf verweigern, dass der Konzern zufällig zeitgleich mit dem Abschluss des vom Makler vermittelten Lebensversicherungsgeschäfts eine andere Lebensversicherung aus dem Bestand verloren hat. Auch diese Klausel benachteiligt den Makler unangemessen. Da formularmäßige Klauseln einer abstrakten Kontrolle unterliegen, ist der Regelung in dieser für den Makler feindlichsten Lesart ohne Rücksicht darauf die Wirksamkeit zu versagen, ob die Fallkonstellation auch tatsächlich so vorliegt.

Begriffe mit gefährlichem Interpretationsspielraum

Teilweise versprechen Courtagezusagen dem Makler die Zahlung der Courtage so lange, wie der Versicherungsvertrag und das Maklermandat mit dem Kunden bestehen und der Makler eine ordnungsgemäße Betreuungsleistung erbringt. Was unter der ordnungsgemäßen Betreuungsleistung zu verstehen sein soll, stellt das Courtagebedingungswerk dann zumeist nicht klar. Es wird nicht einmal deutlich, ob dies eine Voraussetzung für den Anspruch auf Fortzahlung der Folgecourtage sein soll. Derartige Regelungen sind intransparent und benachteiligen den Makler unangemessen. Auch soweit Courtagezusagen den Makler regelrecht verpflichten, dem Versicherer die Betreuungsleistung auf Verlangen nachzuweisen, ist dies aus dem Doppelrechtsverhältnis zwischen dem Versicherer und dem Makler nicht zu rechtfertigen. Der Makler schuldet nur dem Versicherungsnehmer als seinem Vertragspartner die Betreuung, nicht dem Versicherer.

Bedenklich sind auch Klauseln, nach denen der Makler den Anspruch auf Folgecourtage in der Lebens- und Krankenversicherung mit sofortiger Wirkung verlieren soll, sobald der Kunde gegenüber dem Versicherer erklärt, eine weitere Betreuung durch den Makler nicht mehr zu wünschen. Solche Regelungen führen unabhängig von einer wirksamen Beendigung des Maklermandats zum Verlust des Courtageanspruchs und benachteiligen den Makler daher unangemessen. Solche Regelungen entziehen dem Makler die Vergütung trotz fortbestehender vertraglicher Leistungspflicht.

Schicksalsteilung mit Rechenfehlern

Sollen Beiträge für Rentenversicherungen nach den Bestimmungen der Courtagezusage ab dem Eintritt des Todesfalls der versicherten Person als nicht gezahlt gelten, wälzt der Versicherer teilweise das ihn treffende vertragstypische Leistungsrisiko auf den Makler ab. Dieses ist mit dem Schicksalsteilungsgrundsatz unvereinbar und benachteiligt den Makler unangemessen. Auch soweit Courtagezusagen den Nachweis ausschließen, dass der Beitrag für einen einzelnen Versicherungsvertrag eingegangen ist, und sie stattdessen unwiderlegbar vermuten, dass die EDV-Berechnung des Versicherers zutrifft, ist evident, dass Makler durch diese Regelungen unangemessen benachteiligt werden. Mindert sich die Folgecourtage nach der Courtagezusage, wenn die Zuweisung zur Gewinnrückstellung der Versicherten sich gegenüber dem Vorjahr vermindert, wälzt der Versicherer das Risiko der erfolgreichen Produktperformance auf den Makler ab. Auch hierdurch wird der Makler unangemessen benachteiligt.

Diese beispielhaften Klauseln sind bei Weitem nicht bei jedem Versicherer anzutreffen, entstammen aber tatsächlichen Courtagezusagen aus der Praxis. Sie illustrieren die enorme Bedeutung für alle Parteien, die immer weiter gehende Ausgestaltung von Courtagezusagen zu überdenken. Zumal die beschriebenen Klauseln überwiegend ohnehin einer richterlichen Kontrolle nicht standhalten.

 
Ein Artikel von
Jürgen Evers