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Assekuranz
24. August 2012
Längst fälliger Einstieg der Assekuranz in die Energiebranche?

Längst fälliger Einstieg der Assekuranz in die Energiebranche?

Zwischen Energie- und Versicherungswirtschaft gab es bisher relativ wenige Schnittmengen. Seit der vergangenen Woche scheint sich dies jedoch zu ändern. Nachrichten, die von ersten Überlegungen bis hin zu verbindlichen Milliardeninvestitionen in Stromnetze reichen, prägten seitdem die Berichterstattung der Versicherungswirtschaft.

Ein Beitrag der Versicherungsforen Leipzig GmbH ist der Aufruf, sich an einer Studie zu beteiligen. In der vergangenen Woche kam es auch zu einem Spitzengespräch zwischen dem Wirtschaftsminister des Landes Nordrhein-Westfalen und hochrangigen Vertretern der dort ansässigen Versicherungsunternehmen. Anlass war die Diskussion um neue Anlagemöglichkeiten für Versicherungsunternehmen, insbesondere in der Energiewirtschaft. Im Ergebnis dieses Treffens stand, dass die Finanzierung der Wirtschaft durch Finanzmittel der Versicherer durchaus sinnvoll ist und derartige Investitionen für die Unternehmen attraktiv sind. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine Anpassung der gesetzlich festgeschriebenen Anlagekriterien für Versicherungsunternehmen. Unter den gegenwärtigen Vorzeichen scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis diese Hürde fällt. Lassen sich über die reine Kapitalanlage hinaus noch weitere Optionen für eine Zusammenarbeit von Energie- und Versicherungsunternehmen finden?

Versicherungswirtschaft hat sich bereits im Assistance-Bereicht etabliert

Die Versicherungswirtschaft ist bereits seit vielen Jahren erfolgreich im Geschäftsfeld Assistance etabliert. Auf Seiten der Energiewirtschaft sind derartige Anstrengungen in diesem Ausmaß nicht zu erkennen, obwohl auch der Energiemarkt im Bereich B2C geradezu prädestiniert dafür wäre. Eröffnet sich hier ein neues Betätigungsfeld für die Assekuranz und lassen sich daraus Geschäftsmodelle entwickeln, die auf dem Transfer von Assistance-Knowhow aufbauen? Sind intensivere Vertriebsaktivitäten oder gar eine gemeinsame Produktentwicklung denkbar und sinnvoll? Es bleibt die Frage, ob sich für die Versicherungswirtschaft daraus neue Kooperations- und Ertragsformen ableiten lassen.

Energiewirtschaft muss sich auf neue Marktgegebenheiten einstellen

Die regulatorischen Veränderungen, resultierend unter anderem aus dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) und der beschlossenen Energiewende, sowie die damit verbundenen Entwicklungen im Energiemarkt sind für beide Branchen mit spürbaren Veränderungen einhergegangen. Die Unternehmen der Energiewirtschaft müssen sich auf neue Marktgegebenheiten, insbesondere neue Versorgungskonzepte und hohe infrastrukturelle Investitionen einstellen. Die Versicherungswirtschaft hat diese Entwicklungen zum Teil adaptiert und bietet bereits Versicherungskonzepte zum Beispiel für Anlagen der Photovoltaik oder Windkraft an. Zudem lassen sich erste Ansätze beobachten, wie sich einzelne Versicherer im Bereich des Vertriebs von Stromtarifen versuchen. Offen bleibt, ob das bereits alles ist, was die Versicherungswirtschaft leisten kann?

Gemeinsamkeiten der Energie- und Versicherungswirtschaft

Beide Märkte, sowohl der Energie- als auch der Versicherungsmarkt, verfügen über viele Gemeinsamkeiten. Dazu zählen zum Beispiel die niedrige Kundenkontakt-Frequenz, der geringe positive Erlebnishorizont (moment of truth) und die zunehmende Wechselbereitschaft der Kunden. Der wohl größte Unterschied hingegen liegt in der Transparenz der Produktlandschaft, die im Energieversorgungsmarkt weit höher ist, als in der Versicherungswirtschaft. Aus diesem Grund stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob Unternehmen beider Branchen im Hinblick auf gemeinsame Produkt- und Vertriebsaktivitäten einen kundenrelevanten Mehrwert schaffen können?

Stromausfälle können enorme Auswirkungen haben

Die Bundesregierung hat mit ihrem Entschluss zum Atomausstieg der Energiewirtschaft eine hochprofitable Einnahmequelle abgeschnitten; dies jedoch in einem gesellschaftlichen Entwicklungsstadium, das ganz auf den Einsatz neuester Technologien setzt und zu dadurch zu einem steigenden Energiebedarf führt. Ein schlüssiges Konzept, um dem langfristig drohenden Engpass in der Energieversorgung zu begegnen, ist nicht erkennbar. Die aktuelle Studie eines großen deutschen Versicherers zeigt zudem: Die Zukunft bringt gravierende Herausforderungen, denen sich Deutschland stellen muss. Die Energienetze müssen infolge der Veränderungen in der Versorgungsstruktur dringend modernisiert werden. Das Problem der Energieknappheit bleibt bestehen. Die Risiken reichen von bloßen Versorgungengpässen bis hin zu großflächigen und wiederkehrenden Stromausfällen. Die Studie untersuchte dabei auch mögliche Schadenszenarien: So verursacht ein Stromausfall in einem Stahlwerk Kosten in Höhe von etwa 350.000 Euro. Im Finanzhandel können gar Schäden in Höhe von 6 Mio. Euro pro Stunde entstehen. Wo auch immer Menschen oder Unternehmen mit ihrem individuellen Risiko angesiedelt sind: Stromausfälle haben in der heutigen, durch Elektrotechnologie geprägten Zeit, eine enorme Auswirkung auf unser Leben. Durch die Gewohnheit und das Vertrauen in die Versorgungssicherheit herrscht oftmals keine klare Vorstellung, wie diese Szenarien im Falle eines Stromausfalls aussehen könnten. Doch der steigende Technologisierungsgrad birgt neue ernstzunehmende Risiken.

Versicherungswirtschaft muss der volkswirtschaftlichen Verantwortung nachkommen

Welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen? Energieversorgungsunternehmen stehen unter erheblichem Druck; einerseits durch die aufgezeigten Veränderungen, andererseits durch die sinkenden Margen im Kerngeschäft und die zunehmende Wechselbereitschaft der gut informierten und preisbewussten Kunden. Daher können sich Energieunternehmen nicht davor verschließen, neue und mit dem Kerngeschäft in enger Verbindung stehende Geschäftsfelder zu erschließen. Die Versicherungswirtschaft wiederum muss ihrer ursprünglichen volkswirtschaftlichen Verantwortung nachkommen und für die mit der Energiewende verbundenen Herausforderungen Lösungen zur Absicherung der sich stellenden Risiken anbieten. Gerade im Bereich von Schäden, die durch Stromausfälle verursacht werden, sind zahlreiche Ansatzpunkte für Versicherungsprodukte und Assistance-Dienstleistungen unter gemeinsamer Regie von Versicherungsunternehmen und Energiedienstleistern denkbar.

Auf Seiten der Versicherungswirtschaft waren in den vergangenen Jahren einzelne Aktivitäten mit Bezug auf den Energiesektor erkennbar. So sind neuartige Risiken aus Erneuerbaren Energien durch entsprechende Anpassungen in den Versicherungskonzepten in die Produktpalette der Versicherer eingegangen. Darüber hinaus sind nur wenige Beispiele für innovative Produktangebote oder sonstige Formen der Zusammenarbeit zu finden. Den Anfang machte ein öffentlicher Versicherer, der nach eigenem Bekunden als erstes Versicherungsunternehmen seinen Kunden mit einer Wohngebäude- oder Hausratversicherung zugleich die exklusive Bezugsmöglichkeit von Strom und Gas zu günstigen Konditionen anbot. Ein weiteres Beispiel ist die Vertriebskooperation eines Solarstromanbieters mit einem Versicherer, der die Nutzung von dessen Solaranlagen empfiehlt.

Beteiligung an Umfrage

Mittelfristig ist das Potenzial von Kooperationen zwischen Energie- und Versicherungswirtschaft noch überschaubar. Doch ein Blick in die Zukunft lässt den langfristigen Nutzen von Assekuranz-Energie-Kooperationen erkennen. Um diese Prognose weiter konkretisieren zu können, haben die Versicherungsforen Leipzig eine Studie aufgesetzt, in der ausgewählte Fragestellungen aus den zuvor angeführten Themenfeldern untersucht werden. Ziel der Studie ist es, den Status quo aufzunehmen, das Selbstbild der Versicherungsbranche und richtungsweisende Ansatzpunkte für Kooperationen zwischen Versicherungs- und Energieversorgungsunternehmen in Bezug auf Kundenbindung, Produkt- und Vertriebsentwicklung herauszuarbeiten. Eine hohe Beteiligung an der Studie sichert die Qualität und Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse.

Unter dem folgenden Link gelangen Sie zur Umfrage:

http://www.versicherungsforen.net/kooperationsstudie