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28. August 2018
Mögliche Nebenwirkungen eines Provisionsdeckels

Mögliche Nebenwirkungen eines Provisionsdeckels

Eine attraktivere Altersvorsorge und mehr Geld für Versicherte soll ein Provisionsdeckel in der Lebensversicherung bringen. Dieser Gedanke sei nicht zu Ende gedacht, so das Ergebnis einer aktuellen Studie: Risiken und Nebenwirkungen einer Provisionsregulierung seien demnach nicht zu unterschätzen.

In Politik und Öffentlichkeit wird weiter über einen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung diskutiert. Im Zuge der LVRG-Evaluierung steht er auf der Agenda des Gesetzgebers. Ein Provisionsdeckel werde in einem Umfeld niedriger Zinsen und kleiner Renditen finanzielle Vorteile für die Versicherten bringen, so die Einschätzung der Befürworter.

Ein Provisionsdeckel habe deutliche Nebenwirkungen, sagt dagegen die Studie „Regulierung von Provisionen – Ziele, Risiken und Nebenwirkungen provisionsbegrenzender Regulierung in der Lebensversicherung in Deutschland“ des ifa-Instituts und der Uni Hohenheim. Die Studienautoren Jochen Ruß, Jörg Schiller und Andreas Seyboth geben darin unter anderem folgende Aspekte zu bedenken:

Sind die Annahmen angemessen?

Zunächst fragen sich die Wissenschaftler, ob die bisher genannten Vorschläge für die Höhe des Provisionsdeckels überhaupt angemessen seien. Denn letztlich setzt dies das Argument voraus, dass die Provisionen zu hoch seien. In Anbetracht des Aufwands für eine Altersvorsorgeberatung sei dies aber fraglich. Die Studie bezweifelt, dass die bisher zugrunde gelegten Zahlen auf Angemessenheit geprüft wurden.

Niedrige Provisionen führen zu Beratungslücke

Die Regulierung von Provisionen könnte zu einer Beratungslücke in der Altersvorsorge führen, heißt es weiter. Der Effekt könnte der gleiche sein, wie der des Provisionsverbots in Großbritannien. Die Vermittlung kleinerer Verträge könnte eventuell nicht mehr wirtschaftlich sein, da sie sich nicht mehr durch großvolumige Verträge quersubventionieren ließen. Die Folge: Es könnte eine Beratungslücke bei Personen mit mittleren oder kleinen Einkommen entstehen, hochwertige Beratung gäbe es dann nur noch für die wohlhabendere Bevölkerung.

Benachteiligung unabhängiger Vermittler

Die Deckelung der Provisionen ist in gleichem Maße für alle Vertriebswege vorgesehen. Allerdings wären die Folgen für die jeweiligen Vertriebswege sehr unterschiedlich, so die Studie. Unabhängige Vermittler würden tendenziell benachteiligt, da für sie der Aufwand weiter hoch bleibe, aber die Wirtschaftlichkeit sinke. Auch Banken könnten sich aus der Altersvorsorge zurückziehen, wenn sich der Ertrag reduziere. Die Studienautoren nehmen deshalb an, dass eine solche regulatorische Maßnahme auch zu Verschiebungen in der Vertriebswegestruktur im Lebensversicherungsmarkt führen wird.

Tatsächlich mehr Rendite für den Kunden?

Und was ist mit dem Wunsch, die Ablaufleistungen der Versicherungsnehmer zu erhöhen? Um diese Frage zu beantworten, haben die Studienexperten diverse Berechnungen durchgeführt und kommen zu dem Schluss, dass die Senkung der Abschlussprovisionen nur eine relativ geringe Erhöhung der Renditen von Altersvorsorgeverträgen bewirken würde und die Kapitalanlageperformance für den Verbraucher im Vergleich eine wesentlich größere Wirkung habe als die Abschlusskostenbelastung.

Alternativen zum Provisionsdeckel

Damit sind die Altersvorsorgeexperten aus Ulm und Hohenheim dann auch bei den Maßnahmen angekommen, die ihrer Meinung nach die Altersvorsorge und die Lebensversicherung positiver beeinflussen könnten als ein bisher zu wenig durchdachter Provisionsdeckel: Zunächst seien Schwächen der Regulierung zur Kosten- und Leistungstransparenz auszuräumen. Dies werde Berater oder auch Verbraucher in die Lage versetzen, passende Produkte zu identifizieren und überteuerte Produkte zu vermeiden. Zudem sollten auch die Produkte jeweils zur Risikoneigung und Risikotragfähigkeit der Kunden passen und dies transparent erkennbar sein.

Sinnvolle anstelle von jederzeitigen Garantien könnten zudem – stärker als eine Reduktion der Provisionen – die Höhe des Renditepotenzials beeinflussen. Auch die Bestrebungen der Regierung, eine säulenübergreifende Darstellung der Rentenansprüche aus verschiedenen Quellen zu ermöglichen, begrüßen die Studienherausgeber.

Die Studie bringt aber auch eine die Vermittler direkt betreffende Maßnahme mit auf das Tablett: Um die Beratungsqualität zu verbessern, sollte die Aufsicht über Berater effektiver gestaltet werden, sodass Fehlverhalten effizienter sanktioniert werde. Und das könne die BaFin besser als die IHKen, so die Studie. (bh)

Die vollständige Studie kann hier heruntergeladen werden.

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Wilfried Strassnig am 28. August 2018 - 22:42

Im Umkehrschluss müsste dann die Honorarberatung deutlich teurer sein. Zumal dort auch oft Honorar anfällt, wo der Makler kostenlose Beratung anbietet und auch noch für das beste Produkt haftet-mehr und besser geht nicht, zumal nur dieser oft jahrzehntelange Erfahrung einbringt. Der mündige Kunde sollte es nicht allzu schwer haben unter diesen Umständen die richtigen Berater herauszufinden. Wenn jetzt noch die angeblich günstigere gesetzliche Versorgung, bei 1,7 Billionen Euro (nicht Lire!) Rückstand der Beamtenvorsorge korrekt berechnet wird ist ja alles klar. Dann sollten sich der Verbraucherschutz, die Politiker und die Medien am Boden der Realität befinden und erst nach Lösung der o.a. eigenen Probleme wieder den Privatversicherungen ( nicht Maklern) zuwenden.