AssCompact suche
Home
Haftpflicht Gewerbe - Privat
2. August 2017
Makler meets Events: Trends in der Veranstaltungshaftpflicht

Makler meets Events: Trends in der Veranstaltungshaftpflicht

Mit zunehmender Professionalisierung der Veranstaltungsbranche hat sich das Bewusstsein darüber verändert, welch hoher Bedarf an Absicherung besteht, was eine Haftpflicht leisten sollte und wie wichtig Beratungskompetenz ist. Fachmakler wie Hans-Peter Schwandt und sein Team erstellen dort individuelle Deckungen, wo Standardlösungen nicht ausreichen.

Herr Schwandt, Sie haben sich auf die Absicherung von Events sowie Unternehmen und Personen aus dem Ver­anstaltungsbereich spezialisiert. Welche Arten von Events gehören denn dazu?

Die Veranstaltungsformate nehmen in ihrer Vielfalt und auch in der Kreativität der Macher zu. Ein wenig gruppiert machen die privaten Hochzeiten und Abi-Bälle den Anfang, weiter geht es mit Partys, Konzerten, Lesungen und Theateraufführungen in kleinen Häusern oder open air bis hin zu entsprechenden Touren, Tourneen oder Festivals aller denkbaren Größen und Musikgenres. Zu den Großveranstaltungen gehören auch Volksfeste und Umzüge wie jüngst der Karneval der Kulturen in Berlin. Eine eigene Gruppe bilden die Ausstellungen und Firmenevents mit ihren Kongressen, Hauptversammlungen, Präsentationen, Messen oder Messeteilnahmen.

Für welche Events genügt eine Standardhaftpflicht und wann brauchen Veranstalter spezielle Haftpflichtlösungen?

Wir haben festgestellt, dass Standardhaftpflichtprodukte gar nicht ausreichen – auch wenn sie fast alle Sachversicherer anbieten. Deutlich wird das bei den Sachschäden an den angemieteten Locations (Mietsachschäden). Hier werden die Mieter vertraglich auf den Schadenersatz verpflichtet, unabhängig davon, ob sie selbst die Schuld an diesem Schaden tragen. Richtet aber der Besucher den Schaden an, fällt dieser Schaden unter die Ausschlüsse der Standardpolicen. Bei Open Air sind die Flurschäden auf dem Veranstaltungsgelände nicht vom Standardversicherungsschutz gedeckt.

Was zählt denn alles zu den Risiken, gegen die sich ein Veranstalter heutzutage absichern sollte?

Da wir alle nach § 823 BGB unbegrenzt für Schäden haften, die wir verschuldet haben, kann es hierzu gar keine abschließende konkrete Aufzählung geben. Die wichtigsten Schadenarten sind Personen- und Sachschäden durch die Mitarbeiter, Mietsachschäden an den gemieteten Gebäuden – auch durch Besucher – Schäden an der im Saal fest verbauten Veranstaltungs-, Gastro- und Küchentechnik (ein weiterer Ausschluss der Standardpolicen) oder Haftung aus Verträgen für angemietete bewegliche Sachen (Technik, Instrumente, Deko, Zelte etc.). Eine Absicherung geht in der Haftpflicht oft nur mit recht niedrigen Sublimits und begrenzt auf das eigene Verschulden. Hier ist eine Allgefahrendeckung über die entsprechende Equipmentversicherung dringend angeraten.

Weitere Risiken sind Umweltschäden am Veranstaltungsgelände zum Beispiel durch defekte Dieselaggregate (für Zeltheizungen) oder der echte Vermögensschaden beim Auftraggeber, der etwa durch Budgetüberschreitungen gegenüber der verabschiedeten Planung eintreten kann. Schutz für Letztere bietet nur eine separate Vermögensschadendeckung. Hinzu kommen mögliche Schäden durch die eigenen Subunternehmer. Hier hilft nur die Einforderung von aktuellen Versicherungsbestätigungen der jeweiligen nachgeordneten Firmen. Das Auswahlverschulden wird durch die eigene Veranstaltungshaftpflichtpolice gedeckt. Dann besteht natürlich noch das Risiko des Veranstaltungsausfalls, ganz oder in Teilen. Absicherung bietet nur eine separate Ausfallversicherung (Wetter, Nichterfüllung durch Subunternehmer, Absage, Verbot durch Dritte, Terror oder -androhung).

Wonach richten sich die Kosten einer Veranstaltungshaftpflicht?

Die Höhe der Versicherungsbeiträge richtet sich zuerst nach der Größenordnung des Risikos und der Höhe der Versicherungssumme, dann nach den gewünschten Zusatzeinschlüssen. Bei kurzfristigen Verträgen sind es die Besucherzahlen und die Charakteristik des einzelnen Veranstaltungsformates. Einige Anbieter kalkulieren auch ihre Jahresverträge über die Besucherzahlen. Wir gehen bei diesen über den Jahresumsatz der Eventagentur und bewerten ggf. einzelne Veranstaltungsformate mit Zuschlägen. Vor allem Events mit mehr als 10.000 Besuchern gleichzeitig am selben Ort werden besonders bewertet.

Und wie sehen die Versicherungskonzepte und -bedingungen für Veranstalter von großen Events aus?

Hier werden im Vorfeld alle angesprochenen Risikoarten durchgespielt. Manche Risiken können die Produzenten einer Veranstaltung solcher Größenordnung auch vertraglich abwenden – auch das wird von uns Fachmaklern angeraten. Im Ergebnis steht dann ein Risikomanagement unserer Kunden, dass die drei Elemente Prävention, Vertragsgestaltung und bedarfsgerechten Versicherungsschutz umfasst.

Gibt es ausreichend Versicherungs­kapazitäten seitens der Versicherer?

Ja, bisher immer. Das hängt mit der stark gestiegenen Professionalität der Veranstaltungsbranche und der Kompetenz der wenigen Fachmakler zusammen. Die Schadenquoten sind in Ordnung für die Branche.

Inwieweit spielt das Sicherheits­konzept einer Veranstaltung für die Beratung eine Rolle? Und für die Haftpflicht?

Es ist heute unabdingbare Voraussetzung für die Genehmigung einer Veranstaltung. Hier wachen die Behörden über die Pflichteinhaltung durch den Veranstalter. Wir versuchen, die Professionalität des uns anfragenden Kunden einzuschätzen. Nur dann wollen wir auch anbieten. Unsere Beratung wird aber nie in die fachliche Spezialkompetenz unserer Kunden hineingehen. Das können wir bei keinem Firmenkunden leisten. Das kann auch kein Versicherer. Abgedeckt über jede Firmenhaftpflicht ist immer das fahrlässige Handeln des Versicherten – auch das grob fahrlässige, nicht aber das vorsätzliche. Es ist in der alleinigen Verantwortung des Versicherten, diese Grenze nicht zu überschreiten. Auch darüber klären wir vorher auf.

Wie wirken sich denn die steigenden Sicherheitsanforderungen auf die Versicherungen, speziell die Veranstaltungshaftpflicht, aus gerade vor dem Hintergrund der Terrorgefahr?

Nicht in maßgeblich steigenden Versicherungssummen der Veranstaltungshaftpflicht. Die Gefahr Terror muss auch in der Haftpflicht mitversichert sein. Die Veranstaltungshaftpflichtpolicen sichern ja vor allem das eigene Organisationsverschulden ab, darunter die vielleicht fehlerhafte Auswahl von Subunternehmern und das Übersehen von Aspekten, die zur Verkehrssicherung gehören, – immer vor der Frage: Wäre das Ausmaß eines Schadens durch bessere Subunternehmer oder aufmerksamere Prävention geringer gewesen? Trifft den Versicherten eine Schuld am Ausmaß des Schadens oder besteht der Ersatzanspruch zu Unrecht gegen ihn? Solche Fragen würde es auch im Zusammenhang mit einem Attentat oder Terroranschlag bei einem Event geben. Ein Regress oder eben diese Abwehrfunktion der Haftpflicht muss auch hier versichert sein.

Das größere Kostenrisiko für Versicherer besteht in den zunehmenden Anfragen nach Ausfallversicherungen mit den Einschlüssen von Terror, Attentaten, Pietät und Ähnlichem. Zurzeit sind diese Einschlüsse möglich – sie werden aber teurer. Wir empfehlen deshalb hier den frühzeitigen Vertragsabschluss, denn das kostet nicht mehr.

Hat sich die Nachfrage bei den Veranstaltern denn geändert und/oder die Erwartungen an eine Haftpflichtpolice?

Die Nachfrage hat sich mit der wachsenden Professionalität der Branche erhöht. Eine wichtige Rolle spielen auch die Auflagen der öffentlichen Hand oder auch die Forderungen der Vermieter von Locations oder Flächen, vor der Veranstaltung eine Deckungszusage zur Veranstaltungshaftpflicht vorzulegen. Auch die von Veranstaltungsprofis erwarteten Einschlüsse werden zunehmend breiter. Aber überwiegend herrscht leider noch zu wenig Wissen bei vielen Kunden, was eine solche Police können sollte. Da wenig passiert, fällt das den Kunden mit Standardverträgen eben auch selten auf.

Noch etwas zur Begrifflichkeit: Wir bieten Deckungen für jene an, die das Veranstaltungsrisiko in der Praxis tragen – das sind zumeist nicht die eigentlichen Veranstalter, sondern deren beauftragte Agenturen oder Eventmanager. Deshalb sprechen wir von unserer Veranstaltungshaftpflichtpolice.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 07/2017, Seite 50 f.

 
Ein Artikel von
Hans-Peter Schwandt