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24. August 2016
Mr. Dax: „Die alten Faustregeln kann man heute nicht mehr anwenden“

Mr. Dax: „Die alten Faustregeln kann man heute nicht mehr anwenden“

Dirk Müller ist das bekannteste Gesicht der deutschen Börsenlandschaft. Seit mehr als zwei Jahrzehnten beschäftigt sich Mr. Dax mit den Irrungen und Wirrungen der Finanzmärkte. Trotz einiger bedenklicher Entwicklungen bleibt er langfristig zuversichtlich.

Herr Müller, Mitte der 90er-Jahre wurde nicht nur Grundstein für die DKM gelegt, sondern hat auch Ihre Börsenkarriere begonnen. Wie sehr haben sich die Märkte seither verändert?

Seither hat sich natürlich sehr viel verändert, so wie sich die Welt im Allgemeinen aber auch immer verändert. Wenn man die Kursentwicklung insgesamt betrachtet, haben sich die Märkte natürlich positiv entwickelt. 1995 lag der Dax noch bei unter 2.000 Punkten. Heute sind wir dagegen traurig, wenn er unter 9.500 Punkte rutscht. Aktuell haben wir zwar wieder eine etwas schwierigere Phase. Die Risiken sind heute auch größer geworden und es könnte auch noch eine Zeit lang turbulent bleiben. Auf lange Sicht sind alle Korrekturen aber nur kurze Episoden in einem langen, langen Aufwärtstrend.

Anfang 2016 hatten Sie ein unglaublich dramatisches Jahr prognostiziert. Sehen Sie sich bisher darin bestätigt?

Das hat sich in der Tat bestätigt und das wird auch so bleiben. Die Einschläge kommen immer näher und die Beben werden immer heftiger. Eine Zinssituation wie heute hat es seit Beginn der Aufzeichnung vor 500 Jahren nicht ge­geben. Das zeigt, wie besonders die Situation ist. Aktuell kommen die Probleme wieder mehr an die Oberfläche, wie etwa bei den italienischen Banken. Das sind teils dramatische Entwicklungen, die für sehr spannende Märkte sorgen. Das macht es für Anleger aber natürlich sehr schwer, sich zu orientieren. Und das macht es auch für die Vermittler sehr schwer, ihren Kunden die richtige Orientierung zu geben und von etwas zu überzeugen.

Was wäre Ihr aktueller Rat an Vermittler?

Ich muss mich so aufstellen, dass es nicht wichtig ist, ob ich weiß, wie es weitergeht. In der jetzigen Zeit ist schließlich völlig unklar, wie es weitergeht. Es kann noch einen dramatischen Einbruch geben oder wieder schnell steigende Kurse – egal ob bei Aktien, Anleihen oder sonstigen Anlageklassen. Wichtig ist es daher, zusammen mit dem Kunden eine Strategie zu entwickeln, damit dieser – egal, was passiert – ordentlich durchkommt. Das bedeutet, nicht alles auf Schwarz oder Rot zu setzen nach dem Motto, nach fünfmal Rot muss ja irgendwann Schwarz kommen. Wichtig ist dabei zu erkennen, dass heute andere Dogmen gelten als früher. Anleihen sind keineswegs mehr sicher. Auf 50-jährige Schweizer Anleihen wird mittlerweile ein Negativzins bezahlt. Das heißt, dass ich, wenn ich der Schweiz heute Geld leihe, in 50 Jahren sicher Geld verloren haben werde. Es ist doch Wahnsinn, dass das jemand kauft.

Warum wird das überhaupt gekauft?

Nur aus einem einzigen Grund: weil man hofft, dass morgen jemand kommt, der noch blöder ist und einen noch höheren Preis bezahlt. Dass solche Schneeballsysteme nicht ewig funktionieren, sollte allen klar sein. Anleihen sind daher im Moment eine der gefährlichsten Investitionen. Die alten Faustregeln kann man somit heute nicht mehr anwenden. Viele vermeintlich sichere Anlagen sind heute gefährlicher denn je.

Manche Experten empfehlen, in solchen Zeiten auf alternative Investments wie Streuobstwiesen oder Whisky zu setzen. Was halten Sie von solchen Investments?

Whisky kann ich persönlich ja empfehlen, denn wenn er nichts bringt, kann man ihn wenigstens genießen. Ich habe auch ein paar Flaschen im Keller, da ich die Liquidität selbst gerne schätze. Das ist aber eher ein Hobby, das Spaß macht. Mit seriöser Geldanlage haben solche Sachen aber nichts zu tun. Gleiches gilt für Kunst, Antiquitäten, Möbel oder eben auch Streuobstwiesen. Darin kann man investieren, wenn man seine Rendite aus der Freude an dem Objekt heraus zieht, ähnlich wie bei guten Weinen. Wenn diese Dinge später zufällig auch noch mehr wert werden, dann umso besser.

Als sicherer Hafen wird auch Gold von vielen Anlegern geschätzt. Haben sich die Zeiten hier auch geändert?

Gold bleibt eine sinnvolle Beimischung. Der jüngste Anstieg ist dabei keinesfalls abschreckend. Bis zu den alten Höchstkursen ist das Edelmetall noch ein gutes Stück entfernt. Der Aufwärtstrend könnte nicht nur deshalb weiter anhalten. Je größer die Risiken werden, desto spannender wird es für Gold. Ich bleibe daher ein Edelmetall-Fan. Sie sind allerdings nichts, um reich zu werden und auf kurzfristige Kursgewinne zu zocken. Gold ist vielmehr etwas, was nie Pleite geht. Etwas, was ich nicht auf die Schnelle für einen Flachbildfernseher verkaufe, sondern etwas, was einfach da liegt und mich gut schlafen lässt. Natürlich erwirtschaftet es an sich aber keine Renditen. Mehr als ein paar Prozent des Anlagevermögens sollte es daher auch nicht ausmachen.

Noch besser als Gold sind 2016 Gold-Aktien gelaufen. Sieht man sie bald auch im Dirk Müller Premium Aktien Fonds?

Definitiv nicht. Das Minengeschäft ist sehr zyklisch. Ein paar Jahre lang haben die Betreiber Durststrecken und keiner will von ihren Aktien etwas wissen. Dann kommen wieder einige Jahre Boom, in denen sich die Kurse vervielfachen. Genau das sehen wir jetzt. Innerhalb von wenigen Monaten gab es dreistellige Kursgewinne. Minen sind aber nichts für langfristige Kursgewinne, sondern kurzfristige Spielereien. Das macht durchaus Spaß und das kann man auch mal machen, so wie wir das auch in unserem Börsendienst Cashkurs*Gold tun. Für den Fonds ist es aber definitiv nicht das Richtige. Er ist schließlich für den langfristigen und stabilen Vermögensaufbau gemacht. Da haben Goldminen mit ihrer extremen und im Vorfeld kaum kalkulierbaren Dynamik nichts drin verloren.

Wie schlägt sich der Fonds bisher?

Wir stehen aktuell in etwa auf dem gleichen Niveau wie der Vergleichsindex MSCI World Value net, haben aber nur die Hälfte der Schwankungen gehabt. Vor allem als es nach unten ging, hat sich der Fonds besser als der Index geschlagen. Die zwei schweren Einbrüche der vergangenen zwölf Monate wurden bequem abgefedert. Damit haben wir unser Ziel erreicht, denn genau hierfür bauen wir Absicherungen in den Fonds ein.

Absolut ist er aber vermutlich im Minus …

Natürlich, er ist schließlich ein Aktienfonds und wir sind im April 2015 gestartet. Das war nahezu auf dem bisherigen Höhepunkt der Aktienmärkte. Damals stand zum Beispiel der Dax bei rund 12.000 Punkten. Als langfristiger Anleger sollte der Startzeitpunkt aber egal sein und als Value-Investor in der Tradition von Warren Buffett sind fallende Kurse sogar sehr positiv, denn dann kann man Spitzenunternehmen wieder günstiger kaufen. Es gibt eine Zeit zum Säen und eine Zeit zum Ernten. Im Moment ist eben die Zeit zum Säen, sprich um einzukaufen. Genau das tun wir. Das wird uns guttun, wenn die Zeit zum Ernten kommt. Dabei hilft uns natürlich, dass wir im Gegensatz zu den meisten anderen Aktienfonds deutliche Zuflüsse verbuchen.

Wird die Zeit zum Ernten überhaupt wieder kommen?

Wenn man einen Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren hat – und den sollte man für den Vermögensaufbau auf jeden Fall haben –, dann kann man mit Qualitätsaktien nach wie vor kaum etwas falsch machen. Ein solcher Zeitraum ist auch die Maßgabe für den Fonds und nicht ein gutes Jahr. Nach ein paar Monaten Bilanz zu ziehen, ist Makulatur. Wichtig ist, wo der Fonds in zehn Jahren steht. Dafür haben wir ihn gebaut. Wir beteiligen uns daher an sehr guten Unternehmen, die langfristig erfolgreich sein sollten. Kurzfristige Schwankungen aufgrund von Quartalszahlen interessieren uns deshalb weniger – auch wenn wir bei Enttäuschungen bei den Unternehmen natürlich genau nachfragen, was da los war. Wir müssen schließlich wissen, ob es sich um kurzfristige oder nachhaltige Probleme handelt. Wurde eine Aktie übertrieben abgestraft, nehmen wir panische Reaktionen gerne zum Anlass, um wieder günstig einzukaufen. (mh)

Ursprünglich erschienen in AssCompact 08/2016. Dirk Müller ist Referent auf der DKM 2016. Sein Vortrag findet am 27.10.2016 in der Speaker’s Corner (Halle 7) statt.