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Steuern & Recht
17. August 2017
Neue Leitlinien des BGH zur Wohnraumkündigung

Neue Leitlinien des BGH zur Wohnraumkündigung

Ist es zulässig, Wohnraum aufgrund Eigenbedarfs zu kündigen, wenn diese durch eine freiberufliche oder gewerbliche Nutzung als Gewerbefläche geplant ist? Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte hierzu neue Leitlinien auf.

Eine Mieterin lebt seit 1977 in einer 27 qm großen Zweizimmerwohnung in Berlin. Die Vermieterin war durch eine Zwangsversteigerung seit 2008 Eigentümerin dieser Wohnung. Deren Ehemann betreibt in der ersten Etage des Hauses, in dem sich auch die Wohnung der beklagten Mieterin befindet, ein Beratungsunternehmen. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis, da nach ihren Angaben die räumliche Kapazität des Beratungsunternehmens ihres Ehemannes nicht länger ausreichend war und dieses um die Wohnung der langjährigen Mieterin erweitert werden solle. Dort ist ein weiterer Arbeitsplatz sowie ein Aktenarchiv für das Beratungsunternehmen geplant. Die Vorinstanzen sahen den Bedarf an der vermieteten Wohnung für die beruflichen Interessen des Ehemannes als berechtigtes Interesse gemäß § 573 Abs. 1 S. 1 BGB an. Somit war der Kündigungstatbestand des Eigenbedarfs laut § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gegeben. Aufgrund von Zweckentfremdung des Wohnraums wiesen die Gerichte allerdings die Räumungs- und Herausgabeklage der Vermieterin ab.

Entscheidung des BGH

Der BGH legte fest, dass die Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses aufgrund von Berufs- oder Geschäftsbedarfs in Vermieterinteresse unzulässig ist. Insofern haben die Gerichte den Einzelfall jeder Mietverhältnisbeendigung auf berechtigtes Interesse des Vermieters zu prüfen. Es muss eine einzelfallbezogene Abwägung der Interessen beider Mietvertragsparteien vorgenommen werden. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der geplanten gewerblichen Nutzung kein Kündigungstatbestand des Eigenbedarfs gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Es liegen zudem für die Vermieterin keine entstehenden Nachteile von ausschlaggebendem Gewicht vor. Zudem konnte die Klägerin nicht nachweisen, dass dem Beratungsunternehmen wirtschaftliche Einbußen durch die Auslagerung des Archiv entstehen. Das Mietverhältnis kann durch die Vermieterin aufgrund Eigenbedarfs in diesem Fall also nicht gekündigt werden. Der BGH hat damit die Möglichkeit zur Kündigung der Vermieter aufgrund Eigenbedarfs eingeschränkt und seine vorangegangene Rechtsprechung geändert. (kk)

BGH, Urteil vom 29.03.2017, Az.: VIII ZR 45/16